Viersener Tanzlehrer zog Berufung zurück

Michael B. zog am Montagmorgen seine Berufung überraschend zurück, nachdem die Kammer Unverständnis geäußert hatte. Der ehemalige Tanzlehrer aus Viersen wollte mit der Berufung den Haftantritt „verschieben“ und hätte damit die Geschädigte der Qual der Erinnerung ausgesetzt.
Von RS-Redakteurin Nadja Becker

Viersen/Mönchengladbach – Zu einer recht skurrilen Berufungsanhörung kam es am Montagmorgen im Fall Tanzlehrer Michael B. dem Landgericht Mönchengladbach.

Der Angeklagte wurde vom Amtsgericht Mönchengladbach im vergangenen Mai wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen sowie wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 36 Fällen sowie wegen Besitzes kinderpornographischer Inhalte in Tateinheit mit Besitzes jugendpornographischer Inhalte verurteilt. Das verhältnismäßig eher gering ausfallende Strafmaß war in der damaligen Verkündung laut Richter gerechtfertigt, da sich der Beschuldigte weitgehend geständig auf die Vorwürfe eingelassen habe, nicht vorbestraft sei, sich seit der letztbekannten Tat straffrei geführt und für einen Täter-Opfer-Ausgleich bereit erklärt habe. 

Mit der Anklageschrift wurden im Frühjahr 2022 weitere Details bekannt gegeben. So habe der 38-jährige Michael B. in der Zeit der Sommerferien 2016 eine Schülerin zunächst geküsst und dann zu gegenseitigen sexuellen Handlungen aufgefordert. Er habe diese auch mit dem im August 2003 geborenen Mädchen durchgeführt. In der Folge forderte er sie mehrfach auf sich bei Handlungen an sich selbst beim Petting zu filmen und gab hierzu „Regieanweisungen“. Ebenso schrieb er ihr, was er gerne mit ihr tun würde. Solche Nachfragen habe er zudem bei weiteren Schülerinnen per Messenger gestellt, darunter zwischen Juni 2017 und Sommer 2018 bei einer im August 2004 geborenen Schülerin. Die Ermittler fanden auf seinem Handy Aufforderungen Sexbilder zu übersenden. Auf diese Aufforderungen hin schickten die dreizehn bis fünfzehn Jahre alten Mädchen Nacktfotos oder von ihm verlangte Videos sexueller Handlungen. 

Den angebotenen Täter-Opfer-Ausgleich hatten die Geschädigten abgelehnt, weshalb hierdurch eine Strafminderung verhindert würde, so der Verteidiger. Zudem beantragte er, dass das Strafmaß lediglich auf eine Tat und damit nur eine Geschädigte beschränkt werden müsse, da die Fähigkeit der sexuellen Selbstbestimmung der zu diesem Zeitpunkt 14-Jährigen nicht gesichert seien. Das Gericht selbst konnte diesen Ausführungen nicht folgen. Habe er doch auf „perfide Art und Weise“ die Handlungen innerhalb der Tanzschule geplant, indem er Belohnungen und Bestrafungen gezielt vorgenommen habe. Eine große Aussicht auf Erfolg der Berufung sah das Gericht nicht, zudem sei eine Neuaufnahme eine enorme Belastung für die Geschädigten.

Nach einer eingehenden Beratung dann „der Hammer“, denn der Viersener Tanzlehrer wollte mit der Berufung eine Verschiebung des Haftantritts auf 2023 erreichen – um mit seiner Familie die kommenden Feiertage begehen zu können. Bei der Kammer stieß diese Aussage auf Unverständnis, die auf den Sinn von Weihnachten verwies – während die Geschädigte das Erlebte nochmals im Zeugenstand hätte ertragen müssen. Michael B. zog nach einer weiteren Beratung die Berufung zurück, womit das Urteil rechtskräftig wurde. (nb)

Foto: Rheinischer Spiegel