Eine mittelalterliche Zeltstadt lockt an diesem Wochenende auf den Sportplatz an der Krefelder Straße, auf dem sonst mittlerweile der Verein „Freundliche Hunde“ beheimatet ist. Furchtlose Feuervorführungen, heißer Met sowie altertümliche Holzstühle vor lodernden Holzscheiden wärmen die Körper noch bis Sonntag und die Seelen erinnern sich an Ereignisse längst vergessener Zeiten.
Von RS-Redakteurin Nadja Becker
Viersen – Zelte mit Spitzdächern, kunstvoll geschmiedete Wappen aus Eisen, riesige Töpfe mit köchelnden, unbekannten Leckereien vor denen bereits Skelette mit Rumfässern auf ihren ersten Teller warten. Der historische Markt an der Viersener Stadtgrenze wirkt wie eine Reise einige Jahrhunderte zurück in der Zeit. Verschiedene Clans haben ihren Weg nach Viersen gefunden, sind von weit her gekommen, haben sogar den tagelangen beschwerlichen Ritt aus Nürnberg auf sich genommen. Originalgetreu gekleidet, schlafen sie auf fellbezogenen Holzbetten, die Gewänder werden geschützt in riesigen Holztruhen aufgebahrt und ebenfalls die schweren Kochtöpfe aus Eisen haben ebenso ihren Platz gefunden wie Schwerter oder riesige Holzstäbe.
Während die Tage geprägt sich von Schwertkämpfen, Bogenturnieren oder einer Reitershow, können Besucher in das Lagerleben eintauchen oder sich durch den Gaukler Lupus ebenso erfreuen lassen wie durch den Barden Disphonicus. Mittelalterliche Klänge verbinden sich mit andächtigen Worten in der kleinen Kapelle, die das Mittelalterfest ergänzt und in welcher der „Orden vom Heiligen Kreuz“ an diesen Tagen beheimatet ist. Der Orden ist kein Fantasiegespinst, denn der kleine christliche Orden der Regularkanoniker wurde bereits um 1211 durch den Kanoniker Theodorus von Celles mit seinen vier Gefährten in Huy an der Maas gegründet. Die Gründer glaubten, betroffen von den Missständen ihrer Zeit, dass allein in einer radikalen und alternativen Lebensweise nach dem Evangelium nach Jesu das Heil zu finden sei und übernahmen die Regeln des heiligen Augustinus als Richtschnur ihres Lebens. Tatsächlich erhielt der Orden 1248 durch Papst Innozenz IV eine offizielle Bestätigung.
In der folgenden Zeit verbreiteten sie sich über Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden und Deutschland – zunächst in Beyenburg bei Wuppertal, Hohenbusch bei Erkelenz und Köln, später sogar in Mönchengladbach und Dülken. Kriege, innerkirchliche Verwicklungen und Krankheiten minimierten die Zahl der Ordensbrüder, die 1955 auf Bitten des Kardinals Josef Frings nach Deutschland zurückkehrten und ihre Klöster Beyenburg und Kloster Ehrenstein zurückerhielten. Bereits an Allerheiligen gedachten die Teilnehmer in einer Andacht gemeinsam mit Bruder Scriptorius dem christlichen Feiertag, der im Mittelalter mit einer Feuershow und dem Ruf „Das Volk möge sich trollen“ endete.
Noch bis zum Sonntag haben Besucher die Chance zu diesem Zeitsprung, der am Samstag und Sonntag jeweils ab 11:00 Uhr möglich ist. Der Eintritt auf das Gelände an der Krefelder Straße 185 kostet für Erwachsene fünf Euro, wer sich in ein passendes Gewand gekleidet hat zahlt nur vier Euro. Kinder unter einem Meter Größe zahlen zwei Euro, sonst drei Euro und haben am Samstag sogar freien Eintritt.
Begrüßt werden die Teilnehmer und Gäste am Samstag durch den Herold und wenn Olivarius von der Taube das Mittelalter erklärt, wird sicherlich der eine oder andere gerne verweilen. Bereits um 13:00 Uhr lockt der Schwertkampf mit Waffenschau, der dem Einzug der Gruppen vorangeht. Während das Lagerleben voranschreitet, sind Pferdebegeisterte bei der Reitershow Casalla genau richtig und können im Anschluss eine Teeprobe absolvieren bevor das Bogenturnier weitere Spannung mit sich bringt. Dass die Feuershow um 20:00 Uhr ein „Muss“ zum Abschluss des Tages ist, das steht bereits jetzt fest. Der Sonntag startet mit einer Messe mit Bruder Goswin, der von närrischen Späßen ebenso abgelöst wird, wie von einem weiteren Schwertkampf. Es bleibt zu hoffen, dass der Regen eine Pause einsetzt, denn einen Mittelaltermarkt in Viersen, das hat man hier nur selten gesehen. (nb)