Eine Welle der Empörung vieler Eltern schwappt gerade durch die Stadt Viersen. Über 150 Anmeldungen liegen dem Gymnasium am Konrad-Adenauer-Ring vor, doch angesichts des enormen Anmeldeüberhangs darf das Viersener Gymnasium nicht alle Kinder aufnehmen – obwohl der Platz da wäre.
Von RS-Redakteurin Nadja Becker
Viersen – Gerne möchte Christoph Hopp, Schulleiter am Erasmus-von-Rotterdam-Gymnasium, alle die Kinder aufnehmen, die sich zahlreich an seiner Schule beworben haben. Über 150 Anmeldungen liegen ihm vor und mit Blick auf die Pandemie, in der sich die Schule nicht in der gewünschten Form präsentieren konnte ist das Ergebnis eigentlich für jede Schule eine besondere Auszeichnung. Doch die hohen Anmeldezahlen führen zu einem Problem, denn angesichts des enormen Anmeldeüberhangs kann nicht jeder Schüler aufgenommen werden. „Ich möchte das sehr gern, bin aber vor dem Hintergrund der schulrechtlichen Bestimmungen und nach Vorgabe durch Bezirksregierung und Stadt zu diesen Nichtaufnahmen gezwungen“, so Christoph Hopp.
Diese Ablehnungen führen jedoch zu enormen Umut bei vielen Eltern, denn in den vergangenen Jahren wurde durchaus eine Fünfzügigkeit vorgenommen. Wo also hakt es? „Gern hätten wir fünf Züge eingerichtet und alle Kinder aufgenommen. Wegen der Bestandsgefährdung am Dülkener Clara-Schumann-Gymnasium wird uns aber kein fünfter Zug genehmigt, sodass wir eine ganze Klasse abweisen mussten. Was das mit den betroffenen Familien macht, kann ich mir nicht nur vorstellen, sondern erlebe ich gerade“, erklärt Hopp. „Sage und schreibe 150 Kinder wollen im kommenden Schuljahr unsere FünftklässlerInnen sein. Das ist eine unglaublich schöne Resonanz und wir freuen uns sehr darüber. Wir sind sehr froh, dass es uns in schwierigen Pandemiezeiten offenbar gelungen ist unser Leitbild, unsere Ziele und unsere Arbeit den Menschen in unserer Stadt so zu transportieren, dass sie uns ihrerseits diesen Vertrauensvorschuss entgegenbringen. Dafür bedanken wir uns herzlich!“
Aber auch das leckerste Eis habe leider Kalorien, so Hopp weiter. 150 seien – so paradox es klingen mag – offenbar zu viele. „Nicht für uns! Wir können gar nicht genug bekommen! Aber natürlich ist klar: Der große Ansturm auf unsere Schule geht zu Lasten anderer.“ Im Ortsteil Dülken sind dagegen nämlich aktuell die Anmeldezahlen viel zu gering und deshalb werden Ausgleiche geschaffen um die massiven Unterhänge andernorts auszugleichen. „Wir müssen dabei die gesamte Viersener Schullandschaft im Blick zu behalten und Lösungen für alle Betroffenen zu finden versuchen“, informiert der Schulleiter weiter. „Deshalb ist es uns leider nicht genehmigt worden, eine Mehrklasse zu bilden und die kommenden FünftklässlerInnen in fünf Zügen zu unterrichten. Wir haben lange gekämpft, den gesunden Menschenverstand gegen den rein schulrechtlichen Blick ins Feld geführt, die Suche nach praktikablen Lösungen immer wieder angestoßen. Doch es half alles nichts: Die schulrechtlichen Vorgaben, an denen auch wir selbstverständlich in keiner Weise zweifeln oder gar rütteln wollen, haben Vorrang. Wir bedauern das zutiefst, haben uns über die große Resonanz sehr gefreut und die Nichtaufnahmen, zu denen wir nun gezwungen sind, mit aller Kraft zu vermeiden versucht.“
Die Fakten zur Viersener Schullandschaft sehen so aus: Das Erasmus-von-Rotterdam-Gymnasium ist eine vierzügig ausgerichtete Schule. Ausnahmen in Form einer Fünfzügigkeit sind grundsätzlich möglich und sind in den vergangenen Jahren auch immer wieder vorgekommen. Für den Fall aber, dass bei einem solchen Anmeldeüberhang am selben Ort ein anderes Gymnasium in einen massiven Unterhang gerät, sein Bestand dadurch sogar gefährdet ist, ist diese Ausnahmeregelung gesetzlich nicht zulässig, müssen Überhänge abgewiesen und der im Unterhang befindlichen Schule damit die Möglichkeit gegeben werden, den bisherigen Unterhang dadurch zu kompensieren, dass die nicht aufgenommenen Kinder sich auf die Suche nach einer aufnehmenden Schule begeben. Genau diese Situation liegt aktuell in Viersen vor.
„Zur Klarstellung: Ja, der Schulleiter entscheidet über die Aufnahme. Aber dem Schulträger obliegt die Befugnis, die jahrgangsbezogene Anzahl der Eingangsklassen zu bestimmen“, unterstreicht Hopp. Dabei müsse der jeweilige Schulleiter die gesamte Anmeldesituation aller Schulen im Stadtgebiet berücksichtigen und dazu beitragen, dass möglichst gleich starke Klassen gebildet werden können.
„Wir haben nichts unversucht gelassen, sind aber folglich dazu gezwungen, mit vier Parallelklassen auszukommen und Kinder abzuweisen – so traurig wir den Begriff und die Tatsache auch finden. Sehen wir es andersherum und positiv: Für das Schuljahr 2021/22 können wir 121 Kinder in die fünfte Klasse aufnehmen, was für unsere Schule auch so den mit Abstand größten Zuspruch seit Jahren bedeutet.“ (opm/nb)