Literarisches: Pfingsten. Heilsame Sprachverwirrung

Der geschichtsträchtige Turm in Babylon, der Hauptstadt des babylonischen Reichs im Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris, war dem Stadtgott Marduk geweiht. Nach der Zerstörung durch die Assyrer wurde er später wieder aufgebaut.
Von Peter Josef Dickers

Literarisches – Viele werten das Turmbau-Projekt als verbotenen Versuch, wie Gott sein zu wollen. Bis zum Himmel sollte der Turm ragen. Die Strafe folgte angeblich auf dem Fuß. So wie Ikarus die Strafe der Götter ereilte für seinen verbotenen Griff nach der Sonne, der er mit seinen Flügeln zu nahe kam und abstürzte, beendete Gott den „Wahn“ des Turmbaus. Er „verwirrte“ die Sprache der Menschen, die den Turm errichtet hatten. Sie verstanden einander nicht mehr.

Seit Menschen himmlische Mächte über sich vermuten, stürmen sie den Himmel. Tempel und Pyramiden an Euphrat, Tigris und Nil sind Beleg dafür. Der tausendjährige Dom in Speyer, das Straßburger und Ulmer Münster, der Main Tower in Frankfurt stehen ihnen nicht nach. Menschen streben nach einem „Hoch hinaus“, sind Himmelsstürmer.

Sind Menschen größenwahnsinnig? Oder verwandelt sich ihr Streben in Segen? Dann wäre die „Verwirrung“ keine Strafe, sondern würde Türen öffnen und den unterschiedlichen Begabungen und Aufgaben in Gesellschaft und Partnerschaft zugutekommen. Wir müssen nicht alle „dieselbe Sprache“ sprechen. Unterschiedliche Begabungen und Qualifikationen, die im menschlichen Miteinander eingesetzt werden, können neue Akzente setzen. Wenn daraus nicht Überheblichkeit, Anmaßung oder Maßlosigkeit werden, würde das ein Segen sein. (opm)

Foto: Gerd Altmann/Pixabay

Foto: Privat

Peter Josef Dickers wurde 1938 in Büttgen geboren. Nach einem Studium der Katholischen Theologie sowie der Philosophie und Pädagogik in Bonn, Fribourg/Schweiz, Köln sowie Düsseldorf erhielt er 1965 die Priesterweihe. Anschließend  war er in der Seelsorge und im Schuldienst tätig, bis er sich 1977 in den Laienstand rückversetzen ließ und heiratete. Nach der Laisierung war er hauptamtlich tätig an den Beruflichen Schulen in Kempen (jetzt Rhein-Maas-Kolleg) mit den Fächern Kath. Religionslehre, Pädagogik, Soziallehre, Jugendhilfe/Jugendrecht.

„Seit der Pensionierung bin ich weiterhin engagiert durch meine Schreibtätigkeit, mein Vorlese-Engagement in diversen Einrichtungen und sonstige Initiativen. In den Sommermonaten lese ich zeitweise als „Lektor“ auf Flusskreuzfahrt-Schiffen aus meinen bisher erschienenen Büchern“, so Peter Josef Dickers, der mittlerweile in Mönchengladbach beheimatet ist.


Aus: Neue Engel braucht das Land – Sorgen machen wir uns später

Peter Josef Dickers
24,90 €, Vindobona-Verlag; ISBN: 978-3-903574-08-3, 170 Seiten

Wenn „Markt und Straßen verlassen stehen“, wie Joseph von Eichendorff beschrieb, wenn Menschen einander fremd geworden sind, helfen niemandem utopische Versprechungen. Wege, die nicht gangbar erschienen, müssen gegangen werden. „Wir tun, was nötig ist, solange es nötig ist.“ Das verspricht ein Werbe-Slogan. Gefragt sind Menschen, die keine Rezepte für alle Lebenslagen zur Hand haben, aber Wege zeigen, die weiterführen könnten. Neue Engel braucht das Land. Nicht Engel, die aus den Weihnachtstagen übrig geblieben sind. Weihnachtsengel haben nach den Feiertagen Dienstschluss. Jeder kann Engel werden. Worauf also warten wir noch?