Die Corona Pandemie stellt unter anderem die Gastronomie- und Hotelbranche vor große Herausforderungen.
Dies nahmen der MIT-Stadtverbandsvorsitzende Joachim Feies und MIT-Vorstandsmitglied Markus Drabben zum Anlass sich vor Ort im Kreis Viersen ein Bild von der aktuellen Lage zu machen.
Viersen/Willich – Matthias Stieger, Inhaber des Hotel-Restaurant „Landgut Ramshof“ in Willich-Neersen stellte sich in diesem Zusammenhang einer Diskussionsrunde mit den beiden Vertretern der Mittelstandsunion. Das Gespräch fand Anfang Juni, einhergehend mit aktuellen Corona-Lockerungen statt, sodass beim Betreten des Landgutes bereits wieder relativ viele Gäste zu sehen waren.
Ein schöner Anblick, der sich aber im Gesicht von Herrn Stieger offensichtlich nicht widerspiegelte … daher die Frage von Joachim Feies an Herrn Stieger: „Corona hat ihnen sicher sehr zu schaffen gemacht und macht es sicher noch?“ Umso verblüffender die Antwort des Landgutbetreibers. „Corona? … Das ist vorbei …, na ja, natürlich noch nicht ganz. Ja, es hat Probleme bereitet und tut es auch noch, aber unser eigentliches Problem ist ein ganz anderes.“ Matthias Stieger hat es verstanden in der schwierigen Situation alle möglichen Alternativangebote zu aktivieren, damit der „Laden“ trotzdem irgendwie läuft. Der „Ramshof“ habe jederzeit flexibel auf Veränderungen reagiert. Natürlich nicht immer kostendeckend, aber das Geschäft konnte durchlaufen, wenn auch eingeschränkt.
Markus Drabben und Joachim Feies zeigten sich beeindruckt vom Einsatz und auch von dem Ideenreichtum, der hier gerade in schwierigen Zeiten, hervorgebracht wurde: „Dies soll Vorbildfunktion und Anregung zugleich für ähnlich Betroffene sein, die möglicherweise in einer Art „Schockstarre“ verharren, anstatt zu handeln.
Es gibt, wie dieses Beispiel zeigt immer einen Weg, auch wenn man ihn möglicherweise nicht sofort erkennen mag.“ Was die staatliche Unterstützung angeht, so sagte Stieger, dass die Hilfe für November und Dezember 2020 soweit in Ordnung war, allerdings aber auch erst im März 2021 abschließend geleistet wurde. „Vorab gab es lediglich Abschlagszahlungen.“ Das Kurzarbeitergeld von April stünde auch noch aus. Das Ganze sei vom Grund her in Ordnung, was die Schnelligkeit der Zahlungen angeht, aber überhaupt nicht ausreichend als Hilfe in einer Notsituation.
Am meisten stört den Unternehmer aber die ungerechte Behandlung, wie er sagte. Die Unverhältnismäßigkeit, mit welcher der Hotel- und Gastronomiebranche Einschränkungen gegenüber anderen Branchen auferlegt wurden, könne man einfach nicht nachvollziehen. Beim Anblick des gesamten Anwesens im Innen- sowie im Außenbereich konnten die Anwesenden diesen Unmut schon verstehen. Joachim Feies warf ein, dass seiner Ansicht nach ohnehin die gesamten Auflagen und Einschränkungen individuell betrachtet werden müssten – gerade vor dem Hintergrund, dass Geschäftsräume doch sehr unterschiedlich in Bezug auf Größe und Aufteilung gestaltet sind, läge es doch nahe, dass auch die Möglichkeiten und notwendige Maßnahmen fallbezogen besprochen und festgelegt werden sollten.
Am meisten belaste ihn jedoch der Personalmangel. Sicher auch durch Corona, insbesondere in dieser Branche verschlimmert. Aus Angst langfristig ohne Job zu sein, haben viele Arbeitskräfte in andere Branchen gewechselt und stehen nun, wo es wieder losgehen soll, einfach nicht mehr zur Verfügung. Die Gastronomie gilt in der Pandemie als zu unsicher. Das sei fatal. Hier ginge es nicht nur um den Fachkräftemangel, sondern jegliches Personal, von fehlenden und ungeeigneten Auszubildenden ganz zu schweigen, beklagte sich Matthias Stieger.
Wenn sich daran nicht grundlegend etwas verändert würde, wird die Konsequenz sein, dass die Geschäfte kleiner werden und Warte- und Lieferzeiten in unerträgliche Maße anwachsen werden. Einen Tisch im Restaurant zu reservieren mit einer Vorlaufzeit von 3 Monaten oder mehr, das könnte eine der gar nicht so abwegigen Folgen sein, blickte Stieger sorgenvoll in die Zukunft.
Der Vorsitzende der MIT Viersen, Joachim Feies sieht diese Schwierigkeiten letztendlich in allen Bereichen der Wirtschaft. „Das ist einfach nicht mehr tragbar“, meint er. „Wir sprechen von einem übergreifenden gesamtgesellschaftlichen Problem. Es geht auch nicht nur um demografischen Wandel. Hier muss sich ganz dringend etwas an grundlegenden Einstellungen und mittlerweile eingefahrenen Gewohnheiten in der Gesellschaft ändern. Jeder redet von Work-Life Balance, viele aber ohne zu bedenken, dass in diesem Begriff auch das Wort „Work“ enthalten ist. Wir können nicht „nur“ Spass haben, sondern wir müssen dafür auch etwas tun. Wie lässt sich sonst z. B. erklären, dass wir einfach keinen Nachwuchs für Ausbildungsplätze mehr finden? Früher haben Ausbildungsverhältnisse mit dem 14. oder 15. Lebensjahr der Azubis begonnen. Heute überlegen viele erst mal bis Mitte 20 oder sogar bis zum 30. Lebensjahr was sie denn überhaupt machen wollen. Dabei gibt es so enorm viele und vielfältige Bildungs- und Ausbildungsangebote wie nie zuvor.“
Feies appelliert an alle möglichen Bewerber, sich einen Ruck zu geben eine Entscheidung für eine Ausbildung zu treffen und diesen Weg konsequent zu verfolgen. (opm/paz)
