Mehrere Wochen nach dem #Jahrhunderthochwasser ist die Lage im #Ahrtal weiterhin katastrophal. Immer noch und immer wieder sind freiwillige Helfer vor Ort, weitere werden dringend benötigt. Hierzu gehört ebenfalls der Viersener Thomas Schmid, der in der Helferwerkstatt im #Flutgebiet Walporzheim mit weiteren Ehrenamtlichen seine Fähigkeiten einbringt.
Von RS-Redakteurin Nadja Becker
Viersen/Ahrtal – Die zerstörerischen Wassermassen, die Mitte Juli das Ahrtal überfluteten, haben verheerende Schäden hinterlassen. Tausende wurden obdachlos, hunderte Gebäude weggerissen, mindestens 133 Tote – nur einige der furchtbaren Fakten. Seitdem schwappt eine überragende Welle der Hilfsbereitschaft in die Region, täglich sind noch immer Ehrenamtliche aktiv und unterstützen den Wiederaufbau.
Unter ihnen ebenfalls der 53-jährige Viersener Thomas Schmid, der sich einer Helferwerkstatt in Walporzheim angeschlossen hat. Direkt vor Ort werden die Fahrzeuge, die dort ehrenamtlich im Einsatz oder bei der Flut beschädigt wurden und noch rettbar sind, repariert. Motorräder, Autos, Baumaschinen oder Traktoren werden bis spät in die Nacht hinein instandgesetzt, nehmen teilweise am nächsten Tag die Arbeit wieder auf.

Thomas Schmidt ist kein eigentlich gelernter Chemikant, sondern passionierter Hobbymechaniker und aktuell gesundheitlich eingeschränkt, weshalb sich sein Bereich meist auf Anleitung und Beratung bezieht. „Mit nunmehr 53 Jahren habe ich somit bereits 40 Jahre Erfahrung mit motorisierten Zweirädern. Es ist mein Spezialgebiet, mechanische Dinge aller Art wieder zum Leben zu erwecken, mit geringsten Mitteln, also nicht Teile tauschen, sondern wirklich reparieren, genau was dort zählt“, so der Viersener. „Das Ahrtal ist mir seit Jahrzehnten als Biker ans Herz gewachsen, insbesondere seitdem ich meine Lebensgefährtin dort kennen gelernt habe, die mittlerweile auch in Viersen lebt. Der Entschluss zu helfen, bestand folglich von Anfang an. Bei den Fahrzeugen, die der Flut zum Opfer gefallen sind, liegt einfach meine Kernkompetenz, dort kann ich helfen.“
Als der erste Aufruf auf Facebook (@Helfer.Werkstatt.Walporzheim) erschien, der die Werkstatt in Walporzheim an der Ahruferstraße 25a erwähnte, fuhr er noch am selben Tag los, um sich ein eigenes Bild in der Flutregion zu machen und stand am nächsten Tag mit Pavillon, Motorradbühne und seinem Werkzeug dort. Wenn er selbst nicht schwer heben kann, so können seine Materialien dennoch andere nutzen. Organisiert wird die Helferwerkstatt von der internationalen Verbindung Round Table, der in Deutschland rund 3.500 Mitglieder angehören. Zu den Zielen des Clubs gehört der Dienst an der Allgemeinheit, im Ahrtal wurde so ein starkes Netzwerk geschaffen. Neben den Fahrzeugen sind Elektriker in der dort befindlichen Elektroseelsorge aktiv um beschädigten Stromaggregaten, sowie Elektrowerkzeugen, die in den Kellern und Garagen überflutet wurden, aber für den Wiederaufbau dringend benötigt werden, wieder Leben einzuhauchen.

„Die Helferzahl in der Werkstatt ist stark schwankend, bewegt sich zwischen 15 und 30 Personen“, erklärt Thomas Schmidt. „Viele haben Job und Familie. Der eine verbringt seinen Urlaub im Ahrtal, der nächste nur mal ein Wochenende. Zu tun gibt es immer genug. Am Wochenende sind es meist doppelt so viele wie in der Woche. Leider ist mit Ende der Urlaubszeit auch zu befürchten, dass die Helferzahl innerhalb der Woche abnehmen wird.“ Doch ohne weitere Hilfe können die Ehrenamtlichen nur wenig tun, bereits jetzt sind viele Stellen mit zu wenig Fachkundigen besetzt und die „Personaldecke“ muss dringend verstärkt werden. Die Arbeit ist hart unter den verdreckten Pavillons, häufig mit eigenem Werkzeug – aber es lohnt sich.
„Je länger es jedoch dauert bis ein Fahrzeug dort bearbeitet werden kann, umso größer sind die Schäden. Der Schlamm befindet sich einfach überall, bis in die Motoren hinein“, sagt der 53-Jährige. „Es ist unser Anliegen, den Menschen vor Ort ihre teilweise dringend benötigten Fahrzeuge, aber eben auch ihre zum größten Teil nicht lebenswichtigen Motorräder zurück zu geben. Zum einen stellen diese für viele einen großen emotionalen Wert dar, zum anderen mindert man dadurch die ohnehin immensen wirtschaftlichen Verluste der Menschen. Es ist eine unbändige Freude in den Augen der Menschen, wenn sie ein Erbstück oder ihr erstes Fahrzeug wieder zurückbekommen. Dies betrifft nicht nur Kinder, deren Pocketbikes wir auch reparieren, sondern auch gestandene Männer, die in Tränen ausbrechen vor Freude.“
Eine vorherige Kontaktaufnahme mit der Werkstatt ist nicht notwendig. Wer helfen will, kann dort einfach vorbeikommen und nach kurzer Meldung loslegen. Wer hat, der sollte direkt sein eigenes Werkzeug mitbringen, denn nicht alles in mehrfacher Ausführung vorhanden. „Was uns jedoch zurzeit mit zunehmender Sorge plagt ist der Umstand, dass wir immer mehr Motorräder bekommen, die Zeit aber gegen uns arbeitet. Zudem sind dort auch noch Maschinen in der Ahr und den Uferbereichen, die noch nicht geborgen werden konnten und derzeit weiter Schadstoffe in die Umwelt bringen.“ Jeder der etwas tun möchte, aber nicht vor Ort helfen kann, kann sich eine Maschine abholen und daheim aufarbeiten.

„Die Schlafmöglichkeiten vor Ort, die sich anfangs auf Isomatte und Schlafsack beschränkten, sind mittlerweile recht komfortabel mit Doppelstockbetten und Matratzen. Für Verpflegung ist bestens gesorgt und auch am Abend, wenn die Arbeit im Freien nicht mehr möglich ist, kommt der Feierabend nicht zu kurz. Sei es ein Lagerfeuer, gemeinsames Grillen oder auch ein Abend mit der Gitarre“, so Thomas Schmidt, dem es wichtig ist die zu erwähnen, die häufig im Schatten arbeiten. Hierzu gehören die Menschen, die Helfer und Betroffene mit Lebensmitteln versorgen – „und dies auf einem guten Level“. Auch die Sauberkeit von Verpflegungszelt, Duschen und Toiletten will erhalten bleiben. „Dies ist bei den dortigen Verhältnissen eine herausragende Leistung, denn der Schlamm ist dort allgegenwärtig. Man sagte mir bei der ersten Kontaktaufnahme bereits, dass ich keine Nahrungsmittel mitbringen solle, zurecht, es wird dort bestens für jeden gesorgt. Vor dieser Leistung habe ich größten Respekt, im Gegensatz zu den kleinen Dingen, die ich zu leisten vermag.“
„Bei all dem dort vorhandenem Elend, all dieser Not, findet man dort im Moment etwas, was in unserer modernen Gesellschaft untergegangen ist – Werte“, sagt der Viersener abschließend. Ein jeder dürfe dort sein, wie er ist, alles spiele sich auf Augenhöhe ab, „mit Respekt und jeder hilft jedem dort. Es zählt dort nur was man tut, alles andere ist irrelevant geworden in dieser Situation.
Ich hoffe, dieser Spirit, der auch dafür sorgt, dass viele der Helfer schnellst möglich wieder dort sein wollen, macht aus unserem Diesseits ein kleines Stück weit wieder eine bessere Welt. Gemeinsam ist man stark, nur gemeinsam kann man solche Situationen stemmen.“ (nb)

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