Sie haben vor 50 Jahren gemeinsam für die Meisterprüfung gebüffelt und sich auch danach nie aus den Augen verloren. Jetzt erhielten die Tischler Günter Kitz, Bernhard Bockhold, Klaus Engel und Hans-Dieter Krämer in Brüggen ihre Goldenen Meisterbriefe.
Kreis Viersen/Brüggen – Will man sich das vorstellen: Vier junge Tischler, die zusammen auf gerade mal 16 Quadratmetern wohnen? Was heutzutage vermutlich undenkbar wäre, bedeutete für Günter Kitz (80) aus Brüggen, Dieter Krämer (78) aus Scheuerfeld bei Betzdorf, Bernhard Bockhold aus Heek im Münsterland und Klaus Engel aus Königswinter (beide 74) acht Monate lang Alltag. Das Quartett hatte während des Besuchs der Meisterschule in Düsseldorf ein gemeinsames Zimmer im Wohnheim gemietet. Kostenpunkt für jeden: 55 Mark im Monat. Sie schliefen in Etagenbetten. Und ja, am Anfang habe es schon mal Stress gegeben, von wegen Ordnung und so, deutet Günter Kitz an, der Älteste der Viererbande. Aber: „Wir haben uns zusammengerauft, denn wir hatten alle das gleiche Ziel: die Meisterprüfung. Und wir waren eine verschworene Gemeinschaft.“
Daran hat sich bis heute nichts geändert. Alle vier schafften die Meisterprüfung damals im ersten Anlauf. Auch danach blieben sie in Kontakt. In den vergangenen 15 Jahren fand ein jährliches „Klassentreffen“ der vier Tischlermeister statt. Da sie aus verschiedenen Ecken des Landes kommen, treffen sie sich immer reihum bei einem von ihnen. „Wir haben tolle Tage und Abende erlebt und viele spannende Besichtigungen in den jeweiligen Regionen gemacht“, sagt Günter Kitz.
Beim jüngsten Treffen in Brüggen, wo Kitz viele Jahre eine Tischlerei betrieb, gab es eine besondere Überraschung: Robert Hellmann, Ehrenobermeister der Tischler-Innung Kreis Viersen, überreichte den vier Freunden jeweils den Goldenen Meisterbrief der Handwerkskammer Düsseldorf. Günter Kitz‘ Frau Jutta, mit der er seit 55 Jahren verheiratet ist, hatte den Coup von langer Hand eingefädelt. Keiner der vier Tischlermeister ahnte etwas. „Und ich hab mich noch gewundert, weshalb in meiner alten Werkstatt das Licht brannte“, schmunzelte Günter Kitz.
Der 80-Jährige übernahm 1977 den Betrieb seines früh verstorbenen Vaters Hubert. Seine Ausbildung hatte er bei Bernhard Erkes in Brüggen gemacht – als Meister bildete er seinerseits dessen Sohn Manfred aus, der in Brüggen eine Tischlerei betreibt. Kitz erinnert sich noch lebhaft an seine größte berufliche Herausforderung: Für den in Japan arbeitenden Kollegen eines Bekannten fertigte er eine große Schrankwand aus massiver Eiche. Vier Monate baute er an dem besonderen Möbel, das dann in Kisten verpackt nach Japan geflogen wurde.
Inzwischen ist der Betrieb abgemeldet, aber die Werkstatt gibt es noch – mit funktionierenden Maschinen. „Jetzt ist es mein Hobby, ich erledige Reparaturen für die Verwandten und freue mich, dass ich noch etwas machen kann. Ich schaue nicht mehr auf die Stunden und habe keinen Druck“, sagt Günter Kitz, dessen Meisterstück ein Sideboard aus furnierter Eiche war. Mit 50 entdeckte er das Motorradfahren als Hobby für sich. Bis heute ist er mit seiner 800er BMW GT unterwegs. Bernhard Bockhold und Klaus Engel waren ebenso wie Günter Kitz viele Jahre selbstständig, Hans-Dieter Krämer arbeitete nach der Meisterprüfung weiter in seinem Ausbildungsbetrieb in Altenkirchen und wechselte nach dessen Schließung zu einem Möbelgeschäft.
Ihre jährlichen Treffen wollen die vier Tischlermeister noch lange beibehalten. Und wer weiß, ob es ihre jahrzehntelange Freundschaft gegeben hätte, wenn das Wohnheim-Zimmer größer gewesen wäre. Günter Kitz jedenfalls denkt gerne daran zurück: „Es war eine harte, aber auch eine schöne Zeit“, sagt der Brüggener. (opm)

Foto: Kreishandwerkerschaft