Wie man sich eine goldene Nase verdient – Corona-Schnelltests

Die „kostenlosen“ Corona-Schnelltests werden vom Staat mit 15 Euro bezahlt. Kein schlechter Stundenlohn für unter 5 Minuten reine Arbeitszeit – und zwar inklusive Namenserfassung und Ausdruck. Die Materialkosten werden zusätzlich erstattet.
Von RS-Redakteur Georg Grohs

Wirtschaft/#Corona – Eine Klarstellung vorweg: Schnelltests sind extrem nützlich für die Früherkennung von Infektionsgeschehen. Auch symptomlose Menschen können Corona verbreiten und man braucht ein schnelles Nachweisverfahren. Bis hin zur Unterscheidung zwischen normalem Schnupfen und Corona. Und ein Schnelltest ist etwas völlig anderes als ein PCR Test, für den man wirklich extrem aufwändige Geräte sowie absolute Profis im Labor benötigt.

Nicht umsonst schießen überall gerade Testzentren aus dem Boden. Vom Land NRW gibt es schon mal 1.000 EUR pro Monat Zuschuss für den Betrieb eines Testzentrums. Man braucht jetzt nur noch etwas „geschultes Personal“, einen Laptop, einen Drucker und schon klingelt die Kasse. Das „geschulte Personal“ macht den Nasenabstrich, tunkt die Reagenzen und tippt den Namen aufs Formular. Mehr nicht. Das ist kein Hexenwerk. Aber verdammt gut mit Steuergeldern bezahlt. Jetzt hat der geneigte Leser einen Eindruck, was in den privaten Testzentren und Apotheken verdient wird. Ca. 15 Euro brutto Gewinn pro Stück, wenn man sich einen Arzt mit an Bord geholt hat. Sonst 12 Euro. Die Kits selbst werden erstattet bis 6 Euro tatsächliche Sachkosten – der normale Marktpreis für zugelassene Testkits liegt übrigens unter 3 Euro für chinesische Fabrikate, europäische um 4 Euro. Lohnt sich bei 100 Tests am Tag ziemlich gut. Wer ein größeres Testzentrum oder einen Drive-In betreibt, hat schnell ein Häuschen zusammen. Nicht umsonst gibt es schon Franchisesysteme und selbst Bordelle werden zu Testzentren umgewidmet. Ein Schnelltest am Flughafen kann / konnte bis über 50 Euro kosten – nicht vergessen, Einkaufspreis unter 3 bis so 4 Euro.

Der einzige Unterschied zu den alten Tests mit Abstrich im hinteren Rachenraum (dafür brauchte man wirklich Fachpersonal) ist die Menge an Nachweischemie für das Antigen. Die Hersteller haben einfach die Menge an Nachweisreagenzen erhöht. Jetzt reicht auch eine niedrigere Konzentration an Antigenen im Nasenraum, weil die Tests durch mehr passende Chemie empfindlicher geworden sind.

Wo ist denn der Unterschied zwischen Schnelltest und Selbsttest – was bspw. die Apothekenvertreter so gerne betonen? Es gibt keinen. Gleiche Funktionsweise, gleiches Verfahren, gleicher Testträger, gleiches Kunststoffgehäuse von den jeweiligen Herstellern. Unterschiede gibt es von Hersteller zu Hersteller. Mal etwas genauer, mal andere Gehäusefarbe, mal anderer Aufdruck. Mal China, mal Europa, mal Deutschland zu unterschiedlichen Preisen. Nochmals: zugelassene Chinatests kosten unter 3 Euro, europäische um 4 Euro. Man braucht nicht einmal große Mengen kaufen, obwohl es dann noch günstiger wird. Die Selbsttests bei den Discountern liegen um 5 Euro pro Stück. Da ist auch nichts anderes drin. Den Unterschied macht das „geschulte Personal“ zu 15, respektive 12 Euro für ein paar Minütchen Arbeit.

Die einzelnen Teile des Tests sind Cent-Artikel. Das Kunststoffgehäuse ist Spritzguss aus Massenproduktion. Der Träger (das weiße Streifchen im Kunststoffgehäuse) ist ein Standardbauteil, Massenproduktion. Auf den Träger kann man genau so gut einen Grippetest oder Schwangerschaftstest aufbringen. Die Nachweischemie für Corona Antigene ist auch kein wirklicher Kostenfaktor mehr. Diese war früher knapp – daher auch die alten Rachenputzer Tests. Wer eigene Tests für bspw. die Hintertupfinger Hamstergrippe entwickeln möchte, kann sich das Trägermaterial blanco im Web bestellen. Mit Handelsspanne und allem drum und dran 50 Stück für um die 10 Euro, inklusive Porto – Endverbraucherpreis. Dann braucht man nur noch steril die passende Chemie, ein Plastikgehäuse, einen Wattetupfer und ein Kunststoffröhrchen. Der Rest ist absolutes Standardverfahren. Oh, nicht zu vergessen eine schöne Verpackung und etwas Show mit dramatischem Einmaloverall und kompetent gucken.

Foto: Rheinischer Spiegel

Wie funktioniert überhaupt so ein Corona Schnelltest und was ist da drin?

Bei den SARS-COV-2 Schnelltests handelt es sich genau wie bei dem Antikörpertest der eine vorhandene Immunität gegen das SARS-COV-2 anzeigt um einen Lateral-Flow-Test. Hierbei handelt es sich um eine sehr weit verbreitete biochemische Methode zum qualitativen Nachweis von Stoffen mit Hilfe von üblicherweise monoklonalen Antikörpern auf die nachzuweisende Substanz.
Der Lateral Flow Test ist eine Kombination aus einer Dünnschichtchromatographie, einer Methode zur Abtrennung von unerwünschter Nebenkomponenten und einer Immunfärbung.
Im Vergleich zu anderen Immunassays benötigen sie keine Geräte, typische Lateral Flow Tests in Form von Teststreifen sind Schwangerschaftsteststreifen, SARS-COV-2 Schnelltest, SARS-COV-2 Antikörper-Test, Drogenteststreifen oder Allergenschnelltests.

Prinzip
1. Die vorgegebene Menge flüssige Probe mit dem nachzuweisenden Stoff wird auf den Probenbereich aufgebracht.
2. Die Probeflüssigkeit wandert von hier auf Grund von Kapillarkräften vom Startbereich zur Nachweiszone. In der Nachweiszone befindet sich getrocknetes Immunkonjugat mit Salzen und Kohlenhydraten.
3. Die Flüssigkeit löst das Immunkonjugat und das kann jetzt an die nachzuweisenden Moleküle (das Antigen) in der Probe binden, sofern vorhanden.
4. Die Flüssigkeit wandert weiter in den Kapillarbereich wo im Bereich der Nachweisstreifen ein Antikörper immobilisiert wurde.
5. Der Antikörper bindet an einer anderen Stelle auf der Oberfläche des nachzuweisenden Moleküls und reichert es in diesem an.
6. Durch die Anreicherung des nachzuweisenden Moleküls entsteht anhand des gebundenen Immunkonjugats abhängig vom Immunkonjugat eine Färbung.
7. Der obere Kontrollstreifen weist den durchgewanderten Antikörper nach und zeigt, dass der Test funktionsfähig ist.
8. Der untere Kontrollstreifen zeigt als positives Ergebnis SARS-COV-2 Fragmente beim SARS-COV-2 Schnelltest oder igG/igM Antikörper gegen SARS-COV-2 beim SARS-COV-2 Antikörpertest an.

Ok, nach der wissenschaftlichen Abhandlung zurück zu Geld und Politik. Wir hatten seit geraumer Zeit genügend Tests. Sie waren bis ungefähr November / Dezember noch etwas teurer, ab ca. 4 EUR pro Stück für zugelassene Tests – die alten Rachenputzer Tests. Als Aldi mit der neuen Werbung Anfang März die Selbsttests überall verfügbar machte, kündigte Spahn übers Wochenende hektisch die „kostenlosen“ Tests für jedermann an. Zuvor hatten sich diverse Gestalten noch viel skrupelloser bedient als mit 15, respektive ohne Arzt 12 EUR pro Stück vom Staat. An diversen Stellen wurde von Privatleuten 30, 40, 50 EUR für Schnelltests verlangt (und bezahlt), die im Einkauf ein Zehntel kosteten. Aldi und die anderen Discounter haben dort kräftig die Luft rausgelassen und die Gesundheitslobby sowie Geschäftemacher vor sich hergetrieben.

Es bleibt ein sehr, sehr unangenehmer Beigeschmack, was dort gelaufen ist und jetzt noch läuft. 15 EUR Bruttogewinn für unter 5 Minuten Arbeit und das staatlich garantiert tausendfach, millionenfach jede Woche… Ein Zehner wäre vielleicht noch fair. Zumal es ja noch die Maskenaffären mit weit über einer Milliarde Schaden durch nicht nachvollziehbare Preise gibt. Dort sind noch zig Klagen zusätzlich anhängig. Selbst der Sohn von Helmut Kohl verklagt mittlerweile Spahn in Millionenhöhe. Und mittlerweile ist übelste Vetternwirtschaft bekannt geworden. Der Rheinische Spiegel hatte hier übrigens mit als erstes Medium über die wahnwitzigen Maskenpreise und irren Gewinnspannen berichtet. Viele andere Medien zogen nach: Tagesschau. (gg)

Quelle: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/C/Coronavirus/Verordnungen/Corona-TestV_Maerz2021.pdf