Der Himmel über dem Tanzbrunnen war noch klar, als James Newell Osterberg Jr., besser bekannt als Iggy Pop, die Bühne betrat – und kurz darauf für fast zwei Stunden in einen Orkan aus Energie, Ekstase und Exzess verwandelte. Köln bebte unter der Last eines Mannes, der mit 78 Jahren keine Anzeichen von Stillstand kennt.
Von RS-Redakteurin Sabrina Köhler
Magazin – Der „Godfather of Punk“ hat kein Interesse an Nostalgie – er ist Gegenwart, rohe Präsenz, leibhaftige Entladung. Wer dachte, hier komme ein Veteran auf Abschiedstour, wurde gleich beim zweiten Song eines Besseren belehrt: „Raw Power“ war eine Explosion. Ein Sprung. Ein Schrei. Ein Versprechen.

Mit nacktem Oberkörper, schweißglänzend und drahtig wie eh und je, rannte, schrie und tänzelte Iggy über die Bühne, als hätte sein Körper nie ein Jahrzehnt gezählt. Jeder Song – ob aus der Stooges-Ära oder von seinem aktuellen Album Every Loser – wurde nicht gespielt, sondern mit Gewalt aus dem Verstärker geprügelt.
Highlights? Gab es viele. „The Passenger“ wurde zur kollektiven Erlösung, ein taumelnder Chor aus Tausenden Kehlen. „Lust for Life“ war kein Hit, sondern ein Manifest, als Iggy wie besessen über die Monitorboxen stieg, als wollte er sie eigenhändig zerreißen. Dazwischen: neue Tracks wie „Frenzy“ – lauter, rotziger, kompromissloser Punkrock, der mit den Jugendbands des Abends mühelos den Boden wischte.
Vom ergrauten Fan der ersten Stunde bis zum 20-jährigen Jung-Punker – das Publikum war so divers wie der Einfluss dieses Künstlers. Und es war bereit, sich hinzugeben. Keine Smartphones, keine Selfies – dafür Schweiß, Pogo, ekstatisches Mitsingen. Iggy Pop war nicht der Star eines Konzerts. Er war der Dirigent eines Rauschs, der keine Sekunde lang nachließ.

Was diesen Abend so besonders machte, war nicht allein die Musik, sondern das, was Iggy Pop verkörpert: Unbeugsamkeit. Authentizität. Einen radikalen Willen zur Gegenwart. Er ist nicht das Denkmal einer vergangenen Zeit, sondern ein widerständiger Zustand. Eine Naturgewalt, die sich nicht zähmen lässt – und auch 2025 noch Menschen bewegt wie ein Erdbeben im Herzschlag.
Als er sich am Ende verbeugte – halb grinsend, halb erschöpft –, da war es nicht das Finale einer Tourstation. Es war ein Ritual. Ein Moment zwischen Leben und Legende. Und wer dort war, wird lange davon erzählen. Nicht, dass Iggy Pop wieder mal in Köln gespielt hat. Sondern, dass er den Tanzbrunnen in Grund und Boden gespielt hat. (sk)
