REHACARE: Mehr Begegnungen, weniger Barrieren im Kopf

„Wenn es um Inklusion geht, wird zu häufig über Probleme gesprochen – und zu wenig über die Lösungen, die es gibt.“

Düsseldorf – Mit dieser provokanten Aussage eröffnete Aktivist und Buchautor Raúl Krauthausen den Presse Talk unter dem Titel „Alle(s) Inklusiv? Die Community im Interview“ in der Sporthalle der REHCARE 2023, Internationale Fachmesse für Rehabilitation und Pflege. Stern TV-Moderator Dieter Könnes begrüßte auch Felix Streng, Botschafter der Invictus Games, sowie Stefan Palkowski, Spieler in der Amputierten-Fußballmannschaft der Fortuna Düsseldorf. Außerdem dabei: Moritz Brückner, Buchautor („Das ganz andere Leben“) und Journalist Jonas Karpa vom Verein „Sozialhelden“.

Foto: Rheinischer Spiegel/Leo Dillikrath

Im Mittelpunkt der Diskussion stand der Wunsch aller Beteiligten, als normaler Teil der Gesellschaft behandelt zu werden. „Ich bin kein anderer Mensch als vor meinem Unfall, auch wenn ich jetzt im Rollstuhl sitze“, betonte Moritz Brückner. Bei Begegnungen spürt er oft die Unsicherheit im Verhalten seines Gegenübers. So geht es auch Felix Streng. Seine Empfehlung für solche Situationen: „Offen sein, Fragen stellen.“ Man könne zum Beispiel Hilfe anbieten und es den Menschen mit Behinderung überlassen, ob sie diese annehmen wollen.

Jonas Karpa und Raúl Krauthausen formulierten konkrete Forderungen. „Bei der Entwicklung von Hilfsmitteln wie Rollstühlen oder Prothesen werden Menschen mit Behinderungen gar nicht oder zu spät einbezogen. Warum werden zu wenig Ingenieurinnen und Ingenieure mit Behinderung ausgebildet?“, fragte Krauthausen. Jonas Karpa fühlt sich vielfach durch Diskriminierung und Barrieren behindert – selbst in Arztpraxen sei das der Fall. Er wünscht sich Diskussionsrunden, in denen Menschen mit Behinderung nicht nur über Inklusion reden, sondern als Experten befragt werden. Karpa und sein Team setzen sich unter anderem dafür ein, behinderten Journalistinnen und Journalisten eine (Internet-)Plattform für Veröffentlichungen zu bieten – die „Neue Norm“.

Foto: Rheinischer Spiegel/Leo Dillikrath

Der Fußballer Stefan Palkowski berichtete, wie wichtig es für ihn nach seinem Arbeitsunfall war, sich kleine Ziele zu setzen, die er trotz seiner Behinderung (ein Unterschenkel ist amputiert) erreichen konnte. „Das gibt einen Schub für das Selbstbewusstsein.“ So schaffte er es mit der Unterstützung seiner Kollegen und der Familie sogar, beim Iron Man-Wettbewerb in Hawaii dabei zu sein. Geholfen haben ihm dabei auch technische Neuheiten wie eine Federprothese, mit der er inzwischen „schmerzfrei einen Marathon laufen kann“.

Mehr Begegnungen mit Menschen mit Behinderung auf Augenhöhe – im Sport, aber auch in anderen Bereichen wie in Kunst und Kultur, das wünschte sich Raúl Krauthausen für die Zukunft der Inklusion. Und Moritz Brückner sagte mit Blick auf die Neuheiten, die bei der REHACARE 2023 präsentiert werden: „Wir sind in Sachen Barrierefreiheit auf dem Weg.“

Das Fazit dieser beeindruckenden Veranstaltung ist klar: Die Welt braucht mehr Begegnungen und weniger Barrieren im Kopf. Die Teilnehmer des Rehacare Presse Talks haben gezeigt, dass Inklusion und Vielfalt nicht nur wünschenswert, sondern auch erreichbar sind. Mit Entschlossenheit, Bildung und Empathie können wir eine Gesellschaft schaffen, in der jeder die gleichen Chancen hat. (opm)

Foto: Rheinischer Spiegel/Leo Dillikrath