Wenn Profit über Recht steht: Baustopp im Elmpter Grenzwald ignoriert

Mitten in der Brutzeit, zwischen Gesang und Nestbau der selten gewordenen Waldvögel, dröhnen im Elmpter Grenzwald Baggerketten und Presslufthämmer.
Von RS-Redakteurin Sabrina Köhler

Niederkrüchten-Elmpt – Ein Gerichtsbeschluss des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster vom 28. April 2025 hat einen sofortigen Baustopp für das umstrittene Industrieprojekt des kanadischen Kapitalfonds Troy verhängt – doch auf der Baustelle rollen weiterhin die Maschinen. Tag für Tag. Auch am Wochenende. Schweres Gerät zerlegt Natur – entgegen geltendem Recht. Und die Behörden? Schweigen. Oder sprechen von ruhenden Baggern, während das Gegenteil dokumentiert wird.

Was sich in der niederrheinischen Gemeinde Niederkrüchten derzeit abspielt, liest sich wie ein Krimi um Macht, Geld und Naturzerstörung. Auf einem 200 Hektar großen Gelände – überwiegend bewaldet und nach europäischem Recht als faktisches Vogelschutzgebiet eingestuft – soll ein Industriegebiet mit nur kleinem Gewerbeanteil entstehen. Das Vorhaben würde 50 Hektar Wald vernichten, neue Verkehrsachsen nötig machen und gefährdete Arten aus ihrem angestammten Lebensraum vertreiben.

„Aus diesem Grunde und da die Gemeinde bereits vor dem Beginn der Bauleitplanung an der Öffentlichkeit vorbei einen „Geheimvertrag“ mit dem Investor abgeschlossen hatte, ist es mehr als zweifelhaft, ob bei diesem Projekt die öffentlichen Interessen oder die Interessen eines Geldanlegers Vorrang haben. Deshalb haben verschiedene Träger öffentlicher Belange von Anfang an ihre Zweifel an dem Vorhaben geäußert und letztendlich im vergangenen Jahre eine Klage eingereicht“, schreibt die LNU in einer aktuellen Pressemitteilung,

Die Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt NRW (LNU) erhebt nun schwere Vorwürfe: Ein klarer Gerichtsbeschluss werde ignoriert, artenschutzrechtliche Vorgaben umgangen, behördliche Genehmigungen seien entweder nicht nachvollziehbar oder rechtlich gar nicht haltbar. Selbst eine ökologische Baubegleitung könne die laufenden Eingriffe nicht legitimieren – besonders nicht in einem faktischen Vogelschutzgebiet während der Brutzeit.

„Es ist ein Skandal“, so Almut Grytzmann-Meister, Vorsitzende des BUND für Stadt und Kreis Viersen. „Wir sind empört darüber, wie vor Ort mit dem Gerichtsbeschluss des OVG umgegangen wird. Es ist für uns nicht nachvollziehbar, wie man für ein wirtschaftliches Vorhaben die Zerstörung der Natur in Kauf nimmt.“

„Besonders gravierend sind die gegenwärtigen Arbeiten, weil sie in der Brutzeit und damit für die geschützten Arten des faktischen Vogelschutzgebietes empfindlichsten Zeitperiode stattfinden. Es lässt sich daher nicht ausschließen, dass durch die weiterbetriebenen Arbeiten Brut- und Nistplätze und Lebensräume unwiderruflich vernichtet oder massiv beeinträchtigt werden. Die LNU erwartet in Niederkrüchten einen sofortigen Baustopp und von den verantwortlichen Behörden eine Aufklärung, wieso diese gegen die Fortsetzung der untersagten Arbeiten bisher nicht eingeschritten sind“, so die LNU-Information. Die LNU hat nun dem zuständigen Bauamt des Kreises Viersen ein Ultimatum gesetzt: Innerhalb von 24 Stunden sollen alle Genehmigungen für laufende Arbeiten widerrufen und die Baustelle stillgelegt werden. Geschieht das nicht, werde erneut das Verwaltungsgericht angerufen. (sk)

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