Laut einer aktuellen Studie spielt für die Hälfte der Befragten der Umgang mit Diversität bei der Jobsuche eine wichtige Rolle. Im Dülkener Unternehmen ACS Gebäudemanagement wird diese Toleranz und Vielfalt bereits gelebt. Beispielhaft hierfür steht Gary Millard, welcher aufgrund eines Autounfalls seit dem 5. Lebensjahr unter Stottern leidet – manchmal hört man sein Handicap kaum, manchmal bringt der 39-Jährige kein Wort heraus.
Von RS-Redakteurin Ebru Ataman
Viersen-Dülken/Düsseldorf – Gegenüber dem frisch renovierten Dülkener Wahrzeichen, der Narrenmühle, führen Betriebsleiter Fitim Gashi und Projektleiter Ahmet Özcan ein Lager ihres Unternehmens ACS Gebäudemanagement (www.acs-gm.de), welches eng mit der Verwaltung in Düsseldorf vernetzt ist. Längst haben sie in Berlin, München, Hamburg und weiteren Städten einen Standort gefunden. Die Verbindung zur Heimat ist für beide wichtig, schließlich sind sie seit ihrer Kindheit in Viersen und Dülken fest verankert, auch wenn Fitim Gashi mittlerweile mit seiner Familie in Süchteln sesshaft geworden ist.
Auf familiäres Flair legen beide auch in ihrer wachsenden Firma großen Wert, denn ein Unternehmen lebt von seinen Mitarbeitern. „Ein Unternehmen wie ACS Gebäudemanagement ist einer Branche tätig, in der sich die Belegschaften oft verschiedenartig zusammensetzen in Bezug auf Hautfarben, Herkunftsländer, Kulturen, Religionen und Geschlecht. Ohne diese Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen könnte die Branche kaum überleben“, sagt Fitim Gashi stolz. „Wir bei ACS sind ein richtig ‚bunter Haufen‘. Bei uns arbeiten Männer und Frauen aus Italien, Griechenland, Albanien und Spanien.“
„Wir Geschäftsführer selbst haben unsere Wurzeln aus der Türkei und dem Kosovo“, lächelt Ahmet Özcan. „Und natürlich bringen alle eine eigene Geschichte mit. Für unsere Zusammenarbeit sind das Merkmale die uns bereichern. Wir lernen voneinander, sowohl fachlich als auch persönlich.“ Dass bei beiden die Wurzeln vorhergehender Generationen nicht in Deutschland liegen ist ihnen zwar anzusehen, zu hören aber nicht. Perfektes Deutsch begleitet das angenehme Gespräch, in dem sich schnell herauskristallisiert, dass hier gelungene Integration gelebt wird. Zwar mögen die Namen fremd klingen – das Herz schlägt für die Heimatstadt Viersen. „Bei uns zählen vielmehr der Austausch und das gegenseitige Verständnis dafür, dass wir alle verschieden sind. So definieren wir Diversität“, ergänzt Betriebsleiter Fitim Gashi.

Vielfalt stelle sich nicht nur bei der Kultur oder der Herkunft dar, Vielfalt umfasse ebenfalls andere Bereiche, die nicht in der häufig vorgegebenen Norm liegen. Ein hervorragendes Beispiel hierfür ist Gary Millard, der nun bereits seit sechs Monaten als Anlagentechniker das Team verstärkt. Dass er hier gelandet ist, ist für ihn ein Glücksfall. Nicht nur, dass er in den eineinhalb Jahren zuvor arbeitslos war, seine vorherige Firma hatte er verlassen, nachdem er dort Opfer stetiger Mobbingaktionen wurde. Aus Bielefeld stammend wohnt er nun in Mönchengladbach und der neue Job macht ihm „richtig viel Spaß“.
Für ihn eine beruhigende Erfahrung, denn der gelernte Industriemechaniker erlitt im Alter von fünf Jahren einen schweren Autounfall und stottert seitdem. Im normalen, zwanglosen Gespräch ist das Handicap nicht merkbar, kaum aber kommt ein wenig Stress oder Druck hinein will so gut wie kein Wort mehr seinen Mund verlassen. An manchen Tagen verzweifelt der 39-Jährige manchmal selbst, bis er ausgedrückt hat was er kommunizieren möchte. Eine Jobsuche mit Handicap war für ihn ein langer und schwerer Weg.
„In einer Zeit, in der sich alles um Geschwindigkeit dreht, hatte Gary bisher kaum eine Chance einen Arbeitsplatz zu finden. Zu ungeduldig waren seine Vorgesetzen. Das stresste ihn noch mehr und seine Krankheit verstärkte sich“, berichtet Fitim Gashi. „Außerdem wurde ich häufig als geistig behindert abgestempelt“, sagt Gary Millard. „Stottern allein ist keine kognitive Einschränkung. Das wissen leider nur die wenigsten. Meine wahren fachlichen und persönlichen Stärken konnte ich kaum einbringen.“
Durch Zufall wurde ein Fernsehteam auf ihn und sein Schicksal aufmerksam. Die Produktionsfirma stellte ihm eine Bewerbungstrainerin zur Seite und vereinbarte Vorstellungsgespräche. Zur gleichen Zeit suchte das ACS Gebäudemanagement einen Anlagentechniker und so führte eins zum anderen. „Gary besuchte uns und es hat einfach gleich alles gepasst“, so Ahmet Özcan. „Wir fanden uns sympathisch und waren von seinem fachlichen Können begeistert. Nach dem Probearbeiten konnte er sofort seinen Arbeitsvertrag für eine Festanstellung unterschreiben und ist eine positive Bereicherung für das gesamte Team.“
Froh darüber, dass sie einen Fachmann für ihr Unternehmen gefunden haben, möchten sie auch andere Firmen ermutigen einmal neben der Norm zu suchen. „Garys Stottern war und ist für uns keine Hürde. Im Gegenteil: Er bringt damit etwas in unser Team ein, das uns alle bereichert. Unser Verständnis für Menschen mit diesem oder ähnlichen Problemen hat sich verändert. Viele Dinge sehen wir jetzt mit anderen Augen“, erklärt Ahmet Özcan.
Mit der Anstellung fiel auch für Gary Millard viel Druck ab. Das macht sich auch beim Sprechen positiv bemerkbar. Inzwischen spricht er nahezu durchgängig flüssig. Und wenn es doch mal stockt, dann ist das so. „Niemand ist perfekt und niemand sollte denken, es werden zu müssen.“ (ea)