Hausdurchsuchung bei „Fell & Federn“ führt zu Unverständnis bei Tierschützern

Nachdem dem Kreis Viersen eine unerlaubte Aufnahme von Wildtieren bei der Nettetaler Tierschutzorganisation Fell & Federn Wildtierhilfe NRW angezeigt wurde und eine Hausdurchsuchung erfolgte, wehren sich Tierschützer und führen eine Kriminalisierung ihrer ehrenamtlichen Arbeit an.
Von RS-Redakteurin Claudia-Isabell Schmitz

Kreis Viersen – Die Fronten zwischen den zuständigen Behörden und eine Gruppe ehrenamtlicher Tierschützer im Kreis Viersen haben sich verhärtet. Auslöser war die Anzeige einer Bürgerin, die beim Kreis Viersen einging und auf eine unerlaubte Aufnahme von Wildtieren auf den genutzten Grundstücken des Nettetaler Vereins Fell & Federn Wildtierhilfe NRW verwies. Hiernach erfolgte eine Durchsuchung, bei der Mitarbeiter der Unteren Naturschutzbehörde und des Veterinäramtes „dort mehrere gehaltene Wild- und Haustiere vorfanden, wobei die Haltungsbedingungen nicht immer den rechtlichen Vorgaben entsprach“, so eine Pressesprecherin des Kreises Viersen auf Nachfrage. Da viele der Wildtiere keine Anzeichen einer Verletzung aufwiesen, bestand nach Aussage des Kreises kein Grund die Tiere weiter aufzunehmen. Einige wurden bereits ausgewildert, andere werden durch die Tierschützer wieder in die „Wildnis“ des Niederrheins entlassen. Der Kreis Viersen verweist weiterhin darauf, dass eine Versorgung durch einen Tierarzt bei den vorgefundenen behandlungsbedürftigen Tieren nicht nachgewiesen werden konnte.

Dass gar nicht erst nach den Verbindungen zu Tierärzten gefragt wurde, darauf verweist der BUND Stadt und Kreis Viersen, der sich an die Seite der Nettetaler Tierschützer stellt. Selbstverständlich würden die Tiere durch einen Tierarzt betreut, doch die gesamte Hausdurchsuchung habe eher den Eindruck hinterlassen, dass die Arbeit der Tierschützer kriminalisiert werden soll. „Wir als ehrenamtlich tätige Natur- und Tierschützer sind alarmiert, dass es offenbar aufgrund von einseitigen, nicht objektiv bewerteten Hinweisen einzelner Personen möglich ist, ehrenamtlich aktive Bürger zu „kriminalisieren“ – anstatt sie bei ihrem ehrenamtlichen Engagement mit fachlichem
Rat zu unterstützen. Immerhin nimmt nachweislich das Ehrenamt die meisten praktischen Aufgaben
vor Ort wahr, die eigentlich vom amtlichen Tierschutz zu leisten wären“, so die BUND-Vorsitzende Almut Grytzmann-Meister.

Nachdem dem Kreis Viersen eine unerlaubte Aufnahme von Wildtieren bei der Nettetaler Tierschutzorganisation Fell & Federn Wildtierhilfe NRW angezeigt wurde und eine Hausdurchsuchung erfolgte, wehren sich Tierschützer aus dem ganzen Kreisgebiet und führen eine Kriminalisierung ihrer ehrenamtlichen Arbeit an. Foto: Alexas_Fotos/Pixabay

Die aktuelle BUND Stadt und Kreis Viersen-Recherche zeige eine Reihe von Ungereimtheiten und Widersprüchen bei der Arbeit des Artenschutzbeauftragten des Kreises Viersen an, welche die Arbeit des ehrenamtlichen Tierschutzes betreffen. „Der BUND Viersen sieht nicht nur die Gefahr, dass der ehrenamtliche Tierschutz durch diese Aktivitäten – unter dem Vorwand einer Kriminalisierung – ausgebremst werden soll“, so Grytzmann-Meister weiter. „Vor diesem Hintergrund mutet es wie ein Anachronismus an, wenn ausgerechnet Bürger, die sich ehrenamtlich für den Schutz und Erhalt dieser Artenschutz- und Wildtiere in der Praxis einsetzen, daran gehindert werden, die dringend notwendigen Hilfen für verwundete oder verletzte Tiere zu leisten – durch ein bürokratisches Beharren und durch einseitige Auslegungen von Gesetzen. So wird dies inzwischen von fast allen ehrenamtlichen Natur- und Tierschützern im Kreis Viersen gesehen“, führt die Tierschützerin weiter aus. Der Kreis Viersen verweist auf Nachfrage auf die Gesetzeslage und prüft aktuell weitere rechtliche Schritte.

„Niemand darf sich Wildtiere aneignen. Wer die Ausnahmeregelung für sich beansprucht (§ 45 verletzte Tiere) muss die entsprechende Sachkunde besitzen und nachweisen. Dies ist in diesem Fall nicht geschehen. Bis heute kennt der Kreis Viersen aus der Vergangenheit nicht die genaue Anzahl der dort aufgenommenen Tiere – obwohl bereits vor drei Jahren darauf hingewiesen wurde, dass Anzahl und Verbleib der Tiere gemeldet werden muss. Dies erfolgte bisher nicht“, informiert die Pressestelle des Kreises Viersen.

Bei der Begehung haben die Mitarbeiter der Kreisverwaltung in einer Wohnung eine Vielzahl an Katzen, einen Hund, zusammen mit Wildkaninchen, einer Taube und einem Igel vorgefunden. Die Haltung von Wildtieren zusammen mit Katzen und Hund auf engstem Raum bedeute für die Wildtiere permanenten Stress, da sie dem angeborenen Fluchtinstinkt bei der Begegnung mit einer Katze oder dem Hund nicht nachkommen könnten. Die Wildtiere seien in Käfigen oder Transportboxen untergebracht, die Volieren im Garten zu eng bemessen gewesen. „Insgesamt waren die Haltungsbedingungen weder artgerecht noch in irgendeiner Weise förderlich, um die Tiere wieder auszuwildern, sondern unhygienisch. Ziel des Kreises Viersen ist es, die (grundsätzlich positive) Aufnahme verletzter Wildtiere in artgerechte Bahnen zu lenken. Hierzu gehören regelmäßige Kontrollen durch das Veterinäramt und die Naturschutzbehörde. Unabhängig vom vorliegenden Fall gilt: 1. Wer außergewöhnliche Tiere zuhause hält, muss den Nachweis der Sachkunde für die Tiere, die er aufnimmt, durch Schulungen und Ausbildungsinhalte nachweisen. 2. Wer Tiere in dieser Anzahl zuhause aufnimmt, muss den Betrieb einer Tierheim-ähnlichen Einrichtung beantragen und genehmigt bekommen. Beides liegt bei „Fell und Federn“ aktuell nicht vor.“

Hier widersprechen die Tierschützer vehement: „Wir haben uns bei unseren Recherchen sachkundig gemacht und dabei z. B. erfahren, dass es nicht erforderlich ist, dass ehrenamtliche Tier- und Wildschützer eine bestimmte Ausbildung zu absolviert haben müssen (außer bei einer gewerblichen oder Schaustellertätigkeit). Es genügen in jedem Fall die Meldungen bei dem Pächter über gefundene Wildtiere und eine tierärztliche Behandlung – das wieder Freilassen der Tiere erfolgt dann erst nach erfolgreicher Behandlung. All dies ist bei den ehrenamtlichen Mitgliedern von Fell & Federn uneingeschränkt erfolgt.“ Nach den jahrelangen eigenen und meist negativen Erfahrungen mit dem amtlichen Artenschutzbeauftragten sei der BUND Stadt und Kreis Viersen nicht mehr bereit auf dieser Basis weiterzuarbeiten. Viele der Anschuldigungen hätten durch Zeugen inzwischen glaubhaft widerlegt werden können, zudem hätten sich beim BUND mittlerweile eine große Zahl von ehrenamtlichen Natur- und Tierschützer gemeldet, die fast alle von eigenen Schwierigkeiten mit dem Fachbereichs-Leiter berichten. „Die meisten sind bereit ihre Aussagen auch öffentlich zu machen“, so Almut Grytzmann-Meister, die den Kreis Viersen ersucht sich dieser Sachlage anzunehmen und den ehrenamtlichen Natur- und Tierschützern im Kreis Viersen mitzuteilen, wie sich die Kreisverwaltung in Zukunft eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen konkret vorstellt. (cs)