Jecke Wiever feierten bei der KG Hamm wer net

„Ausverkauft“ ist bei der Damensitzung der KG Hamm wer net 1950 e.V. eigentlich keine Neuigkeit, denn wenn die grün-gelbe Gesellschaft zu dieser Veranstaltung ruft, dann wissen die Karnevalistinnen, dass wieder ein legendärer Abend bevorsteht.
Von RS-Redakteurin Nadja Becker und Fotograf Martin Häming

Viersche – Das Evangelische Gemeindehaus war bis auf den letzten Platz besetzt. Blinkende Accessoires drangen durch das gedämpfte Licht. Das Publikum bunt kostümiert … und vor allen Dingen weiblich, denn die KG Hamm wer net 1950 e.V. hatte zu ihrer berühmten Damensitzung eingeladen. Nur wenige Herren hatten dabei Zugang. Unter ihnnen Sitzungspräsident Michael Berghausen im gewohnt grünen Anzug, der das Mikrofon routiniert zu schwingen wusste, als er nicht nur das wunderbare Publikum, sondern auch direkt den ersten Programmpunkt begrüßte.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Skurril mit glamourösem Esprit, so könnte man Lieselotte Lotterlappen (alias Joachim Jung) kurz beschreiben. Doch so ganz richtig ist das nicht, denn der Künstler hat so viel Facetten und diese kämen dabei einfach zu kurz. Lieselotte gibt nämlich mit ihrer flinken Zunge einfach überall ihren Senf dazu und so eine Damensitzung kam ihr dabei gerade recht. Aber noch schlimmer, da liefen doch tatsächlich hin und wieder Herren durch den Raum – was für ein fantastisches Ziel für die Comedy-Kultfigur, die kurzerhand „Warum hast du nicht Nein gesagt“ angestimmt hatte. Wie gut, dass zu dieser Zeit nicht schon das Prinzenpaar oder gar die Prinzengarde mit ihr auf der Bühne standen, als sie wie ein Elefant im Porzellanladen durch die Gepflogenheiten der 5. Jahreszeit schlidderte.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming
Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Nach den packenden Lachsalven hätte man aber doch vielleicht ein wenig noch Lieselotte zum Prinzen lassen sollen, es wäre bestimmt ein unvergessliches Erlebnis geworden. Das wirbelnde Fässchen steht ihr auf der Bühne als Rampensau wahrscheinlich nämlich in Nichts nach und so griff auch Helmut II. gekonnt zum Mikrofon. Gemeinsam mit seiner Prinzessin Anne I. schaut er langsam aber sicher bereits dem Höhepunkt der königlich-närrischen Zeit entgegen. Umso schöner, dass noch ein wenig gemeinsam mit der Prinzengarde des Festausschusses Viersener Karneval, ihrem grazilen Mariechen und natürlich den Jecken gefeiert werden kann (und das sogar beim dritten Tanz gemeinsam mit Prinz und Tanzmariechen).

 

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming
Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Mit der kölschen Boygroup Jeck Street Boys schob sich dann ein wenig modernes Flair in das Evangelische Gemeindehaus. Die drei Musiker heizten zum Mitmach-Sturm an und hatten dazu auch direkt die bekannten Wurzeln der Boygroups (wenn auch etwas abgewandelt) mitgebracht, bevor es dann Kölsch wurde. „Everybody, yeah, rock your body right, Jeck Street’s back, alright“, … mit blinkenden Schuhsohlen und ansonsten ganz in Weiß.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Gut, aus dem „Boy“-Alter mögen sie schon rausgewachsen sein, aber „Boys will be boys“ sang schon Miami Sound Machine Mitte der 80er-Jahre und auch das Fauth Dance Gentleman Ensemble nimmt sich das zu Herzen. Jungs und Schalk passen dabei hervorragend zusammen mit dem Ergebnis eines sympathischen Dance Battles kredenzt als Mix aus Klassik, Hip-Hop, Modern Dance, Ballett & Co. Ein Ensemble aus Viersen, das zu Recht auf den großen Bühnen nicht nur im Karneval beheimatet ist und eine Glanzleistung der Tanzschule Fauth.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Mit dem Hammer Show Express fanden dann die ersten vereinseigenen Gewächse ihren Platz auf der Bühne. Auf den Stühlen sitzen? Nein, das ging nun wirklich nicht bei dieser Truppe und eigentlich waren die Stühle an diesem Abend sowieso nur Beiwerk. Vor weit mehr als zwei Jahrzehnten (genauer gesagt vor 25 Jahren) hat diese Gruppe Heinz Hohnen gegründet und das war unbestritten eine richtig gute Idee, denn der energiegeladene und mitreißende Auftritt von Udo Lindenberg bis voXXclub sorgte für den besonderen Kolorit, für den die Gesellschaft gefeiert wird.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

„Rut sin de Ruse“ kann nun wirklich jeder Karnevalist mitträllern und genau mit diesem Hit sicherten sich die Boore 2003 den Weg nach ganz oben in die jecken Charts. Seitdem waren sie nicht mehr aufzuhalten und auch mit ihrem Album „Jeck es Jeil“ trafen sie genau ins närrische Herz. Am Mikrofon sorgte auch in der Mispelstadt Chris Koch für heitere Laune. Seit mittlerweile 2019 ist er die Stimme der Band, während der Boor der Anfangszeit aus 2002, Karl Heinz Lips, genau weiß wie er die Saiten zu zupfen hat. In die Tasten haut seit 2013 Bernd Hochheimer und die tiefen Töne trifft Kurt Schoger schon seit 2015. Aber das fehlt doch noch jemand? Genau, denn im letzten Jahr konnte die Band als Neueinsteiger Julio Baterista, „die Ananas-Beatmachine“, am Schlagzeug willkommen heißen.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Der zweite, unbestrittene Höhepunkt des Abends hatte lange auf sich warten lassen, doch zu später Stunde eroberten sie endlich die Bühne … die Herren des Männerballetts Les Hammphries, die in diesem Jahr ihr 11-jähriges, närrisches Jubiläum (im rot-orange glänzenden Disco-Joggingoutfit) feiern. Ohne sie wäre die Damensitzung auch nicht perfekt gewesen und so schlug ihnen fast schon frenetischer Jubel der Damenwelt entgegen. Mit dieser Stimmung war es für die musikalischen Gäste aus dem Kreis Heinsberg, die an diesem Abend den letzten Programmakt bestritten, ein leichtes eine letzte Stimmungskanone zu zünden.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Längst haben die Mennekrather ihre Wurzeln als Fanfarenkorps hinter sich gelassen. So nämlich haben sie sich 1960 gegründet und dann Mitte der 1970er-Jahre die Marschmusik zur Seite gelegt. Verliebt haben sie sich damals in Karneval, Schlager, Rock und Pop – und daran hat sich seitdem nichts geändert. Mittlerweile besteht die Band aus neun Mitgliedern, die mittlerweile mit fast allen Größen aus dem rheinländischen Karneval auf der Bühne gestanden haben. Zwar fußt ihre Musik auf Coversongs, doch Keyboarderin Ela Dirks arrangiert jedes Stück neu und so werden eigentlich bekannte Stücke zu etwas Unbekanntem, was Lust macht auf mehr. So einzigartig und stimmgewaltig waren sie auch auf der Vierscher Bühne, vor der bis zur letzten Sekunde (und eigentlich auch noch auf dem Heimweg) gefeiert wurde und der Saal bebte. Dann aber hieß es schnell ins Bett (oder noch auf einen Gute-Nacht-Schluck in den kleinen Saal), denn nicht wenige der Damen freuen sich bereits auf die Kostümsitzung der Hamm wer net am Samstagabend, mit der die Party dann weitergehen kann, wenn der neue „Cheriff vom Hamm offiziell gekürt wird. (nb)

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming