In der Vatikanstadt kamen Ende Oktober führende Köpfe aus Politik, Forschung und Wirtschaft zusammen, um über Solidarität, Zusammenarbeit und Verantwortung als Gegenmittel zur Bekämpfung von Ungerechtigkeiten, Ungleichheiten und Ausgrenzungen zu beraten. Zu den ausgewählten weltweiten Mitgliedern zählt ebenfalls die Viersener Unternehmerin Iris Kater.
Von RS-Redakteurin Nadja Becker
Viersen – Dreißig Jahre nach der Veröffentlichung der Enzyklika „Centesimus Annus“ von Papst Johannes Paul II. rief die gleichnamige päpstliche Stiftung Ende Oktober ihre weltweiten Mitglieder im Vatikan zusammen, um über neue Wege in der Wirtschaft auf Grundlage direkt dreier Enzykliken zu beraten. Im Mittelpunkt der Konferenz unter dem Titel „Solidarität, Zusammenarbeit und Verantwortung: Gegengifte im Kampf gegen Ungerechtigkeit, Ungleichheit und Ausgrenzung” stand das Ziel neue wertbasierte Wirtschaftsmodelle zu entwickeln, während der Kurs heraus aus der Pandemie führt.
Zu den Sprechern der zweitägigen Konferenz zählten herausragende Köpfe verschiedenster Disziplinen aus aller Welt, darunter CERN-Direktorin Fabiola Gianotti, Nobelpreisträger für Physik Gérard Albert Mourou, der italienische Umweltminister und Physiker Roberto Cingolani oder der stellvertretende Generaldirektor der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) sowie hochrangige Geistliche der katholischen Kirche. Als Teilnehmerin und ebenfalls Mitglied der Stiftung, folgte die Viersener Unternehmerin und stellvertretende KKV-Bundesvorsitzende, Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung, bereits zum zweiten Mal der Einladung. Im vergangenen Jahr fand der weltweite Austausch aufgrund der aktuellen Viruslage online statt.

„Es ist von enormer Wichtigkeit, dass wir die Lehren aus der Corona-Situation nutzen um eine Wirtschaft zu gestalten, die das Gemeinwohl in den Mittelpunkt stellt“, so Iris Kater. Umso wichtiger sei es die ‚Motoren‘, Unternehmer, Führungskräfte und Wissenschaftler gemeinsam mit der nächsten Generation an einen Tisch zu holen. „Wir benötigen grundlegende Änderungen um erfolgreich den bestehenden und kommenden Herausforderungen sowie Hürden zu begegnen, sei es im Bereich der Wirtschaft, Gesundheit, Digitalität oder Natur-, Klima- sowie Umweltschutz.“
Die Viersener Unternehmerin verwies dabei auf eine Ausrichtung der Finanzwelt zum Wohle aller Menschen anstelle von egoistischer Profitgier und schloss sich hierbei seiner Heiligkeit Papst Franziskus an, der das aktuelle Wirtschaftssystem, welches sich am „Gott des Geldes“ orientiert, in seiner Abschlussrede der Konvention verurteilte. Diese Gegebenheit führe zu einer räuberischen Ausbeutung von Mensch und Natur sowie zu Ungerechtigkeit, die nicht gleichgültig hingenommen werden dürfe. Gier und destruktive Einstellungen werden nach Ansicht des Papstes durch dieses System gefördert, weshalb er zu einer aktiven Förderung des Guten aufrief.

Das Engagement der CAPP und ihrer Mitglieder hob Papst Franziskus in seiner Rede zudem besonders hervor. „Verurteilung des Falschen, aber Förderung des Guten.“ Aus diesem Grund wertschätze er die Arbeit der Stiftung, insbesondere in den Bereichen Aus- und Weiterbildung. „Insbesondere für Ihr Engagement für die Finanzierung von Studium und Forschung junger Menschen zu neuen Wirtschaftsmodellen und sozialer Entwicklung, inspiriert von der Soziallehre der Kirche. Das ist wichtig und sehr notwendig“, so seine Heiligkeit. „In Böden, die durch die Vorherrschaft der Finanzen verseucht sind, müssen wir viele kleine Samen säen die in einer gerechten und nutzbringenden, humanen und menschenzentrierten Wirtschaft Früchte tragen kann. Wir brauchen Möglichkeiten, die Realität werden können, und Realitäten, die Hoffnung bieten können.“
Hierzu warb das Kirchenoberhaupt für die Umsetzung der Katholischen Soziallehre, für die Solidarität, Zusammenarbeit und Verantwortung elementar seien. Werte, die es konkret zu leben gelte in der Politik, im Arbeitsbereich, in bürgerschaftlichem Engagement sowie verschiedensten Beziehungen. Denn es handele sich dabei nicht nur um eine „politische Angelegenheit“, schließlich sei die Katholische Soziallehre bereits im Wort Gottes verankert.
„Die inspiriert uns als gläubige Gemeinschaft bereitwillig zu kooperieren für das Gemeinwohl: Ohne Formen der Ablehnung, Exklusivität oder Vorurteile. Als Christen wir sind zu einer Liebe berufen die Grenzen überschreitet; wir sind berufen Zeichen und Zeuge zu sein das es möglich ist die Mauern des Egoismus, des persönlichen und nationalen Interesses zu überwinden. Jenseits der Macht des Geldes, die oft über das Schicksal der Völker entscheidet; jenseits ideologischer Spaltungen, die Hass fördern; jenseits aller historischen und kulturellen Grenzen und vor allem jenseits der Gleichgültigkeit – jenseits dieser Kultur der Gleichgültigkeit, die wir leider täglich erleben. Wir können „alle Brüder und Schwestern“ sein, und so können und müssen wir als „Brüder und Schwestern aller“ denken und arbeiten.“ Häufig bedeute dies das Schwimmen gegen den Strom, aber die Menschen seien nicht allein und mit Gott an ihrer Seite sei es möglich die Vision einer besseren Welt Wirklichkeit werden zu lassen.
1993 wurde die Stiftung Centesimus Annus Pro Pontifice (CAPP) durch ein Motu Proprio des polnischen Papstes Johannes Paul II. gegründet. Hierbei handelt es sich um ein Apostolisches Schreiben, welches ohne förmliches Ansuchen anderer ergangen ist und vom Papst persönlich entschieden wurde. Rund 300 weltweite Mitglieder zählt die im Vatikan ansässige Stiftung, die sich in zwölf Ländern dafür einsetzen die Grundsätze der Katholischen Soziallehre umzusetzen. Alle Mitglieder wurden sorgsam ausgewählt und sind Persönlichkeiten aus der Geschäfts-, Finanz- und Berufswelt sowie dem akademischen und dem Dienstleistungssektor. (nb/KKV)
