Die Zahl der Lungenentzündungen, die durch Mykoplasmen ausgelöst werden, nimmt in Deutschland besorgniserregend zu. Ärzte schlagen Alarm, da diese Form der Erkrankung nicht nur schwer zu erkennen ist, sondern auch nicht immer auf herkömmliche Antibiotika anspricht. Besonders betroffen sind derzeit Kinder und Jugendliche, bei denen sich die Krankheit in einem ungewöhnlich schweren Verlauf zeigt.
Von RS-Redakteurin Nadja Becker
Magazin – Mykoplasmen sind eine besondere Form von Bakterien, die sich von anderen Erregern vor allem durch das Fehlen einer Zellwand unterscheiden. Diese Eigenschaft macht sie resistent gegenüber vielen gängigen Antibiotika wie Penicillin, da diese speziell die Zellwände von Bakterien angreifen, um sie abzutöten. Da Mykoplasmen keine Zellwand besitzen, sind sie besonders schwer zu behandeln, was den Krankheitsverlauf oft verlängert und verkompliziert.
Besonders bedenklich ist, dass die durch Mykoplasmen ausgelöste Lungenentzündung, die auch als „atypische Pneumonie“ bezeichnet wird, in Deutschland immer noch auftritt. Anders als die klassische Lungenentzündung, die durch Bakterien wie Pneumokokken verursacht wird und sich durch hohes Fieber, Schüttelfrost und starken Husten äußert, zeigt sich die atypische Form schleichender und unspezifischer.
Bei einer atypischen Pneumonie treten die ersten Symptome wie leichtes Fieber, trockener Husten und Kopfschmerzen meist deutlich milder und langsamer auf. Gerade dieser langsame Verlauf führt oft dazu, dass die Krankheit zunächst nicht erkannt wird, da die Symptome auch auf andere Erkrankungen wie Erkältungen oder Grippe zurückzuführen sein könnten. Dies erschwert die Diagnose erheblich, sodass Patienten in vielen Fällen erst spät behandelt werden.
Ein besonders beunruhigendes Phänomen ist der Anstieg der Mykoplasmen-Infektionen bei Kindern und Jugendlichen. Der Bayerische Rundfunk berichtete von einem ungewöhnlichen Trend, denn früher verliefen Infektionen mit Mycoplasma pneumoniae bei Kindern und Jugendlichen relativ mild und traten selten auf. Doch seit dem Frühsommer 2024 häufen sich die Fälle. Viele junge Patienten leiden unter anhaltendem Husten und Fieber, das teils länger als eine Woche anhält – was in dieser Altersgruppe sehr ungewöhnlich ist.
Die Ursachen für diese Welle von Infektionen geben Wissenschaftlern weltweit Rätsel auf. Der Bayerische Rundfunk verweist auf einen Bericht der renommierten medizinischen Fachzeitschrift „Lancet“, in dem Forscher vermuten, dass die Herdenimmunität gegenüber Mykoplasmen aufgrund der langen Abwesenheit dieser Krankheit nach der Covid-19-Pandemie deutlich abgenommen haben könnte. Während viele andere Infektionskrankheiten nach der Pandemie wiederkehrten, fiel Mykoplasma pneumoniae durch eine zeitweilige Unterbrechung in den Infektionsstatistiken auf. Diese „Immunitätspause“ könnte nun dazu führen, dass die Krankheit erneut verstärkt und in schwereren Verläufen auftritt.
Für Patienten, insbesondere für Eltern, die Veränderungen im Krankheitsverlauf ihrer Kinder beobachten, ist Wachsamkeit geboten. Wenn ein Husten länger anhält und von anhaltendem Fieber begleitet wird, sollte unbedingt ein ärztlicher Rat eingeholt werden. Eine rechtzeitige Diagnose kann helfen, den Krankheitsverlauf zu mildern und Schwierigkeiten zu vermeiden, auch wenn die Behandlung mit Antibiotika nicht immer effektiv ist.
Die zunehmende Verbreitung von Mykoplasmen-Infektionen und die damit verbundenen Schwierigkeiten bei der Behandlung und Diagnose stellen eine ernsthafte Herausforderung für das Gesundheitswesen dar. Ärzte und Wissenschaftler warnen vor einer möglichen weiteren Zunahme der Fälle und Raten zur Wachsamkeit. Insbesondere Eltern sollten bei unspezifischen Symptomen ihrer Kinder medizinische Rat einholen um mögliche schwere Verläufe vorzeitig zu verhindern. (nb)