Kinder-Überzuckerungstag: „FDP darf wichtiges Gesetz gegen Junkfood-Werbung nicht weiter blockieren“

Die Verbraucherorganisation foodwatch hat anlässlich des „Kinder-Überzuckerungstags“ von der Ampel-Koalition deutlich mehr Anstrengungen im Kampf gegen Fehlernährung bei Kindern gefordert.

Gesundheit – Minderjährige äßen hierzulande mehr als doppelt so viele Süßigkeiten und Snacks, aber nicht mal halb so viel Obst und Gemüse wie empfohlen. Die Folgen seien teils starkes Übergewicht und im späteren Leben ernährungsbedingte Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Fettleber und Herz-Kreislauferkrankungen, so foodwatch. Die Verbraucherorganisation forderte die FDP-Parteispitze auf, die Pläne von Bundesernährungsminister Cem Özdemir zur Beschränkung der Junkfood-Werbung zu unterstützen. Zudem müsse die Bundesregierung eine Limo-Steuer nach dem Vorbild Großbritanniens einführen und sich für verpflichtende Qualitätsstandards in der Schul- und Kitaverpflegung stark machen.

Am „Kinder-Überzuckerungstag“ (12. August) haben Kinder und Jugendliche in Deutschland rechnerisch bereits so viel Zucker zu sich genommen, wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als maximale Verzehrmenge für ein ganzes Jahr empfiehlt.

„Die Zucker- und Süßwarenindustrie macht Profite auf Kosten der Kindergesundheit: Mittlerweile geht knapp jeder siebte Todesfall in Deutschland auf das Konto schlechter Ernährung. Ungesund essen und trinken ist damit genauso tödlich wie Rauchen“, erklärte Luise Molling von foodwatch. „Die Ampel-Koalition muss endlich ernst machen im Kampf gegen Fehlernährung. In einem ersten Schritt sollte die FDP ihre Blockade gegen die geplanten Junkfood-Werbeschranken von Cem Özdemir aufgeben. Die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen sollte den Liberalen wichtiger sein als die Profitinteressen von Coca-Cola, Ferrero, McDonald’s und Co.“

Kinder und Jugendliche in Deutschland essen deutlich mehr Zucker als von Fachorganisationen wie etwa der WHO, der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) und der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) empfohlen wird. Den Organisationen zufolge sollten Minderjährige maximal zehn Prozent der täglichen Kalorien durch sogenannte freie Zucker aufnehmen. Tatsächlich aber nehmen Kinder und Jugendliche im Alter von 3 bis 18 Jahren in Deutschland 16,3 Prozent ihrer Tagesenergie aus freien Zuckern auf – also 63 Prozent mehr als empfohlen. Umgerechnet erreichen die jungen Menschen damit schon am 224. Tag im Jahr, dem 12. August, ihr Zucker-Limit für ein ganzes Jahr.

Konkret bedeutet das: Mädchen essen im Durchschnitt mehr als 60 Gramm freie Zucker pro Tag, obwohl sie maximal 38 Gramm zu sich nehmen sollten. Jungen essen im Schnitt mehr als 70 Gramm freie Zucker pro Tag, obwohl sie nicht mehr als 44 Gramm verzehren sollten. Als freie Zucker werden alle Zuckerarten bezeichnet, die zum Beispiel Lebensmittelhersteller ihren Produkten zusetzen, sowie der in Honig, Sirup, Fruchtsaftkonzentraten und Fruchtsäften natürlich enthaltene Zucker. Natürlicherweise in Früchten oder Milchprodukten vorkommender Zucker fällt nicht darunter.

Gemeinsam mit zahlreichen Fachgesellschaften, Ärzteverbänden und Verbraucherorganisationen fordert foodwatch neben einer Beschränkung der Junkfood-Werbung eine Limonaden-Steuer nach britischem Vorbild. Im Zuge der Einführung der Steuer haben die Getränkehersteller den Zuckergehalt ihrer Produkte um mehr als 30 Prozent gesenkt. foodwatch spricht sich zudem für verpflichtende Qualitätsstandards für die Verpflegung an Schulen und Kindergärten aus. Die DGE hat schon 2007 im Auftrag der Bundesregierung erstmals Qualitätsstandards für eine ausgewogene Kost in den Schulkantinen veröffentlicht. Diese werden aber in der Regel nicht erfüllt.

Laut aktuellen Daten des staatlichen Max-Rubner-Instituts sind gerade Produkte, die sich in ihrer Aufmachung an Kinder richten, besonders ungesund: Trotz der von der Vorgängerregierung eingeleiteten freiwilligen Reduktionsstrategie der Lebensmittelindustrie sei etwa bei Erfrischungsgetränken der Zuckergehalt nach wie vor hoch: Die besonders zuckerhaltigen Kindergetränke sind sogar noch zuckriger geworden. An Kinder vermarktete Frühstückscerealien enthalten mit 17 Prozent Zucker im Durchschnitt sogar mehr Zucker als der Durchschnitt aller Frühstückscerealien.

Aktuell gelten etwa 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen als übergewichtig und sechs Prozent sogar als adipös – ihnen drohen im späteren Lebensverlauf Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Gelenkprobleme, Bluthochdruck und Herzerkrankungen.

Grundlage für die Berechnung des „Kinder-Überzuckerungstags“ sind Daten aus der sogenannten DONALD-Studie aus dem Jahr 2016, die das Ernährungsverhalten von mehr als 1.000 Kindern und Jugendlichen untersucht hat. Neuere Zahlen liefert lediglich die Studie „Eskimo II“, allerdings mit Blick auf eine andere Altersgruppe (6 bis 17 Jahren). Laut dieser Studie liegt der Zuckeranteil an der täglichen Kalorienaufnahme sogar bei 20 Prozent. Demnach wäre das Zucker-Limit sogar schon am 1. Juli erreicht gewesen. (opm)

Foto: foodwatch e.V./Joerg Farys

Quellen:

4 Kommentare

  1. Braucht es wirklich Gesetze um Fehlernährung zu verhindern.
    Nicht nur die Fehlernährung, auch diverses Fehlverhalten zu verhindern, obliegt der Verantwortung der Eltern !
    Hier muss Fehlerziehung bekämpft werden.

    Ich sehe hier die Natur im Wandel. Immer mehr immens kluge, intelligente Kinder, bei drastisch sinkender Anzahl gescheiter Eltern.

    Nehmt also jene in die Pflicht, die zuständig sind, die Eltern.
    Dann erledigen sich die genannten Probleme von selbst.

    1. Kinder werden durch die ansprechende und auffällige Süßigkeitenwerbung oft erstmals an den Medienkonsum herangeführt. Die leuchtenden Farben, eingängigen Melodien und verlockenden Bilder dieser Werbungen fesseln ihre Aufmerksamkeit und wecken ihre Neugier auf weitere Medieninhalte. Sobald sie diesen Einstieg in die Medienwelt gefunden haben, beginnt ihre Reise durch ein breites Spektrum von Inhalten.

      Ohne diese initialen Anreize, wie sie die Süßigkeitenwerbung bietet, könnten viele Kinder den Medienkonsum später oder in einem geringeren Umfang aufnehmen. Dies könnte zu einer Jugend führen, die weniger informiert und weniger engagiert ist, wenn es um aktuelle Ereignisse oder politische Themen geht. Ohne den frühen Kontakt mit Nachrichten und Diskussionen, der oft auf den ersten Medienkontakt folgt, könnten sie weniger Anreize haben, sich überhaupt für Politik zu interessieren.

      Eine politisch desinteressierte Jugend bedeutet eine Generation, die weniger wahrscheinlich an Wahlen teilnimmt, sich weniger für gesellschaftliche Themen engagiert und vielleicht auch weniger Verständnis für demokratische Prozesse und Werte hat. In einer solchen Umgebung kann die Entfremdung zwischen Politik und Bevölkerung wachsen. Wenn junge Menschen das Gefühl haben, dass die Politik irrelevant für ihr tägliches Leben ist oder dass ihre Stimme keinen Unterschied macht, könnten sie sich noch weiter von politischer Beteiligung und Aktivismus entfernen.

      Eine solche Entfremdung birgt erhebliche Risiken für die Gesundheit und Stabilität einer Demokratie. Wenn große Teile der Bevölkerung, insbesondere junge Menschen, sich nicht mehr vertreten fühlen oder nicht glauben, dass das politische System ihre Interessen berücksichtigt, kann dies zu Apathie, Misstrauen und sogar zu Radikalisierung führen. Demokratien sind am stärksten, wenn ihre Bürger informiert, engagiert und aktiv am politischen Prozess beteiligt sind.

      Das Verbot von Süßigkeitenwerbung mag zwar gut gemeint sein und zielt darauf ab, gesündere Ernährungsgewohnheiten bei Kindern zu fördern. Doch es ist wichtig, auch die unbeabsichtigten Konsequenzen solcher Maßnahmen zu berücksichtigen, insbesondere wenn sie den Zugang von Kindern zu Medien und damit ihre politische Bildung und ihr Engagement beeinflussen könnten. Es ist entscheidend, diese möglichen Auswirkungen sorgfältig zu prüfen und Strategien zu entwickeln, um sicherzustellen, dass die nächste Generation gut informiert und engagiert bleibt.

  2. Wäre es nicht angebrachter, in der Schule und im Kindergarten aufzuzeigen, welche Folgen ein übermäßiger Konsum von Zucker etc. hat, dass Kinder dann ab einer gewissen Reife mündig entscheiden können. Die Grünen verfolgen hier den Plan, Entscheidungen in der Erziehung, die sie für nicht „gut“ halten, auf alle abzuwälzen in Form einer Abgabe (höherer Steuer etc.). Eltern, die ihre Kinder zu starkem Zuckerkonsum „erziehen“ haben das ja meist auch nur von ihren Eltern gelernt oder irgendwo abgeguckt. Daher empfinde ich Aufklärung viel wichtiger als alle zu beuteln, die sich frei für diese Produkte entscheiden, gleich der Folgen. Hier sind natürlich auch die Unternehmen gemeint, die durch höhere Steuern ggf. einen Ausfall erleiden.

    Eine Marketing-Kampagne zum gesunden Essen bzw. in den Schulen dafür zu werben halte ich für sinnvoll.

    1. Erst trainiert man uns auf Zucker, Margarine ,Verfallsdatum, weg vom Glas ,und Mülltrennung und vegane/vegetarische Kost mit einer ellenlange Liste von Zusatzstoffen. Dann ist alles Gift wie Butter, Salz und Eier. Dann nach Studien wieder eine Ernährungswende. Nur die Menge macht es und darum wird für das Gift Alkohol weiter fleißig in Namen der Ampel und des Gesundheitskasper und Agrargrünen geworben. Benutzt euren Kopf und lass euch nicht manipulieren.

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