Am gestrigen Samstag beging der Bezirksverband Viersen-Mitte sein 100-jähriges Bestehen mit einer eindrucksvollen Jubiläumsveranstaltung.
Von RS-Redakteurin Sabrina Köhler und Martin Häming
Viersen – „Viersens Bruderschaften sind über die 100 Jahre sprichwörtlich gut marschiert – geeint in den wesentlichen Entwicklungen, ohne ihre Besonderheiten aufgeben zu müssen“, die Worte von Hans-Willi Pergens hallen nach. Ja, die Viersener Bruderschaften sind schon etwas ganz Besonderes und so standen sie auch gestern Abend fest zusammen.
Dem Empfang folgte ein feierlicher Wortgottesfeier in der Pfarrkirche St. Remigius mit dem Pfarrorchester St. Lambertus Leuth e.V. 1980, bevor sich der beeindruckende Festumzug, begleitet vom Viersener Tambour-Corps 1925 e.V., zum Kriegerdenkmal an der Freiheitsstraße in Bewegung setzte, wo eine würdevolle Kranzniederlegung sowie ein feierlicher Zapfenstreich stattfanden. Der Abend fand seinen Höhepunkt mit einer stimmungsvollen Feier im evangelischen Gemeindehaus, bei der die Band „FarbTon“ für musikalische Unterhaltung sorgte.

„Unsere Bruderschaften sind ein Zeichen der Einheit, des Friedens und der Nächstenliebe in einer oft gespaltenen Welt“, unterstrich Susanne Greven. „Lasst uns dieses Jubiläum feiern – in Dankbarkeit für das, was war, in Freude über das, was ist, und in Hoffnung auf das, was kommen wird.“
Umso wichtiger also einen Blick zurück zu werfen, denn die Geschichte des Bezirksverbandes Viersen-Mitte ist eng mit der Entwicklung der Schützenbruderschaften in der Region verwoben. Die Wurzeln der Viersener Schützen reichen bis ins 15. Jahrhundert zurück, als die ersten Bruderschaften gegründet wurden. Ursprünglich dienten sie dem Schutz der Bevölkerung, insbesondere in unruhigen Zeiten. Viersen bestand damals aus mehreren Siedlungen, den sogenannten „Frogen“, die später zu Stadtteilen zusammenwuchsen. Bereits im 17. Jahrhundert existierten in den einzelnen Sektionen verschiedene Bruderschaften, die sich der Pflege von Traditionen und dem Gemeinschaftsleben widmeten.

Der Bezirksverband Viersen-Mitte wurde schließlich im Jahr 1925 gegründet, um die verschiedenen Schützenvereinigungen unter einem Dach zu vereinen und ihnen eine gemeinsame Plattform zu bieten. Die erste Zusammenkunft erfolgte in einer Zeit großer wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Herausforderungen. Die 1920er Jahre waren von den Nachwirkungen des Ersten Weltkriegs geprägt, und dennoch fanden sich die Bruderschaften zusammen, um den Zusammenhalt zu stärken und ihre Werte weiterzugeben.
Über die Jahrzehnte hinweg wuchs der Bezirksverband kontinuierlich und erlebte Höhen und Tiefen. Während des Zweiten Weltkriegs kam das Schützenwesen weitgehend zum Erliegen, doch nach 1945 wurde es mit neuem Elan wiederbelebt. Die Nachkriegszeit war geprägt von Wiederaufbau und der Rückbesinnung auf alte Traditionen. Seitdem entwickelte sich der Bezirksverband zu einer festen Größe im kulturellen und gesellschaftlichen Leben Viersens.
Der Bezirksverband Viersen-Mitte gehört heute zu den ältesten Bezirksverbänden des Bundes der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften. Mit einem klaren Bekenntnis zu den Werten „Glaube, Sitte, Heimat“ hat er sich über ein Jahrhundert hinweg als bedeutende Institution etabliert. Zahlreiche Publikationen und Festschriften dokumentieren die eindrucksvolle Entwicklung der Viersener Schützenfamilie.

Der heutige Bezirksverband vereint zehn Schützenbruderschaften sowie die Schützengilde St. Konrad. Er hat sich nicht nur die Bewahrung des traditionellen Schützenwesens zur Aufgabe gemacht, sondern auch die Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und des sozialen Engagements. Besonders in der Jugendarbeit zeigt sich, wie lebendig die Tradition ist: Der Bund der St. Sebastianus Schützenjugend (BdSJ) ist ein wichtiger Bestandteil des Verbands und sorgt für die Zukunft des Schützenwesens. So sehen das auch die Bezirksjungschützenmeister Caro Friedrichs und Dennis Opdenbusch: „Die Jugendarbeit im Schützenwesen zeigt, dass Tradition und Zukunft Hand in Hand gehen. Ohne das Herzblut und Engagement vieler Schützen wäre diese Erfolgsgeschichte nicht möglich gewesen.“
Das Jubiläum war nicht nur ein Anlass, die Vergangenheit zu ehren, sondern auch die Zukunft ins Auge zu fassen. Die Viersener Schützenfamilie steht vor der Aufgabe, Traditionen zu bewahren und zugleich neue Wege zu gehen. Junge Generationen sollen für das Schützenwesen begeistert werden, und die Werte von Gemeinschaft und Zusammenhalt sollen weitergetragen werden.
Schirmherr und Ortsbürgermeister von Alt-Viersen, Willy Bouren, brachte es in seinem Grußwort treffend auf den Punkt: „Seit jeher setzen die Schützen sich neben der Pflege von Tradition und Brauchtum für die Vermittlung von Heimatgefühl ein. Mit den unterschiedlichsten Aktivitäten gestalten sie das Leben in unserer Stadt und den jeweiligen Stadtteilen mit und engagieren sich für die Gemeinschaft. Der Zusammenhalt, für den Sie stehen, liebe Schützenfamilie, ist gerade in der heutigen Zeit wichtiger denn je.“ Mit diesem festlichen Ereignis wurde ein bedeutendes Kapitel der Viersener Schützengeschichte gefeiert – und gleichzeitig der Grundstein für die kommenden 100 Jahre gelegt. (sk)
