„Gefahr für Schulmensen durch Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes“, so Christoph Hopp, OStD Schulleiter.
Viersen – „Um die Branche zu entlasten, war in Folge der Corona-Pandemie der Mehrwertsteuersatz für die Gastronomie auf 7 % gesenkt worden. Ab Januar 2024 soll nun wieder der frühere Satz von 19 % gelten. Wer ein Restaurant besucht, spürt auch heute schon die deutliche Preissteigerung, der die Gäste in den vergangenen Jahren ausgesetzt waren. Eine weitere Erhöhung der Preise könnte insofern tiefgreifende Veränderungen für Gastronomie und Gesellschaft zur Folge haben.
Noch massiver dürften die Folgen für die Verpflegung in Kindertagesstätten und Schulmensen sein: Hier sind die Preise oft ohnehin sehr knapp kalkuliert. Mit oftmals unzureichenden finanziellen Ressourcen muss die Gratwanderung geschafft werden, eine ebenso gesunde wie ansprechende Mahlzeit auf den Tisch zu bringen. Im Zuge einer Anhebung des Mehrwertsteuersatzes wäre die Belastung für die Caterer so groß, dass sie sie nicht mehr schultern könnten. Ein Umlegen gestiegener Kosten auf die betroffenen Familien würde zu weiteren Überforderungen führen – ausgerechnet bei dieser ohnehin stark belasteten Gruppe.
Die Bedeutung des gemeinsamen Einnehmens warmer Mahlzeiten für das soziale Miteinander, ihre positiven Auswirkungen auf Lernen und Konzentration sind hinlänglich bekannt und unbestritten. Wir alle kennen Kinder, die ohne Pausenbrot zur Schule kommen, Familien, die nie zum gemeinsamen Mittagessen zusammenkommen. Wir wissen, dass sich gemeinsames Essen bei Weitem nicht auf die Einnahme von Kalorien beschränkt, so wie Unterricht viel mehr als nur das bloße Abspeichern von Wissen ist. Schule muss hungrig machen, aber auch satt! Gleichwohl drohen die angesprochene Mehrbelastung für die Lernenden und ihre Familien sowie eine Steuererhöhung durch die Hintertür für die Unternehmen. Im Februar hat der Deutsche Bundestag den „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes“ mehrheitlich abgelehnt. Er sah vor, die derzeit befristet geltenden 7 % Mehrwertsteuer für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen über den 31. Dezember 2023 hinaus beizubehalten.
Nun droht zum Jahreswechsel der Kahlschlag. Am Erasmus-von-Rotterdam-Gymnasium haben wir viel Arbeit und Energie in die Etablierung einer Mensa gesteckt, die heute als Erfolgsgeschichte bezeichnet werden muss. Das Essen ist bei den Schülerinnen und Schülern derart beliebt, dass wir in Eigenregie eine Außengastronomie anbauen mussten, damit wir niemanden hungrig nach Hause schicken müssen. Angesichts der drohenden Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes und einer daraus resultierenden Anhebung der Essenspreise ist nun aber mit einer Welle von Abmeldungen zu rechnen, da Familien die finanzielle Belastung nicht schultern können.
Das würde das angebotene Schulessen im Sinne einer Grundversorgung gefährden. Schulverpflegung ist kein Luxusgut: Wir müssen den Kindern mit einem gesunden Essensangebot die Wertschätzung entgegenbringen, die sie verdienen. Wir müssen berufstätigen Eltern weiterhin die Sicherheit bieten, dass ihr Kind an langen Schultagen ausgewogene Essensangebote wahrnehmen kann. Wir müssen dazu den niedrigeren Steuersatz erhalten, Ausnahmen zumindest für den Bildungsbereich schaffen. Das müssen uns unsere Kinder wert sein. Viel zu oft ist die Gesellschaft sich zwar darüber einig, dass Investitionen in Bildung mehr als sinnvoll sind und dringend verstärkt werden müssen, die Politik aber nicht bereit, dass dafür nötige Geld in die Hand zu nehmen. Die Diskussion um die Schulmensen ist dafür erneut ein trauriges Beispiel.
Es ist eine gesellschaftliche Verantwortung, Kinder in der Schule zu verköstigen. Für ein gutes Gespräch sind die Pausen genauso wichtig wie die Worte. Für eine gute Schule sind die Ausstattung, die Rückzugsmöglichkeiten, die Orte der Begegnung genauso wichtig wie guter Unterricht. Für ein gutes Miteinander sind funktionierende Mensen genauso unverzichtbar wie schöne Klassenräume.“ (opm)