Vom Eck her: Das teuerste Ekel-Kabinett der Stadt – Viersens stilles Örtchen schreit zum Himmel

Es gibt Dinge im Leben, die macht keiner gerne. Steuererklärung. Zahnarzt. Oder in Viersen: der Gang in die öffentliche Toilette an der Hauptstraße. Ja, genau die. Für alle sichtbar und für wenige nutzbar. „Öffentlich“ klingt ja so einladend – aber wat einen da drin erwartet, is weniger Service, eher Straflager light.
Das Vierscher Versehen – Glosse von Jupp van’t Eck

Viersen – Fangen wir mit dem Preis an: 50 Cent. Ein halber Euro. Klingt nach nix. Is ungefähr so viel wie ’ne Tüte Ketchup beim Schnellimbiss. Aber: für den Preis erwarte ich doch mindestens, dat ich am Ende mit trockenen Schuhen wieder rauskomm. Stattdessen hat man den Eindruck, man betritt eine Tropfsteinhöhle in der Regenzeit.

Innen drin … jo, wie beschreibt man dat? Stellen Sie sich ein Festival-WC am Sonntagmorgen vor. Multiplizieren Sie das mit zwei. Und dann ziehen Sie die Musik ab. Das ist ungefähr der Duftcocktail, der einem entgegenschlägt. Ich sach nur: Wenn Engel wirklich im Himmel Harfe spielen, dann halten die sich ganz sicher die Nase zu, sobald in Viersen jemand die Hauptstraßentoilette betritt.

Toilettenpapier liegt kreuz und quer rum – man könnte fast denken, hier hat jemand versucht, Karneval zu feiern. Leider ohne Kamelle, dafür mit benutzten Taschentüchern als Deko. Der Boden ist so dreckig, als wär er beim XXL-Burger-Wettessen gescheitert. So was nennt man dann wohl Überfüllungsgrad 300 Prozent.

Und jetzt mal Hand aufs Herz: Wer sich da reintraut, der verdient eigentlich ’ne Medaille von der Stadt. Mutig wie ein Feuerwehrmann, entschlossen wie ein Marathonläufer. Aber anstatt Orden gibt’s nur den halben Euro weniger im Portemonnaie – und als Souvenir vielleicht noch ’ne Erinnerung an den einzigartigen Geruch, den man auch nach dreimal Duschen nicht mehr los wird.

Liebe Stadt Viersen, wenn ihr schon Geld nehmt, dann bitte: liefert auch ab! Für 50 Cent will ich keine Mutprobe, sondern ’ne Toilette, die ihren Namen verdient. Mit sauberem Boden, frischem Papier und vielleicht sogar einem Duft, der nicht gleich „Apokalypse“ schreit.

Weil sonst, mal ganz ehrlich: Wer zahlt freiwillig Eintritt für Ekel? Die Leute gehen doch dann lieber hinter das Stadthaus oder an den nächsten Baum im Casinogarten. Kostet nix, riecht frischer und wahrscheinlich is die Umweltbilanz auch besser.

Und jetzt mal Butter bei die Fische: Die Stadt wirbt ständig mit „Kauf lokal“ und „Erlebnis Innenstadt“. Aber wie soll dat Erlebnis denn aussehen, wenn der dringendste menschliche Bedarf zum Horrortrip wird? Wer in Viersen shoppen geht, braucht keine Boutiquenberatung, sondern ’ne Survival-Ausrüstung, falls er mal „muss“.

Mein Vorschlag: Macht aus der Hauptstraßentoilette ein echtes Schmuckstück. Mit Reinigung, die öfter stattfindet als der Dölker Schöppenmarkt. Mit einem Duftspender, der nicht schon im Zeitalter der Dinosaurier den Geist aufgegeben hat. Und vielleicht sogar mit ’nem Lächeln im Design, dat einem signalisiert: „Hier bist du willkommen.“

Weil, Hand aufs Herz: Eine Stadt zeigt ihr wahres Gesicht nicht nur bei Festhallen-Eröffnungen oder Sonntagsreden. Sie zeigt es da, wo es stinkt. Und wenn es da nicht stimmt, dann nutzt auch das schönste Marketing nix. Wenn dat so bleibt, dann wär’s ehrlicher an der Tür einfach ’n Schild aufzuhängen: ‚Achtung, hier verlieren Sie nicht nur 50 Cent, sondern auch die Lust auf Innenstadt!“

Also, liebe Stadt: Macht wat draus. Sonst wird die Hauptstraßentoilette noch zum offiziellen Testgelände für Touristen, die wissen wollen, wie ekelig eine Stadt wirklich sein kann.

Euer
Jupp van’t Eck
(Der jetzt erstmal mit nem Eimer Desinfektionsmittel duschen geht …)

Foto: Rheinischer Spiegel