Hoch hinaus – und doch erlaubt? BGH fällt Grundsatzurteil zu Heckenhöhen

Nachbarschaftsstreitigkeiten haben viele Gesichter, doch kaum ein Thema erhitzt die Gemüter so sehr wie der Grenzverlauf und das, was darauf wächst. Vor allem hohe Hecken sorgen immer wieder für Unmut – insbesondere dann, wenn sie Sonnenlicht nehmen und Ernteverluste verursachen. Eine aktuelle Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) sorgt nun für Klarheit in dieser heiklen Thematik und könnte weitreichende Folgen für Grundstückseigentümer haben.
Von RS-Redakteurin Sabrina Köhler

Magazin – Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand eine bis zu sieben Meter hohe Bambushecke in Hessen. Obwohl die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzabstände eingehalten wurden, forderte ein Nachbar den Rückschnitt auf maximal drei Meter Höhe. Sein Argument: Der Bambus wirft Schatten und beeinträchtigt sein Grundstück. Während das Landgericht Frankfurt am Main ihm zunächst Recht gab, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt in der Berufung zugunsten des Eigentümers der Hecke. Die Klage landete schließlich vor dem BGH, der nun eine wegweisende Entscheidung traf.

Die Karlsruher Richter stellten klar: Eine allgemeingültige Höhenbegrenzung für Hecken gibt es im Landesnachbarrecht nicht. Entscheidend sei allein, ob der gesetzlich festgelegte Mindestabstand zur Grundstücksgrenze eingehalten wurde. Für Hessen bedeutet das konkret: Bei einer Hecke mit einer Wuchshöhe von mehr als zwei Metern muss ein Abstand von mindestens 0,75 Metern zur Grenze bestehen. Bemerkenswert ist dabei die Definition des Begriffs „Hecke“. Laut BGH kommt es nicht darauf an, ob eine Pflanze botanisch als Gehölz gilt, sondern ob sie eine Sichtschutz- und Abgrenzungsfunktion erfüllt. Somit fällt auch Bambus unter diese Regelung.

Ein weiterer Aspekt des Urteils betrifft die Höhenmessung. Maßgeblich ist dabei das Bodenniveau des Grundstücks auf dem die Hecke wächst – nicht das des tiefer gelegenen Nachbargrundstücks. Eine Ausnahme besteht nur, wenn der Boden künstlich aufgeschüttet wurde.

Das Urteil bringt Klarheit für Grundstückseigentümer: Solange die vorgeschriebenen Abstände eingehalten werden, gibt es keine Begrenzung der Heckenhöhe – auch wenn sie den Nachbarn stört oder Schatten wirft. Anders sieht es aus, wenn die Abstandsvorgaben nicht erfüllt sind. In diesem Fall kann der betroffene Nachbar auf einen Rückschnitt bestehen, unabhängig von der Höhe der Pflanze.

Dieses Urteil (V ZR 185/23) verdeutlicht, dass es keine pauschale Höhenbegrenzung für Hecken gibt und die spezifischen Gegebenheiten des jeweiligen Grundstücks berücksichtigt werden müssen. Es betont die Notwendigkeit, individuelle Lösungen im nachbarschaftlichen Miteinander zu finden und dabei sowohl die Interessen des Eigentümers als auch die des Nachbarn angemessen zu berücksichtigen.

Almut Grytzmann-Meister, Vorsitzende des BUND Stadt und Kreis Viersen, unterstreicht: „Wir hatten als BUND in Viersen und im Kreis Viersen in den letzten Jahren des Öfteren Anfragen von Bürgern die wissen wollten was sie tun können, damit ihre Hecke, die von Nachbarn als störend empfunden wurde, nicht zurückschneiden oder gar entfernen müssen. Oft wurde dabei das sogenannte Nachbarschaftsgesetz bemüht, um diese Forderungen durchzusetzen. Naturschützerische Gründe wurden außer Acht gelassen. Auch unsere Behörden haben in solchen Fällen meist dementsprechend – zum Nachteil einer solchen Hecke – gehandelt. Diese neue Rechtsprechung nimmt eindeutig zugunsten des Naturschutzes Stellung.“ (sk)

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