KV Nordrhein: „Arzneimittel-Rabattschlachten schaden Patienten und Praxen gleichermaßen“

Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO), Dr. med. Frank Bergmann, meldet sich zu dem jetzt bekannt gewordenen Fall bei der AOK Baden-Württemberg zu Wort. Die Krankenkasse hat für ein Medikament (das starke Schmerzmittel „Buprenorphin“) mit dem Pharmaunternehmen Glenmark offenbar Rabatte von über 99 Prozent auf den Herstellerabgabepreis verhandelt.

NRW – Die Zuschläge für Glenmark hatte die AOK aus Versehen auch an andere Bieter verschickt. Ähnlich hohe Rabatte sind anscheinend auch noch für andere Medikamente verhandelt worden. „Dieses ernüchternde Beispiel aus Baden-Württemberg zeigt, dass die Kassen – insbesondere der AOK-Verbund – mit ihren Rabattverträgen jährlich mehrere Hundert Millionen Euro einsparen“, so Dr. Bergmann. Außerdem sei er der festen Überzeugung, dass das Modell der Rabattverträge immer wieder dazu führe, dass einige Breitenmedikamente teilweise über Wochen in den Apotheken nicht verfügbar seien.

Denn: Kommt ein Pharmahersteller bei einem ausgeschriebenen Rabattvertrag nicht zum Zug, fährt er seine Produktion für das entsprechende Präparat herunter. Wenn dann der ursprüngliche Exklusiv-Lieferant kurzfristig ausfällt, kann in der Regel kein alternativer Hersteller zeitnah in großen Mengen liefern und den Ausfall auffangen. Ergebnis: Die Patientinnen und Patienten müssen warten und in vielen Fällen leiden. „Denn eines möchte ich klarstellen: Es geht bei diesem Rabatt-Irrsinn nicht nur um einige spezielle Medikamente, sondern um solche, auf die viele Erkrankte dringend angewiesen sind.“ Damit meine er beispielsweise Arzneimittel gegen Bluthochdruck, Parkinson und Antidepressiva.

„Wenn ein an Parkinson erkrankter Mensch nicht regelmäßig das von der Zusammensetzung her exakt auf ihn abgestimmte Medikament bekommt, erzeugt dies einen immens hohen Leidensdruck. Hinzu kommt, dass die Arzneimittelhersteller die Medikamente oft in Entwicklungsändern unter niedrigsten Lohnverhältnissen produzieren lassen.

Schauen wir im Vergleich zu den immens hohen Summen, die die Krankenkassen durch solche Rabattverträge einsparen, einmal auf die Prüfverfahren, mit denen sich unsere Niedergelassenen auseinandersetzen müssen, bekommt das Ganze noch zusätzlich eine bittere Note: In mitunter kleinteiligen Regressen müssen sich die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte – insbesondere im Bereich des Sprechstundenbedarfs – gegenüber den Krankenkassen verantworten, weil ihnen vorgeworfen wird, beispielsweise zu viel Mullbinden verbraucht oder falsche Wundauflagen benutzt zu haben. Das halte ich für vollkommen unangemessen.“ (opm/kn nordrhein)

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