Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein warnt davor, dass die gerade beschlossenen Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst zu Mehrbelastungen für die Wirtschaft am Mittleren Niederrhein führen.
Niederrhein – Angesichts der schwierigen finanziellen Lage zahlreicher Kommunen befürchtet die IHK, dass viele Städte und Gemeinden nun reflexartig Erhöhungen der Gewerbe- und Grundsteuerhebesätze zur kurzfristigen Gegenfinanzierung der höheren Personalaufwendungen vorschlagen. „Die Unternehmen stemmen derzeit verschiedene Herausforderungen wie zum Beispiel die hohen Energiekosten und den Fachkräftemangel. Steuererhöhungen wären da Gift“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz.
Er erinnert daran, dass der Mittlere Niederrhein im Vergleich zum Durchschnitt anderer Regionen in Deutschland bereits ein ausgesprochen hohes Gewerbesteuerhebesatzniveau aufweist. Nordrhein-Westfalen ist das Flächenland mit den höchsten Gewerbe- und Grundsteuern. Der durchschnittliche Gewerbesteuerhebesatz am Mittleren Niederrhein lag zuletzt mit 462 Punkten etwa auf dem NRW-Durchschnittsniveau von 466 Punkten. In Bayern, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein werden Werte von unter 400 Punkten erreicht. „Unsere Unternehmen sind damit schon jetzt Mitbewerben gegenüber benachteiligt. Das gilt gleichermaßen für die Kommunen, die mit anderen Städten im Wettbewerb um Unternehmensansiedlungen stehen“, so Steinmetz, der die Bedeutung des Gewerbesteuerhebesatzes als Standortfaktor unterstreicht. „Eine IHK-Unternehmensumfrage im vergangenen Jahr, an der gut 1.000 Betriebe vom gesamten Mittleren Niederrhein teilgenommen haben, hat gezeigt, dass der Gewerbesteuerhebesatz zu den TOP-5-Standortfaktoren für die regionale Wirtschaft gehört.“
Für die dringend erforderliche Transformation der Wirtschaft seien weitreichende Investitionen notwendig. Mit erhöhten Gewerbesteuerhebesätzen würden den Betrieben die finanziellen Mittel dafür entzogen. „Das benachteiligt die Unternehmen aus Kommunen, die jetzt Steuern erhöhen. Und ich befürchte, es werden vor allem die Kommunen ihre Hebesätze erhöhen, die schon jetzt in einer kritischen Lage sind und in der Vergangenheit mit einer Steuererhöhung auf ihre desolate Haushaltslage reagiert haben“, so Steinmetz.
Stattdessen sieht der IHK-Hauptgeschäftsführer die Kommunen nun noch stärker in der Pflicht, Aufgabenkritik zu betreiben. „Die Leistungen müssen bei den Kommunen mit knapper Kasse auf den Prüfstand. Von 2015 bis 2021 sind die Ausgaben der Kommunen am Mittleren Niederrhein um 23 Prozent gestiegen. Das liegt sicher nicht nur an Pflichtaufgaben und an der Inflation“, sagt Steinmetz, der einen Appell auch an Bund und Land richtet: „Wir entlasten die Kommunen, wenn wir die Regelungsdichte verringern. Unsere Unternehmen fordern einen Bürokratieabbau. Angesichts des Fachkräftemangels in den Verwaltungen und den nun entstehenden Kosten durch die Tariferhöhungen wird dieser Schritt bald unumgänglich sein“, betont der IHK-Hauptgeschäftsführer. (opm)