Wickrather Heimat- und Verkehrsverein präsentiert Hirtengeschichten

„Ein Pastor, der Milch gibt“, „Teufelsaustreibung in Wanlo“, „Ein Oberpfarrer, der durchs Fenster klettern muss“ und „Skandal um das Götzenbild des Pastors“ – dies sind nur einige der merkwürdigen Begebenheiten, auf die man in der diesjährigen Buchveröffentlichung des Wickrather Heimat- und Verkehrsvereins trifft.

Wickrath – Vorstandsmitglied Uli Schröders porträtiert in seinen „Hirtengeschichten“ alle hiesigen Geistlichen vom 16. Jahrhundert bis in die jüngere Gegenwart mit Frau Pfarrerin Gommel-Packbier (W’berg), Pfr. Röring (Wickrath), Pfr. Schuck (Wanlo) und Pfr. Jansen (W’hahn). Außer den zentralen biographischen Angaben wird auch das Wirken der vielen Seelsorger (und leider nur wenigen Seelsorgerinnen) in ihren Gemeinden vor dem Hintergrund ihrer Zeit beleuchtet. Zahlreiche Anekdoten und Fotos lassen die Persönlichkeiten hinter den Namen, die der Öffentlichkeit oft nur noch auf Straßenschildern präsent sind, deutlich hervortreten, z.B. Bach(h)oven, Eilbracht, Husmann, Dr. Lohmann, Lüderitz, Prälat Esser.

In 18 Monaten intensiver Recherchearbeit wurde manches Geheimnis gelüftet. So enthüllte etwa ein vertraulicher Brief im Historischen Archiv des Erzbistums Köln, warum der aufstrebende Bischöfliche Kaplan und Kanzleidirigent Dr. Georg Hütten 1908 hart von der Karriereleiter plumpste und als Dorfpfarrer nach Wanlo abgeschoben wurde. Spannend sind auch Schilderungen aus der Endphase des Zweiten Weltkriegs: ein Augenzeugenbericht von den letzten Momenten im Leben des Wickrather Oberpfarrers Dr. Lohmann, der unter der zerbombten Kirche verschüttet wurde, und die hilfreichen Fremdsprachenkenntnisse des Prälaten Esser bei der Zwangsevakuierung der Wickrathhahner Einwohnerschaft. Ein Exkurs widmet sich Rudolf Demant, dem letzten Lehrer und faktischen Leiter der jüdischen Gemeinde Wickrathberg. In einem bisher unbekannten Brief an die Gedenkstätte Yad Vashem schildert er in bewegenden Worten, wie seine Frau und er mit viel Glück und Gottvertrauen den Holocaust überlebten.

Das Buch geht dabei aber über eine bloße Ansammlung von Biografien hinaus. Es lädt die Leser ein, mit durch die Jahrhunderte zu reisen – von den konfessionellen Zänkereien zwischen evangelischen Landesherren und katholischen Kreuzherren über die Bedrängnisse der Franzosen- und NS-Zeit bis hin zu den Herausforderungen moderner Gemeindearbeit. Dabei zeigt sich, dass für Geistliche neben einem Theologiestudium eigentlich auch ein Abschluss in Bauwesen erforderlich wäre (so einst Pfarrerin Anke Dittrich). Mit dem Buch ist aber nicht nur ein Rückblick, sondern auch ein Impuls für die Gegenwart und Zukunft intendiert, in der die Zahl der Gläubigen und der „Hirten“ wohl weiter schrumpfen wird. Zahlreiche Infokästchen helfen beim Verständnis von Fachbegriffen aus dem gefürchteten „Kirchenchinesisch“, ein abschließender Zeitstrahl stellt die Amtszeiten der Pfarrer(innen) übersichtlich dar.

Der besondere Dank des Autors gilt den vielen Unterstützern aus den Gemeinden, dem Geschichtskreis und dem Stadtarchiv, die mit mündlichen Informationen, Anekdoten, Archivalien und Fotos zum Gelingen des Projektes beigetragen haben. Ohne dieses lokale Schwarmwissen wäre das Buch in dieser Form nicht möglich gewesen.

Hirtengeschichten. Wickrath, Wickrathberg, Wanlo, Wickrathhahn und ihre Geistlichen. 178 Seiten, Hardcover, Buntdruck. Preis: 20,- €

Bestellungen unter: shop@heimatverein-wickrath.de  oder Tel. 0177 / 1 41 06 41 (opm)

Foto: Wickrather Heimat- und Verkehrsverein