Demokratie unter Druck: Bundestag berät über möglichen AfD-Verbotsantrag

In einer politisch hochsensiblen Entscheidung steht der Bundestag vor einer wegweisenden Debatte: Der Antrag auf Einleitung eines Parteiverbotsverfahrens gegen die Alternative für Deutschland (AfD) soll kommende Woche beraten werden.
Von RS-Redakteur Dietmar Thelen

Magazin – Initiiert von einer fraktionsübergreifenden Gruppe von Bundestagsabgeordneten unter der Führung der SPD-Politikerin Carmen Wegge, ruft dieser Vorstoß zum Handeln auf – in einer Zeit, in der die Grundpfeiler der Demokratie laut Antragstellern zunehmend untergraben werden.

Der Gruppenantrag darauf ab, das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mit der Prüfung eines möglichen AfD-Verbots zu befassen. Ein solches Verfahren setzt einen Beschluss des Bundestags, des Bundesrats oder der Bundesregierung voraus. Die Hürde ist hoch, denn nur das Bundesverfassungsgericht kann über ein Parteiverbot entscheiden – und dies auch nur, wenn zweifelsfrei nachgewiesen werden kann, dass die Partei aktiv gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik agiert.

Im Antrag wird der AfD vorgeworfen, Grundwerte wie Menschenwürde, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gezielt in Frage zu stellen. Besonders heftig kritisiert wird, dass die Partei die Würde von Migranten, Menschen mit Behinderungen und LGBTQ+-Personen missachtet, NS-Verbrechen relativiert und völkische Ideologien propagiert.

Ein mögliches Parteiverbot ist jedoch nicht nur juristisch, sondern auch politisch umstritten. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich im Dezember skeptisch und betonte, dass der politische Wettstreit besser durch demokratische Auseinandersetzung als durch Verbote geführt werden solle. Gegner des Verbotsverfahrens warnen außerdem vor einer Märtyrerrolle der AfD und möglichen Rückschlägen für die politische Kultur.

Befürworter sehen jedoch in einem Verbot einen notwendigen Schritt, um die demokratische Ordnung vor einer Partei zu schützen, die laut Antrag zielgerichtet daran arbeitet, diese zu untergraben. Sie argumentieren, dass die AfD mit ihrer starken parlamentarischen Präsenz – in manchen sogar Regionen als stärkste Kraft – eine gefährliche politische Wirkmacht entwickelt habe.

Die rechtliche Grundlage für ein Parteiverbot liegt im Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2017 zum NPD-Verbotsverfahren. Damals stellte dem Gericht klar, dass eine Partei nur dann verboten werden kann, wenn sie planvoll darauf hinarbeitet, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen, und zudem das Potenzial hat, ihre Ziele durchzusetzen. Die NPD wurde letztlich nicht verboten, da ihre politische Bedeutung zu gering war – ein Argument, das bei der AfD mit ihrer breiten Wählerschaft und gesellschaftlichen Präsenz kaum greift.

Sollte der Bundestag den Antrag auf ein Parteiverbot beschließen, wird sich ein langwieriges und akribisches Prüfverfahren anschließen. Das NPD-Verbotsverfahren dauerte von der Antragstellung bis zur Entscheidung über drei Jahre. Experten gehen jedoch davon aus, dass ein Verfahren gegen die AfD aufgrund der bestehenden rechtlichen Präzedenzfälle schneller abgeschlossen werden könnte. Dennoch wird erwartet, dass es Monate bis Jahre in Anspruch nimmt, bis eine endgültige Entscheidung vorliegt. (dt)