Gegner der S28 protestierten vor Rheydter Rathaus – „Es betrifft die ganze Region“

Seit 1964 fährt kein Zug mehr auf der stillgelegten Trasse, die auf 2,3 Kilometer durch die mittlerweile bewachsene Neuwerker Donk führt. Allerdings ist die Genehmigung nie erloschen und nun wird über eine Reaktivierung der Bahnlinie S28 diskutiert. Mittlerweile mehren sich allerdings immer mehr die Stimmen der Gegner, die eine neue Trassenführung befürworten.
Von RS-Redakteurin Ebru Ataman

Mönchengladbach/Region – Ein „kaum wiederherstellbares Umweltmassaker“ prangerten am Donnertag zahlreiche Demonstranten vor dem Rheydter Rathaus an. Versammelt hatten sich bereits an der Hochschule Niederrhein mehr als 50 Teilnehmer der Initiative „S28 – Nein, Donk(e)!“, ausgestattet mit Bannern, Schildern und Traktoren. Bei ihrem Protestzug bis zum Rheydter Rathaus vermehrte sich die Gruppe stetig auf bis zu 100 Personen. Ihr Protest richtete sich an die Politik und den Oberbürgermeister, die über die seit Jahrzehnten stillgelegten Bahntrasse zwischen Viersen und Neuwerk Donk beraten. Sie ist eine Möglichkeit für die geplante Strecke der S28, wofür bei einer Umsetzung nicht nur ein stabil gewachsenes Waldgebiet mit rund 10.000 Bäumen fallen müsste. Anwohner kritisieren zudem die steigende Lärmbelästigung. Hinzu kommt, dass sogar liebevoll gepflegte Gärten zum Gebiet der stillgelegten Trasse gehören, die dann ein nicht unerhebliches Stück schrumpfen würden.

„Die Donk ist ein wichtiges Naherholungsgebiet, in dem sich die Natur- und Tierwelt in Ruhe ausbreiten konnte. Wir haben sechs Rudel Dammwild vor Ort, all das würde zerstört werden“, so eine Demonstrantin. „In Ruhe wohnen im Grünen ist zudem nicht mehr möglich. Ich bin enttäuscht von der Politik und frage mich, was ist wichtiger: der Pendler oder die Menschen hier vor Ort?“

Mittlerweile mehren sich allerdings immer mehr die Stimmen der Gegner, die eine neue Trassenführung befürworten. Foto: Rheinischer Spiegel

„Der Weiterbau der S28 und der Schutz der Umwelt schließen sich nicht aus. Dass Umweltbelange auch für die Donk beim Bau berücksichtigt werden, ist eine Bedingung dafür, dass die Stadt dem Vorhaben zustimmt. Wir stehen da erst am Anfang eines langen Weges. Der Stadtrat wird am 30. Juni zuerst über die grundsätzliche Bereitschaft zur Planung entscheiden. Dann schließen sich umfangreiche Prüfungen und auch die Bürger:innenbeteiligung an“, informiert Oberbürgermeister Felix Heinrichs. „Wenn die Entscheidungen soweit gefallen sind, dann ist die Beteiligung der Bürger doch nur noch ein Fake“, ergänzt ein Anwohner.

Auch deshalb haben die Demonstranten bereits die ersten Klagen angekündigt, es wird also noch dauern, bis eine endgültige Entscheidung für oder gegen diese Trassenführung zustande kommen wird. Schließlich würde nichts gegen eine Verbindung der S28 sprechen, so die Bürgerinitiative, die eine Strecke vom Kaarster See bis Viersen auf einer neuen Trasse befürwortet, damit die Ortsteile Willich, Schiefbahn, Neersen und Anrath optimal angebunden werden können. „Ökologisch wichtigster Vorteil einer neuen Trasse im Norden ist der Erhalt der Landschaftsschutzgebiete sowohl in Mönchengladbach Neuwerk-Donk, als auch im Märchenwald Kreis Viersen“, so die Initiatoren weiter. „Mönchengladbach hat vor kurzer Zeit erst den Klima-Notstand ausgerufen. Dazu steht die Wiedereröffnung ökologisch betrachtet im Widerspruch. Der Schutz unserer klimarelevanten Ökosysteme muss endlich absolute Priorität haben!“

Versammelt hatten sich bereits an der Hochschule Niederrhein mehr als 50 Teilnehmer, bewaffnet mit Bannern, Schildern und Traktoren, bis zum Rheydter Rathaus vermehrte sich die Gruppe stetig auf bis zu 100 Personen. Foto: Rheinischer Spiegel

Während draußen die Demonstranten klar ihre Meinung vertraten, tagte im Rheydter Rathaus die Bezirksvertretung Ost und diskutierte über das umstrittene Bahnprojekt. Die CDU-Neuwerk hatte sich bereits einstimmig auf ihrer letzten Vorstandssitzung gegen die Reaktivierung der S28 auf der alten Trasse durch das Landschaftsschutzgebiet ausgesprochen. Am Megaphon auf dem Platz war deshalb auch Willi Schmitz zu hören, selbst Mitglied der CDU und Mitglied der Bezirksvertretung Ost, der sich klar gegen ein „Kettensägenmassaker“ aussprach. Hier verschoben sich die üblichen Parteifundamente, denn während die CDU den Anwohnern zur Seite stand, entschieden sich die Grünen entgegen der Bäume für den Öffentlichen Nahverkehr.

Auch in der Sitzung vertraten die Grünen ihren Standpunkt, dass die Reduzierung des CO2-Ausstoßes über dem Anliegen der Mönchengladbacher stehen würde. Auf die Argumente der CDU ließen sich die Grünen und die SPD nicht ein, denn man könne nicht immer auf alle Belange der Betroffenen Rücksicht nehmen. Der Antrag der CDU, eine gemeinsame Absichtserklärung der betroffenen Kommunen so nicht mittragen zu wollen und eine andere Trassenführung zu befürworten, fand keine Mehrheit. Lediglich eine Anregung der SPD, dass die Strecke nicht für Güter- und Fernzüge genutzt werden dürfe, fand ihren Platz im Protokoll. Zu wenig für die Gegner der S28 auf dieser Trasse, die nun zunächst auf den Umweltausschuss und den Stadtrat hoffen, bevor die Planungen bei höheren Ebenen auf dem Tisch landen und dort ebenfalls geprüft werden.

Mit der Reaktivierung würde die Linie um 14,2 Kilometer verlängert werden und ebenfalls durch Viersen führen. Haltepunkte soll es in Schiefbahn, in der Nähe von Neersen und des Mönchengladbacher Flughafens geben. Für Pendler ein Vorteil, die schneller in Neuss oder Düsseldorf sein könnten. In einer Absichtserklärung, einem „Letter of Intent“ hatten sich der Kreis Viersen sowie die Städte Viersen, Willich und Mönchengladbach darauf geeinigt die Westverlängerung so zügig wie möglich zu planen und zu realisieren. Prekär wird die Planung gerade in Neuwerk Donk, wo der Bereich im gültigen Landschaftsplan der Stadt als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen ist, allerdings ruhte die Genehmigung der Strecke bisher, wurde nie entwidmet und ist weiterhin als Flächen für den Bahnverkehr ausgewiesen. (ea)