Prof. Dr. Idel: Argumentation der Bürgermeisterin zur Primus-Schule falsch aus dem Kontext gerissen

Mit einer Erwiderung der wissenschaftlichen Begleitung zum Schulversuch PRIMUS auf die Stellungnahme der Bürgermeisterin der Stadt Viersen wenden sich die Verfasser der Universitäten Münster und Oldenburg an die Öffentlichkeit. 

Viersen – Die Bürgermeisterin der Stadt Viersen bezieht sich in ihrer Argumentation gegen eine Verlängerung des Schulversuchs auf die Einschätzung der Prof.‘in Dr. Christina Huf (Universität Münster) und Prof. Dr. Till-Sebastian Idel (Universität Oldenburg) im Bericht zur zweiten Phase der wissenschaftlichen Begleitung, dass die Situation der Primus-Schule Viersen prekär sei.

„Diese Indienstnahme der wissenschaftlichen Begleitung ist suggestiv, weil unsere Einschätzung aus dem Kontext gelöst und unvollständig wiedergeben wird“, so die Professoren. „In der Stellungnahme wird nämlich unsere Erklärung für diese Situation verschwiegen. Daher möchten wir klarstellen: Wir sehen die Problematik nicht durch die Schule selbst und die dortige Entwicklungsarbeit verursacht, sondern durch die von Anfang an unzureichende Unterstützung des Schulversuchs in Viersen durch den Schulträger.“

Die Situation in Viersen sei ein Lehrstück dafür, dass Schulentwicklung gerade im Kontext eines Schulversuchs der verlässlichen Unterstützung durch den Schulträger, also durch die Stadt Viersen, bedarf. Dieser Verantwortung sei nicht nachgekommen worden, obwohl die Teilnahme am Schulversuch ursprünglich vom Schulträger selbst beantragt wurde.

„Wir bedauern dies sehr und möchten betonen, dass die Krise der Primus-Schule Viersen weder gegen den Schulversuch als solchen noch gegen seine Durchführung am Standort Viersen spricht“, unterstreichen Prof.‘in Dr. Christina Huf und Prof. Dr. Till-Sebastian Idel. 

Eine Antwort der Viersener Verwaltung liegt bisher nicht vor. Bereits in der vergangenen Woche hatten sich die Professoren an die Stadt Viersen gewandt und eine Richtigstellung gefordert. (dt/opm)


Ergänzung/28.07.2023 – „Nur Viersen ist Thema“ Bürgermeisterin antwortet auf Vorwürfe zu Abstimmungsinfos

In den Abstimmungsinformationen zum Bürgerentscheid Primusschule hat die Viersener Bürgermeisterin auf die Erkenntnisse der wissenschaftlichen Begleitung des Schulversuchs verwiesen.

Einer der Autoren, Professor Dr. Till-Sebastian Idel, hat sich daraufhin mit einem Schreiben an die Bürgermeisterin gewandt. Darin bestätigt er die von der Bürgermeisterin zitierte Einschätzung, beklagt aber, dass der Kontext nicht korrekt wiedergegeben worden sei. Das Schreiben an die Bürgermeisterin ist offensichtlich auch mindestens der Initiative „Primus ist Zukunft“ bekannt und wird öffentlich diskutiert.

Die Antwort der Bürgermeisterin hat folgenden Wortlaut: „Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Idel, vielen Dank für Ihr Schreiben vom 21. Juli 2023 zu meiner Stellungnahme im Rahmen des Bürgerentscheides zur Verlängerung des PRIMUS-Schulversuchs in Viersen. Ich sehe keine Hinderungsgründe, dass ich mich in meiner Stellungnahme im Rahmen des Bürgerentscheides auf die Aussage des öffentlich abrufbaren Berichts über die zweite Phase der wissenschaftlichen Begleitung beziehe. Zum einen wird die Aussage zur Entwicklung der PRIMUS-Schule Viersen auf Seite 13 dieses Berichts in dieser Form explizit so getroffen, zum anderen wird die Entwicklung in Bezug auf die Zahl der Schüler*innen auch im Teil A in den Tabellen auf Seite 6 entsprechend dargestellt. Die Gründe aufzuführen, die zu dieser Situation geführt haben könnten, ist aus meiner Sicht entbehrlich. Bedeutend für die nun von den Abstimmungsberechtigten zu treffende Entscheidung ist alleine die von Ihnen bestätigte Lage.

Ich möchte aber an dieser Stelle darauf hinweisen, dass sowohl auf Seite 6 des Berichts in der Fußnote als auch auf Seite 13 insbesondere auch die (prekäre) Personalsituation als Grund aufgeführt ist, für die nicht die Stadt Viersen als Schulträger, sondern das Land NRW bzw. die Bezirksregierung Düsseldorf zuständig war und ist. Dieser Aspekt findet in Ihrer Mail keine Berücksichtigung. Darüber hinaus möchte ich noch darauf hinweisen, dass ich in meiner Stellungnahme keine Wertung zum PRIMUS-Schulversuch im Allgemeinen vornehme, sondern nur die Entwicklung und Situation in Viersen thematisiere. Weitergehende Darstellungen im Rahmen des Bürgerentscheides sind nicht beabsichtigt. Ich beabsichtige, diese Antwort auch der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, um weitere Irritationen aufgrund Ihres veröffentlichten Schreibens zu verhindern.“