Es ist Fastenzeit. Ich wollte fasten. „Sie wohnen in einer wunderschönen Ferienwohnung. Für Gemütlichkeit und Entspannung sorgt eine Sauna im Fastenhaus.“ War es das, was ich suchte?
Von Peter Josef Dickers
Literarisches – Ich würde mit Fastensuppen, Säften und Tees verwöhnt, versprach man mir. Entschlackung, Selbsterfahrung und Loslassen wären eine Reise zurück zu den inneren Werten. Doch konnte ich mich nicht entschließen, dafür ins Fastenhaus überzusiedeln. Auch Gemüsesaft und Buttermilch, Mittagsruhe und liebevolle Betreuung waren kein ausreichender Motivationsschub. Ich wollte fasten, aber musste ich deswegen eine Tortur für Körper und Geist auf mich nehmen? Der Ernährungsexperte in mir warnte mich vor dem Fastenexperten.
Ich suchte Alternativen. Fasten an der Ostsee bot sich an. „Lassen Sie sich verzaubern vom Charme der Ostseeküste. Entspannen Sie in den urigen Küstenwäldern und in der Weite der Strände.“ Wandern würde die Stimmung heben, stand im Prospekt, und gleichzeitig die Entschlackung fördern. Ich wusste zwar nicht, welche Schlacken ich mit mir herumschleppte, aber mein Interesse war geweckt.
Dann las ich das Kleingedruckte. „Um 9.00 Uhr treffen wir uns zum Obstfrühstück, besprechen den Tag, füllen die Trinkgefäße, trinken den Frühstückstee. Am Abend stehen verschiedene Früchte zur Auswahl.“ Der Ernährungsexperte meldete sich wieder und erzeugte Skepsis. Warum gab es den Charme der Ostseeküste nur in Verbindung mit Frühstückstee?
Zum Glück gab es ein zusätzliches Angebot. „Kohlsuppenfasten und Wandern an der Ostsee“. Kohl ist gut für die Nerven, heißt es. Kohlsuppenfasten weckte meine Neugier, da kein Verzicht auf feste Nahrung damit verbunden war. Zusammen mit wandern schien es eine ideale Kombination zu sein.
Dann las ich das Kleingedruckte. Eine Woche lang Kohlsuppe – morgens, mittags, abends. Meine Fastenbereitschaft ließ merklich nach.
Zufällig wurde ich auf eine Fastenreise zur Blumeninsel Madeira aufmerksam. Die Lobeshymnen der Teilnehmer nahmen kein Ende. Schon zum dritten Mal wären sie dort gewesen. Lustig und temperamentvoll wären die Tage verlaufen. Wunderbare Stimmung, verbunden mit anregenden Wanderungen erzeugten Glücksgefühle. Hatte ich das richtige Angebot entdeckt?
Dann las ich das Kleingedruckte. Flugkosten. Hotelkosten. Tagungskosten. Materialkosten. Die Kosten würden ausreichen, mich ein Jahr lang in meinem Schlemmer-Restaurant verwöhnen zu lassen.
Musste ich verreisen, um fasten zu können? Wenn Fasten mit Verzichten zu tun hatte, konnte ich sofort beginnen. Ich verzichtete auf Fastenhaus und Fastenreise, auf Fastenwandern und Fastenurlaub. Fasten war einfacher als ich gedacht hatte. Weihnachten hatte ich auf Geschenke verzichtet. Das war mir nicht schwer gefallen, da ich nicht wusste, was man mir hätte schenken sollen.
Zur Fastenzeit gibt es Seefisch und Predigt, sagen die Franzosen. Damit ließe sich gut fasten und der Fastenzeit Positives abgewinnen. Viel falsch konnte ich nicht damit machen. Es war zumindest einen Versuch wert. (opm)


Peter Josef Dickers wurde 1938 in Büttgen geboren. Nach einem Studium der Katholischen Theologie sowie der Philosophie und Pädagogik in Bonn, Fribourg/Schweiz, Köln sowie Düsseldorf erhielt er 1965 die Priesterweihe. Anschließend war er in der Seelsorge und im Schuldienst tätig, bis er sich 1977 in den Laienstand rückversetzen ließ und heiratete. Nach der Laisierung war er hauptamtlich tätig an den Beruflichen Schulen in Kempen (jetzt Rhein-Maas-Kolleg) mit den Fächern Kath. Religionslehre, Pädagogik, Soziallehre, Jugendhilfe/Jugendrecht.
„Seit der Pensionierung bin ich weiterhin engagiert durch meine Schreibtätigkeit, mein Vorlese-Engagement in diversen Einrichtungen und sonstige Initiativen. In den Sommermonaten lese ich zeitweise als „Lektor“ auf Flusskreuzfahrt-Schiffen aus meinen bisher erschienenen Büchern“, so Peter Josef Dickers, der mittlerweile in Mönchengladbach beheimatet ist.