Manege frei für das erste Boisheimer Kinder-Dreigestirn

Schon von weitem klang es wie das verheißungsvolle Trommeln einer Manege, die gerade zum Leben erwacht: Kinderlachen, fröhliches Stimmengewirr. Am gestrigen Sonntag kam die närrische Familie nämlich zu einem ganz besonderem Ereignis zusammen, als nicht nur das erste Boisheimer Kinder-Dreigestirn im Dülkener Bürgerhaus gekürt wurde, sondern auch die ersten Boisheimer Nachwuchstollitäten überhaupt in der 123-jährigen Vereinsgeschichte.
Von RS-Redakteurin Nadja Becker, Martin Häming und Leo Dillikrath

Dölke/Bossem – Wer am Sonntagmittag das Dülkener Bürgerhaus betrat, trat nicht einfach in einen Saal – er durchschritt ein Tor in eine andere Welt. Über den Köpfen der Gäste schwangen sich Clownbanner in Rot, Gelb und Blau wie bunte Akrobaten über die Empore, und von der Decke funkelte die weiße Spitze eines Zirkuszeltes, das sich wie ein schützendes Dach über die ganze närrische Gesellschaft spannte. Ein süßer Duft nach Zuckerwatte mischte sich mit dem aromatischen Popcornknistern. Zwischen bunten Tischdekorationen und rot-weißen Servietten reihten sich Stofftiere passend zum Zirkusmotto ein. Ja, der „Zirkus der Träume“ war angekommen – und Boisheim mittendrin!

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Denn an diesem Tag wurde Karnevalsgeschichte geschrieben: Die Ki Ka Kai a 1902 e. V. präsentierte mit großem Stolz ihr allererstes Kinder-Dreigestirn. Und was für eines! Als dann die letzten Töne von „Für die Ewigkeit“ verklungen waren stieg die Spannung wie bei einem Zirkusfinale kurz vor dem Trommelwirbel. Drei junge Tollitäten traten ins Rampenlicht – und der Saal tobte. Prinzessin Lina I., Bäuerin Emma I. und Jungfrau Abelina I. – drei Freundinnen, drei Bühnenprofis, drei Herzen voller Glitzer, Mut und Lebensfreude. Rosen, die gemeinsam noch wenige Tage zuvor in der Gärtnerei von Bernhard Uebel gepackt worden waren, zischten durch die Luft und fanden treffsicher ihr Ziel in den Händen der kleinen und großen Jecken.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Man sah es ihnen an: Diese Mädchen waren nicht nur verkleidet – sie leben Karneval mit ganzem Herzen! Lina, mit funkelnden Augen, deren Freude den ganzen Saal erhellte, Emma mit einem kecken Winken und einem Lachen, das ansteckte, und Abelina, anmutig und souverän, als wäre sie schon immer für die Bühne geboren. Gemeinsam verbeugten sie sich, und das Publikum antwortete mit einem donnernden „Ki Ka Kai a!“.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Eine ältere Dame im Publikum wischte sich gerührt eine Träne aus dem Auge. „So jung, und schon so voller Herzblut“, murmelte sie, während neben ihr ein kleiner Junge rhythmisch mit den Füßen stampfte. „Wenn ich groß bin, will ich auch sowas machen!“, rief er seiner Mutter zu – und man wusste: Hier wurde gerade der karnevalistische Nachwuchs geboren, während auf der Bühne die Insignien der närrischen Macht von Bürgermeister Christoph Hopp, Ortsbürgermeisterin Simone Gartz und Ortsbürgermeister Rainer Thielmann übergeben wurden.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Der Nachmittag begann schon früh – und wie! Kaum war das Bürgerhaus geöffnet, wurde es zur jecken Spielwiese. Auf der Fotoleinwand entstanden die ersten Selfies, aus den Eimern quoll Zuckerwatte wie rosa Nebel. Überall raschelten Tütchen, Lachen hallte von Wand zu Wand. Moderator Frank Steffens, der als charmanter Zirkusdirektor mit Frack und Zylinder auftrat, führte durch das Programm mit der Eleganz eines Dompteurs, der Löwen, Kinder und Narren gleichermaßen im Griff hat. „Ein bisschen Zauber, ein bisschen Chaos, aber alles mit Herz“, hörte man jemanden aus der letzten Reihe rufen – und genau das war es.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Roland Zetzen sorgte musikalisch dafür, dass die Manege nie stillstand. Zwischen Hits, Polkas und Kinderliedern hüpften Jung und Alt, und wer gerade nicht tanzte, schunkelte zumindest im Takt. Beim Löwenspiel brüllten die kleinen Teilnehmer wie echte Raubkatzen, beim Sackwerfen flogen die Beutel über die Köpfe der Eltern hinweg, und beim Eierlaufen war der Jubel ohrenbetäubend, als das erste Team ins Ziel stolperte – Eier gerettet! Zwischendrin mischte sich ein Mädchen aus Viersen in der dritten Reihe unter die jubelnde Menge. „Das ist wie Fernsehen – nur viel schöner!“, rief sie begeistert. Und ihr Vater nickte: „So ein Kinderkarneval, das ist das echte Herz vom Rheinland.“

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Was wäre ein Karneval ohne Tanz? Natürlich standen auch die kleinen Bühnenstars im Mittelpunkt: die Tanz-Garde Minis eröffneten mit einem Wirbel aus bunten Röcken, funkelnden Pailletten und synchronen Schritten, die jeden Tanzlehrer stolz gemacht hätten. Danach übernahmen die Gardeteens – jene Gruppe, aus der das neue Dreigestirn selbst stammt – und ließen den Saal beben. Das Dreigestirn tanzte mitten unter ihnen, mit fliegenden Röcken, strahlenden Gesichtern und einer Energie, die durch Mark und Bein ging.

Die Zuschauer klatschten mit, die Musik vibrierte in der Luft, und selbst die roten Servietten schienen zu schwingen. Dann folgten die Tanz-Gardekids, die mit Charme und Präzision begeisterten, bevor auch die Mäuse- und Piccologarde der Schaager Karnevalsgesellschaft 1987 e.V. die Bühne eroberten. Als Überraschung des Tages betrat schließlich die „Räd Men Group“ gemeinsam mit der legendären Arthrose-Gruppe die Bühne – eine Premiere zum „Fliegerlied“. Spätestens jetzt war klar: Der Spaß hat kein Alter.

Foto: Rheinischer Spiegel/Leo Dillikrath

Übrigens, beim Mitmach-Spiel holten sich das Viersener Kinderprinzenpaar und das Süchtelner Kinderprinzenpaar in Lauerstellung gemeinsam den Sieg … und wer hätte es gedacht, auch Bürgermeister Christoph Hopp kann gekonnt Luftgitarre spielen und hat beim ersten offiziellen jecken Auftritt im neuen Amt gemeinsam mit den Kindern die Bühne gerockt.

Lina, Emma und Abelina – man spürt, dass sie mehr verbindet als Kostüme und Krönchen. Freundschaft, Vertrauen, das gemeinsame Tanzen – sie kennen sich seit Jahren, teilen Aufregung und Lampenfieber. Und jetzt teilen sie auch ein Motto: „Zirkus der Träume“. Ein Motto, das zu Boisheim passt, wie Glitzer auf eine Narrenkappe. Denn jede von ihnen bringt ihre eigene Farbe in das Bild: Lina, die sportliche Fußballerin mit Energie für drei; Emma, die Pferdefreundin mit Herz und Humor; Abelina, die Schwimmerin, ruhig und stark zugleich. Zusammen sind sie wie ein Regenbogen aus jecker Lebensfreude.

Kennengelernt haben sich die drei Nachwuchs-Tollitäten auf der Bühne: Als Tänzerinnen der „Gardeteens“ der Ki Ka Kai a teilten sie schon viele Auftritte, Lampenfieber und Applaus. Jetzt stehen sie gemeinsam im Rampenlicht. Ihr Ziel: den Karneval mit neuem Schwung erfüllen und die Kinderaugen im Publikum zum Leuchten bringen. Prinzessin Lina I., 13 Jahre jung und im echten Leben Lina Kurzweg, trägt das jecke Gen seit Geburt in sich – schließlich erblickte sie das Licht der Welt mitten in der Session ihrer Großeltern, die selbst einst Tollitäten waren. Als sprühende Tanzfee mit viel Herz und Energie bringt sie Rhythmus, Lachen und eine Portion Glitzer in jede Halle. Ihre Lieblingssongs, „Wackelkontakt“ und „Schnelle Brille“, passen perfekt zu ihr: modern, quirlig, ein bisschen frech – ganz Lina!

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Bäuerin Emma I., mit ihren zehn Jahren das jüngste Mitglied des Trios, heißt eigentlich Emma Rösner. Offiziell seit 2024 Teil der Ki Ka Kai a, tanzt sie schon, seit sie laufen kann – ob im Wohnzimmer oder auf der großen Bühne. Reiten, Ausflüge, Bewegung – das ist ihre Welt. Mit ihrem fröhlichen Wesen und dem Stimmungssong „All in“ reißt sie das Publikum mit, wo immer sie auftaucht.

Jungfrau Abelina I., bürgerlich Abelina Steffens, gehört bereits seit 2015 zur Ki Ka Kai a und bringt echte Erfahrung mit: In Dülken durfte sie schon einmal Prinzessinnenluft schnuppern. Doch diesmal ist alles anders – diesmal teilt sie die Bühne mit ihren besten Freundinnen. Die 13-Jährige, große Schwester, begeisterte Schwimmerin und kreative Ideengeberin, steht für Herz, Mut und Zusammenhalt. Mit ihrer ruhigen Art und einem Gespür für Menschen verleiht sie dem Dreigestirn das gewisse Funkeln zwischen Anmut und Bodenhaftung.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Gemeinsam zeigten die frisch gekürten Nachwuchstollitäten das Karneval keine Frage des Alters ist – sondern eine des Herzens. Drei Freundinnen, drei Geschichten, eine gemeinsame Vision: Freude schenken, Gemeinschaft leben und den Zirkus der Träume Wirklichkeit werden lassen. Doch, kein Dreigestirn steht allein – das weiß in Boisheim jedes Kind. Neben Familien und Freunden stehen die „kleinen Adjus“ bereit: Liah, Johanna und Arendje, die mit leuchtenden Augen immer einsatzbereit an der Seite stehen, wenn die Großen auftreten. Und wenn ein Krönchen verrutscht oder ein Schuhband klemmt, sind sie blitzschnell zur Stelle.

Überhaupt, das Publikum – es war an diesem Tag mehr als nur Zuschauer. Es war Teil der Show, Teil des Traums, Teil der großen närrischen Familie. Boisheim hat ein neues Kapitel aufgeschlagen – mit Herz, Humor und einer gehörigen Portion Magie. Am kommenden Samstag macht dann die Proklamation des großen Boisheimer Prinzenpaares den Reigen der Tollitäten des vierten Viersener Stadtteils komplett … seid dabei, es wird garantiert ein Fest. (nb)

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming