Literarisches: Es ist Prinzen-Zeit

Prinzen haben es in der öffentlichen Wahrnehmung nicht leicht. Prinz Harry, Sohn des derzeitigen englischen Königs Charles III., steht nicht hoch in der Gunst-Skala, auch nicht seine Gattin Meghan. Seit Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung von 1919 sind bei uns Vorrechte und Titel des Adels abgeschafft. Es gibt keine echten Prinzen, Gräfinnen und Freiherren mehr.
Von Peter Josef Dickers

Literarisches – Dennoch fand am 15.11.2024 in der Viersener Festhalle die Prinzenproklamation der närrischen Regenten Jürgen I. und Ela I statt. Mit dreifachem „Viersche Helau“ wurde die karnevalistische Session 2024/25 gestartet. Narren müssen sich nicht nach sonst üblichen Maßstäben richten. In der „fünften Jahreszeit“ gelten andere Regeln. Ein „Prinzenpaar“ wird gekürt, nicht Nachkommen von Kaisern, Königen, Großherzogen, Herzogen oder Fürsten, sondern närrische Prinzessinnen und Prinzen. Karnevalisten haben deren Märchen-Zauber entdeckt und finden Gefallen daran. Der Karnevalsprinz streift nicht wie im Märchen im Wald umher. Er hat sich nicht verirrt und trifft kein schönes Mädchen. Prinz und Prinzessin haben sich längst gefunden. „Schön wie der helle Tag“ sind beide, attraktiv und tugendhaft – wie im Märchen.

Bei der Neuordnung des Kölner Karnevals 1823 stand „Held Karneval“ im Mittelpunkt. Er sollte „die Erbärmlichkeit des gewöhnlichen Treibens auf Grund seines edlen Charakters in angenehme Bahnen leiten und Missstände besiegen.“ Karneval war Männersache. Inzwischen hat man sich für Prinz und Prinzessin entschieden, nicht für männliche Alleinherrschaft.

Bei seiner Inthronisierung präsentiert sich das Prinzenpaar dem närrischen Volk in besonderem Outfit. Prinzenkostüm und Prinzessinnenkleid werden oft in Handarbeit angefertigt. Prinzenzeit findet nicht in Alltagsklamotten und hemdsärmeliger Dutzendware statt. Das Prinzenpaar trägt dazu bei, dass das närrische Volk für eine Weile die Alltagswelt hinter sich lassen darf. Man verhält sich anders, man begegnet sich anders. Es gibt in Viersen mehr als einhundert närrische Veranstaltungen, die das ermöglichen. Höhepunkte sind die Umzüge, die an den Karnevalstagen durch die Straßen der Stadt ziehen. Der Rosenmontagszug in Dülken, der zu den längsten Zügen am Niederrhein zählt, erfreut sich dabei besonderer Aufmerksamkeit.

Der Karneval komme einer seelischen Generalreinigung gleich, heißt es in einer Definition. Daher „Herzliches willkommen Prinz und Prinzessin in der Prinzen-Zeit. Die öffentliche Wahrnehmung ist Ihnen sicher.“ (opm)

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Foto: Privat

Peter Josef Dickers wurde 1938 in Büttgen geboren. Nach einem Studium der Katholischen Theologie sowie der Philosophie und Pädagogik in Bonn, Fribourg/Schweiz, Köln sowie Düsseldorf erhielt er 1965 die Priesterweihe. Anschließend  war er in der Seelsorge und im Schuldienst tätig, bis er sich 1977 in den Laienstand rückversetzen ließ und heiratete. Nach der Laisierung war er hauptamtlich tätig an den Beruflichen Schulen in Kempen (jetzt Rhein-Maas-Kolleg) mit den Fächern Kath. Religionslehre, Pädagogik, Soziallehre, Jugendhilfe/Jugendrecht.

„Seit der Pensionierung bin ich weiterhin engagiert durch meine Schreibtätigkeit, mein Vorlese-Engagement in diversen Einrichtungen und sonstige Initiativen. In den Sommermonaten lese ich zeitweise als „Lektor“ auf Flusskreuzfahrt-Schiffen aus meinen bisher erschienenen Büchern“, so Peter Josef Dickers, der mittlerweile in Mönchengladbach beheimatet ist.