Die Superstars im Frauenfußball

Deutschland fliegt in der Gruppenrunde raus. Brasilien kommt ebenfalls nicht weiter. Der amtierende Weltmeister USA schafft es nur in die Runde der letzten 16. Frankreich unterliegt im Viertelfinale gegen Australien. Selten hat eine Frauenfußball-Weltmeisterschaft so viele Überraschungen gebracht wie die WM 2023 in Australien und Neuseeland.

Sport – Bei den Wetttipps war die US-amerikanische Mannschaft vor den ersten Begegnungen eine der klar favorisierten Nationalmannschaften – nicht mal Experten und Buchmacher von Sportwetten hatten das frühe Ausscheiden der amerikanischen Damen auf dem Schirm. Die Kapitänin der US-Mannschaft, Megan Rapinoe, hatte nach zwei gewonnenen Titeln schon vorab ihren geplanten Rückzug aus dem aktiven Sport angekündigt. Die 38 Jahre alte Kalifornierin, die als erste Fußballerin der Welt bei den Olympischen Spielen eine Ecke direkt in ein Tor verwandelte, stand lange Zeit mit an der Spitze der weltbesten Kickerinnen. In diesem Jahr wurde sie von Experten nicht einmal mehr unter den Top 25 geführt.

Deutschland hingegen war gleich mit drei Stars vertreten, die den Fans berechtigte Hoffnung auf einen Finalplatz machten. Die Bundesrepublik ist nicht umsonst die Nummer 2 auf der ewigen WM-Tabelle des seit 1991 ausgetragenen Wettbewerbs. Nur die USA haben mehr Punkte. Doch auch Deutschlands 28 Jahre alte Torhüterin Merle Frohms, die im Auftaktspiel gegen Marokko noch jeden Schuss gehalten hatte, konnte diese Form nicht beibehalten.

Frohms erst 21 Jahre alte Mannschaftskollegin beim VfL Wolfsburg, Lena Oberdorf, gilt ebenfalls als eine der besten Fußballerinnen. Doch auch sie wurde den Erwartungen nicht gerecht. Selbst Deutschlands Superstar, Alexandra Popp, vom VfL Wolfsburg, konnte mit 4 Toren in 3 Spielen den Kader von Martina Voss-Tecklenburg nicht retten.

Foto: Manfred Loell/Pixabay

Die USA waren ebenfalls gut bei den Top 25 vertreten. Sie hatten unter anderem die erst 22 Jahre alte Stürmerin Sophia Smith, die im vergangenen Jahr als jüngste Kickerin in der Geschichte zur wertvollsten Spielerin in der amerikanischen Frauenfußballliga NSWL gekürt wurde. Die 34 Jahre alte Amerikanerin Alex Morgan, die erst 2022 ihren ersten Goldenen Schuh in der NSWL geholt hatte, konnte genau wie Rose Lavelle und Naomi Girma ebenfalls das Ausscheiden nicht verhindern.

Auch Frankreich hatte mehrere Spielerinnen auf der Liste der Top 25. Die vierfache Champions-League-Siegerin Selma Bacha, die nationale Goldener-Schuh-Gewinnerin Kadidiatou Diani und die vielseitige Grace Geyoro gehören zu den zuverlässigsten Kickerinnen der Welt.

Gastgeber Australien hatte vor der WM eine einzige Spielerin auf der Bestenliste. Spätestens mit ihrem Sieg gegen Frankreich steht aber nicht nur Sam Kerr im Blickfeld der Fußballwelt.

Doch bei allen Überraschungen sind auch ein paar Dauerfavoriten im Turnier geblieben. Für Spanien war die WM vor allem für die lange verletzte Starkickerin Alexia Putellas eine Feuerprobe. Ihre Teamkolleginnen beim FC Barcelona, Irene Paredes, Mapi Leon, Aitana Bonmati, Ona Batlle und Patri Guijarro, werden ebenfalls als einige der weltbesten Fußballerinnen gefeiert.

Vor der WM stand für England nur Keira Walsh auf der Liste der besten 25 Kickerinnen. Die Nationalspielerin wechselte 2022 für eine Ablöse in Höhe von 460.000 Euro von Manchester City zum FC Barcelona. Was im Profifußball bei den Männern eine verschwindend geringe Summe wäre, stellt bei den Frauen einen Weltrekord auf.

Die kickenden Frauen weltweit setzen sich seit langem für faire Bezahlung ein. So wie die Lage derzeit ist, verdienen selbst unter den Nationalspielerinnen nur wenige Athletinnen genug, um ohne Nebenjobs oder Werbe- und Sponsorenverträge über die Runden zu kommen. Zwar werden die Gehälter nicht offengelegt, aber Deutschlands Kapitänin Alexandra Popp soll Spekulationen zufolge ein Jahresgehalt von nur 40.000 Euro erhalten.

Das Ergebnis sind Mannschaften, die hinter ihren Möglichkeiten zurückbleiben, weil sie ihren Fokus nicht komplett auf den Fußball ausrichten können.

Dabei hatte sich der Deutsche Fußballbund überhaupt lange schwer getan mit dem Gedanken an Frauen auf dem Rasen. 1955 erließ er ein Verbot für DFB-Vereine, was Frauenmannschaften betraf. Erst 1970 wurde diese Entscheidung widerwillig zurückgenommen. Dabei hatten fußballernde Frauen international längst gezeigt, zu welchem Ballzauber sie fähig waren und sind.

Als echte Pionierin gilt der erste Star bei den Frauen. Bereits vor mehr als 100 Jahren begeisterte Lily Parr die Fans als beste Spielerin des Dick-Kerr-Damenteams. 1920 zog es 53.000 Zuschauer ins Goodison-Stadium, um Parrs Mannschaft zuzujubeln. Dieser Zuschauerrekord für ein einheimisches Vereinsspiel hat bis 2023 Bestand. Im Laufe ihrer 31-jährigen Karriere bei Dick Kerr schoss die Stürmerin, die einen härteren Schuss als jeder männliche Fußballer zu ihrer Zeit gehabt haben soll, fast 1000 Tore.

Die deutschen Fußballfrauen hatten ihre Glanzzeit direkt nach der Jahrtausendwende. Fast ein Jahrzehnt lang dominierten sie die Sportszene, mit fünf Europameisterschaften und Weltmeisterschaften in Folge, von 2001 bis 2009. Unumstrittener Star dieser Jahre war die dreifache FIFA-Weltfußballerin des Jahres Birgit Prinz.

Die US-Kickerin Mia Hamm spielte 17 Jahre lang in der Nationalmannschaft. Als sie sich 2004 aus dem aktiven Sport verabschiedete, besaß sie zwei Weltmeistertitel sowie zwei olympische Goldmedaillen und war die international beste Torschützin aller Zeiten. Außerdem war sie 2001 Gründungsmitglied der ersten Frauen-Profiliga der Welt.

Gleich fünfmal in Folge wurde die Brasilianerin Marta zur Weltfußballerin des Jahres 2006, 2007, 2008, 2009 und 2010 gekürt.  Die sechste Auszeichnung erhielt sie 2018. Wie für Megan Rapinoe war auch für Marta die WM 2023 der Abschied von der Weltbühne. Auch wenn sie sich mehr erhofft hatten von ihrem letzten Weltcup: Geschichte haben beide längst geschrieben. (opm)