Pokern als Karriere: Traumberuf oder Stress ohne Ende?

Wer träumt nicht davon über Nacht auf einmal reich zu werden oder in einem einzigen Glückspiel Millionen zu gewinnen? Lottospielen ist bekanntlich reine Glückssache, auch wenn viele auf ein Prinzip schwören. Gleiches gilt für Roulette und viele andere Casino-Spiele.

Service – Pokern hingegen ist als Spiel bekannt, das nachweisbar eher mit schlauer Strategie und einer guten Portion psychologischem Geschick für sich entschieden werden kann. Entsprechend gibt es weltweilt zahlreiche Profispieler, die damit sogar ihren Lebensunterhalt verdienen. Eine Traumkarriere oder ein zermürbender Beruf mit endlosem Stress? Wir werfen einen Blick auf den oft missverstandenen Beruf.

Foto: Felix Wolf/Pixabay

Wer selbst gerne Poker spielt oder im Fernsehen große Turniere wie die World Series Of Poker verfolgt, möglicherweise sogar regelmäßig bei Poker Live-Streams zuschaltet, kennt die Atmosphäre: die Spieler sitzen um den Tisch, wirken augenscheinlich gelassen, während sie die Jetons spielerisch durch die Finger gleiten lassen. Dabei verbergen sie ihre Augen oftmals jedoch hinter Sonnenbrillen, um keine Gemütsbewegung zu verraten, und sind im Grunde hochkonzentriert bei der Sache. Mit Glück hat das Spiel nämlich im Grunde wenig zu tun, und die Hand, die man zugeteilt bekommt, nimmt zwar gewissen Einfluss auf den Ausgang des Spiels, gewonnen wird jedoch häufiger mit Strategie sowie der nötigen Übung und Erfahrung. Wissenschaftler an der Universität von Heidelberg werteten Millionen Online-Partien aus und berechneten, dass der Sieg im Poker zwar weitaus mehr vom Zufall abhängt als beispielsweise beim Schach und dabei bei über 50 Prozent Zufallsprinzip liegt – was das Spiel in der Klassifizierung und auch rechtlich zum Glückspiel macht – dennoch aber eine sogenannte Standardabweichung vom Mittelwert im Wert von 30 (170 bei Schach) besitzt. Im Klartext bedeutet dies laut der Wissenschaftler: „Nach ungefähr 100 Partien würde ein Pokerspieler, der um eine Standardabweichung besser ist als sein Gegenspieler, mit 75-prozentiger Wahrscheinlichkeit mehr Partien gewonnen haben als sein Gegenspieler.“ Mittlerweile gibt es gerade bei Online-Spielen zudem praktische Poker Wahrscheinlichkeitsrechner, die dabei helfen schlaue Entscheidungen über das „Mitgehen“ oder „Aufgeben“ zu treffen.

Poker ist zudem im Grunde einfach zu lernen, um Meister des Spiels zu werden bedarf es jedoch einer Menge Übung, oft über viele Jahre hinweg. Koray Aldemir wurde im Herbst 2021 Weltmeister beim Main-Event der World Series of Poker und gewann dabei acht Millionen Dollar in einem Spiel. Was wie ein absoluter Traum klingt, war das Ergebnis jahrelangen Perfektionierens seiner Strategie sowie vieler Enttäuschungen und zudem kein Kinderspiel: das Spiel gegen den Gegner George Holmes dauerte neun Tage, mit jeweils 10 bis 14 Stunden volle Konzentration am Tag. Adrenalin lief dabei auf Hochtouren, gleichzeitig war der professionelle Pokerspieler, der in Wien lebt, absolut erschöpft, wie er zugibt. Während er nach diesem Sieg vom Gewinn leben kann, und dieser in Österreich auch nicht versteuert werden muss, blieb dem 32-jährigen bei weitem nicht der ganze Betrag. Gerade bei teuren Turnieren fließt ein Teil an die Investoren zurück, zudem gibt es beim Poker ein freundschaftliches Prinzip, das „Swap“ genannt wird: Gewinner unterstützen damit befreundete Spieler während deren Pechsträhnen.

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Wer zum Pokerprofi werden möchte, muss in vieler Hinsicht ein dickes Fell besitzen. Denn obwohl sich das Image des Spiels über die Jahre gewandelt hat und heute längst nicht mehr als Ganovenspiel und Spiels des Bluffens und Schummelns gilt, ist der Beruf „professioneller Pokerspieler“ in der Gesellschaft nicht besonders anerkannt. Über die Jahre hinweg muss ein ambitionierter Spieler ebenso viel Geld wie auch Zeit und Energie investieren. Pokerprofi Matthew Wheat, der sich 2010 als Finalist des WSOP Main Events einen Namen machte, erklärte seinerzeit, wie belastend dieser Alltag sein kann; „Hast du eine Ahnung davon, wie es sich anfühlt, den ganzen Tag hart zu arbeiten und am Ende $10.000 verloren zu haben? Das passiert mir ständig.“ Verluststrecken können psychologisch schwer belasten und Depressionen nach sich ziehen. Gleichzeitig betonte Wheat, der auch unter dem Spielernamen „mindcirkus“ bekannt ist, dass man für High Stakes Poker mehr lernen und intelligenter sein müsse als für einen Doktortitel.

Wer sich davon nicht abschrecken lässt, mag weniger des Geldes wegen spielen als aus der Leidenschaft zum Spiel – etwas, was die meisten Profis vereint. Um den Gewinn ging es ihnen nur zweitrangig, sie liebten das Spiel an sich und blieben aus dieser Liebe heraus langfristig dabei, bis irgendwann finanzieller Profit eintrat. Wirklich vielen Spieler gelingt es allerdings nicht davon zu leben. Während es keine offiziellen Erhebungen dazu gibt, sollen es zwischen fünf und zehn Prozent aller regelmäßigen Spieler zur Profikarriere schaffen – eine Statistik, die sich jeder gut vor Augen führen sollte, der sich mit der Hoffnung trägt aus dem Hobby eine Karriere zu machen. (opm)

 

Ein Kommentar

  1. Aus Spiel wurde Spaß und aus Spaß wurde Sucht und dann kommt die soziale und finanzielle Katastrophe

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