Stadt Viersen will Primus-Schule auslaufen lassen

In seiner Sitzung am 19. Mai hat der Schulausschuss dem Viersener Stadtrat empfohlen, die Dülkener PRIMUS-Modellschule nach dem Schuljahr 2023/24 sukzessive auslaufen zu lassen.

Viersen-Dülken – Die von der Landesregierung angebotene Option einer Verlängerung um drei Schuljahre soll nicht wahrgenommen werden, in die Gebäude an der Kettelerstraße eine neu aufzubauende Grundschule unter dem Namen der ehemaligen „Kreuzherrenschule“ sukzessive nachrücken. Der Ausschuss folgte damit einem Beschlussvorschlag der Verwaltung auf der Grundlage einer Empfehlung des Bildungsbüros biregio im Entwurf des Schulentwicklungsplans. Dagegen stemmten sich in der Ausschusssitzung am 19. Mai die Vertreterinnen und Vertreter von BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN. Diese hatten bereits in den vorangegangenen Gesprächen vorgeschlagen, den Schulversuch am Standort Viersen um drei Jahre zu verlängern und die PRIMUS-Schule auf zwei Klassenzüge zu reduzieren, da die ursprüngliche Auslegung auf drei Züge offenbar die Nachfrage bislang noch übersteigt.

Den entsprechenden Beschlussvorschlag der Grünen-Fraktion hat der Ausschuss allerdings mit großer Mehrheit abgelehnt. Deren schulpolitische Sprecherin Maja Roth-Schmidt hält diese Entscheidung für falsch: „Die PRIMUS-Schule ist eine sinnvolle Ergänzung der Viersener Schullandschaft. Ihr pädagogisches Konzept hebt den Zwang auf, Schülerinnen und Schüler schon nach den ersten vier Schuljahren voneinander zu trennen und unterschiedlichen Schulformen zuzuordnen. Das längere gemeinsame Lernen tut den Kindern gut und verhindert, dass Bildungswege frühzeitig versperrt oder zumindest erschwert werden.“ Schülerinnen und Schüler der fünf PRIMUS-Modellschulen in Nordrhein-Westfalen lernen bis zu 9. Klasse gemeinsam. Die Option für einen höheren Bildungsabschluss bleibt offen, da der Wechsel von der Primus-Schule in die gymnasiale Oberstufe nach neun Unterrichtsjahren bei entsprechender Eignung ohne Probleme möglich ist.

Roth-Schmidt stellte in der Ausschusssitzung die Vorzüge des PRIMUS-Modells heraus und wehrte sich gegen die Begründung des Beschlussvorschlags der Verwaltung, dass eine weitere Grundschule an der Kettelerstraße erforderlich sei, um eine Überlastung der beiden anderen Grundschulen im Ortsteil Dülken zu verhindern: „Die Fortführung der PRIMUS-Schule löst für sich genommen keinen zusätzlichen Investitionsbedarf in den Primarbereich in Dülken aus, ihre Auflösung löst nicht das Problem. Die derzeit zu hohe Belegung der Klassen an der Paul-Weyers-Schule und der Gemeinschaftsgrundschule an der Dammstraße steht in Verbindung mit den nur kurzfristig leicht ansteigenden Schülerzahlen. Dass die vorhandenen acht Grundschulzüge in Dülken aber mittel- und langfristig eher ausreichen, hat die Verwaltung in der Sitzung noch einmal bestätigt. Eine weitere Grundschule mit bis zu vier Klassenzügen geben die Prognosen der Schülerzahlen nicht her.“ Die PRIMUS-Schule, so Roth-Schmidt weiter, könne man ohne zusätzliche Investitionen am Standort Kettelerstraße erhalten. Der für die ursprünglich vorgesehenen Dreizügigkeit notwendige zweite Standort für die Sekundarstufe (ab Klasse 5) in der derzeit vom Kreis genutzten Overbergschule an der Brabanter Straße wäre damit vom Tisch.

Roth-Schmidt: „Mit einer zweizügigen PRIMUS-Schule und der Entscheidung, an den beiden vorhandenen Grundschulen einen zusätzlichen Raumbedarf von rund 1700 Quadratmeter zu decken, wäre der Bedarf an Grundschulplätzen in Dülken auf absehbare Zeit gedeckt. Die PRIMUS-Schule abzuschaffen und durch eine Grundschule zu ersetzen, ist dagegen der falsche Weg und schafft zusätzliche Ungewissheiten – auch für den städtischen Haushalt. Leider hält sich die Verwaltungsvorlage vollkommen bedeckt zu der Frage, wie das Auslaufen der PRIMUS-Schule konkret umgesetzt werden soll.“

Die Viersener PRIMUS-Schule ist eine von nur fünf Schulen dieser Art in Nordrhein-Westfalen und Teil eines im Jahr 2013 begonnenen Modellversuchs der Landesregierung, der das gemeinsame Lernen der Schülerinnen und Schüler von der ersten bis zur neunten Klasse ermöglicht – mit der Option, im Anschluss das Abitur in der gymnasialen Oberstufe eines Gymnasiums zu erwerben. Der Modellversuch wurde im Jahr 2011 von Grünen und SPD im Rahmen des sogenannten „Schulfriedens“ in Nordrhein-Westfalen durchgesetzt, um neben der Gesamtschule eine weitere Alternative zum ehemals dreigliedrigen Schulsystem zu erproben. In einem aktuellen Schreiben an die Ratsmitglieder unterstützt auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) die Fortführung der Modellschule in Viersen, die als einzige von fünf ihrer Art trotz wieder steigender Anmeldezahlen derzeit um ihre Zukunft fürchten muss. Die Entscheidung hat der Stadtrat in seiner Sitzung am 21. Juni zu treffen. (opm)

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming