Dülkens lebendige Geschichte … Straßen und Plätze erzählen
Von RS-Redakteurin Sabrina Köhler
Dülken – Zwischen alten Gassen und modernen Passanten, zwischen Marktgeschehen und Erinnerungen an die Geldgeschäfte längst vergangener Zeiten zieht sich die Börsenstraße durch das Herz der Stadt. Einst pulsierte hier das geschäftliche Leben Dülkens, das im Spätmittelalter ein kleines, aber bedeutendes Finanzzentrum des Jülicher Landes darstellte.
Die Börsenstraße, die sich vom Alten Markt bis zum Westwall erstreckt, wurde nach der Gaststätte „Zur Börse“ benannt – ein Ort, an dem nicht nur Bier und Geschichten, sondern auch Geschäfte und Geld den Besitzer wechselten. Diese Gaststätte, die in den 1840er Jahren in den historischen Akten erschien, am Hühnermarkt 2, heute ein unscheinbares Haus, das jedoch einst als gesellschaftlicher Dreh- und Angelpunkt diente. Hier tauschten Bauern und Bürger nach dem Kirchgang ihre Waren und Münzen, ein Brauch, der noch die alte Tradition eines nachbarschaftlichen Handels wiederspiegelt.
Der Verlauf der Börsenstraße ist ein lebendiges Geschichtsbuch der Stadt. Die heutige Straße vereint gleich mehrere historische Gassen, wie ein Blick auf die Stadtkarte von 1825 verrät. Im Osten, vom Alten Markt bis zur Langen Straße, grenzen das Stömpesgäßchen und das Stürbersgäßchen an, während sich nach Westen hin der Hühnermarkt ausbreitete. Dieser zentrale Platz war durchzogen von kleinen Verbindungswegen: das Bühlegäßchen führte zum Hauptportal der St.-Cornelius-Kirche, das Clemensgäßchen zur Langen Straße, und weitere namenlose Pfade verbinden die Gegend mit der Blauensteinstraße.
Der westliche Teil der Börsenstraße hingegen – zwischen Langer Straße und Westwall – war bekannt als Keßels- oder Heistergasse und rundete das historische Bild ab. Diese „Kleingassenstruktur“ ist heute teils verschwunden, teils noch sichtbar, ihre Bezeichnungen und Geschichten leben weiter.
Dass die Straße ihren Namen „Börsenstraße“ trägt, ist nicht zufällig. Bereits zwischen 1328 und 1423 wurden in Dülken Münzen des Jülicher Landes geprägt – eine Erinnerung an die Blütezeit eines frühen Finanzzentrums. Der jeweilige Landesherr ließ hier sogar ein sogenanntes Lombardenhaus errichten, das als städtisches Bankhaus für Geldgeschäfte zuständig war. Diese Institution spielte eine zentrale Rolle, insbesondere da in der Region Lombardei ein italienisches Volk den Geldhandel maßgeblich beeinflusste und prägte.
Heute erinnert die Börsenstraße, die früher im Volksmund auch Härtschesgäßchen genannt wurde, an die wirtschaftliche Lebendigkeit vergangener Jahrhunderte, in der Bauern und Kaufleute sonntags nach der Messe ihre Geschäfte in den nahegelegenen Wirtschaften tätigten. Die „Wirtschaft zur Börse“, heute leider verschwunden, war dabei Symbol für diese Austausch- und Handelstradition – und ist als Namensgeberin der Straße zugleich Bewahrerin dieser besonderen Zeit. (sk)