Heiß diskutiert: Soll Viersen seine Schulhöfe überwachen lassen?

Ein Thema, das polarisiert: Rund 120 interessierte Bürgerinnen und Bürger verfolgten am gestrigen Abend im Bürgerhaus Dülken eine intensive Debatte über die Frage „Sollten die Schulhöfe in Viersen freigegeben und mit Videoüberwachung ausgestattet werden?“. Eingeladen hatte der Debattierclub Viersen e.V., der mit seiner noch jungen Vereinsgeschichte bereits mehrfach bewiesen hat, dass er gesellschaftlich relevante Themen aufgreift und kontrovers zur Diskussion stellt.
Von RS-Redakteurin Nadja Becker und Martin Häming

Viersen-Dülken – Schon beim Betreten des Saals im Dülkener Bürgerhaus war spürbar, dass es an diesem Abend um mehr ging als um Technik oder Verwaltungsvorschriften: Sicherheit, Freiheit, Vertrauen und die Zukunft des Miteinanders an Schulen standen auf dem Prüfstand.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Auf der Pro-Seite argumentierten Christoph Hopp (CDU), Maja Roth-Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen) und Sascha Müllers von der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Ihre Kernbotschaft: Videoüberwachung könne präventiv wirken, Straftaten aufklären und Schäden verhindern. Es wurde deutlich: „Wir sprechen nicht von einer lückenlosen Kontrolle, sondern von einem Instrument, das Sicherheit schafft und die Hemmschwelle für Vandalismus deutlich erhöht.“ Man war sich einig, dass sichere, überwachte Schulhöfe auch ein Stück mehr Freiheit für Jugendliche bedeuten könnten, die diese Orte nachmittags und abends nutzen möchten.

Die Contra-Seite bildeten Peter Schmitz (SPD), Ilka Werner (Anne-Frank-Gesamtschule Viersen) und Morten Endrikat (FDP). Sie warnten eindringlich vor einem „Klima des Misstrauens“. Schulen seien Orte des Lernens, der Begegnung und des Vertrauens. Dauerüberwachung konterkariere genau diesen Bildungsauftrag. Auch verwiesen sie zudem auf die erheblichen Kosten für Installation und Wartung – Mittel, die besser in Präventionsprojekte oder pädagogische Betreuung investiert wären.

Schulhöfe seien wertvolle Freiräume für Kinder und Jugendliche, darüber waren sich beide Seiten einig. Kameras müssten deshalb mit Augenmaß behandelt werden und seien nur die letzte Option. Wichtig sei zudem, das für jede Schule eine eigene Lösung gefunden wird und die jeweilige Schule eine solche Maßnahme ausdrücklich wünscht.

Nach den Eröffnungsstatements öffnete Steffen Hahn, Vorsitzender des DC Viersen, der an diesem Abend die Moderation übernommen hatte, die Runde für Fragen aus dem Publikum – und sofort entwickelte sich eine lebhafte Diskussion. Auch hier zeigte sich schnell ein kontorverses Fundament dieses Themas. Gestohlene Fahrräder, zerstörte Schultüren, ständige Beobachtung oder der Verlust eines freien Raumes.

Die Thematik reicht von rechtlichen Grundlagen – etwa der Rolle der Landesdatenschutzgesetze – bis hin zu internationalen Vergleichen. So hat Hamburg bereits hunderte Kameras an Schulen installiert sind und auch in Rheinland-Pfalz gibt es bereits vereinzelte Schulen mit Kameraüberwachung, während in den USA oder der Schweiz ganze Schulsysteme mit hochmodernen Überwachungsnetzen arbeiten. Häufig schalten sich die Kameras erst am Abend ein und am morgen wieder aus. Die Erfahrungen sind durchweg positiv, der Vandalismus ist signifikant gesunken.

Am Ende der zweistündigen Veranstaltung stand kein eindeutiges Ergebnis. Die einen sahen in Kameras eine zeitgemäße Antwort auf Vandalismus und Gewalt, die anderen eine Gefahr für Grundrechte und eine Fehlentwicklung im pädagogischen Selbstverständnis. Einigkeit herrschte jedoch darin, dass die Debatte in Viersen erst am Anfang steht – und dringend weitergeführt werden muss. (nb)

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming