Über eine Testphase zur Sonntagsöffnung in der Zentrale der Stadtbibliothek in 2024 berät der Kultur- und Partnerschaftsausschuss in seiner nächsten Sitzung.
Viersen – Mit Wirkung vom 09.10.2019 wurde das Gesetz zur Stärkung der kulturellen Funktion der öffentlichen Bibliotheken und ihrer Öffnung am Sonntag (Bibliotheksstärkungsgesetz) vom Landtag verabschiedet. Hier wurde insbesondere eine Änderung der Bedarfsgewerbeordnung beschlossen, was bedeutet, dass auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in öffentlichen Bibliotheken abweichend vom Arbeitszeitgesetz an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden dürfen. Das Land begründet die Abweichung für öffentliche Bibliotheken damit, dass diese nach Maßgabe der Bestimmungen ihres Trägers Orte der Kultur sind und in ihren Funktionen unterstützt werden sollen. Eine Klage der Gewerkschaft VERDI gegen diese Änderung wurde im Sommer 2023 abgewiesen.
De facto bedeutet diese Gesetzesänderung, dass öffentliche Bibliotheken an Sonn- und Feiertagen mit Fachpersonal öffnen können, sofern die finanziellen und personellen Voraussetzungen dies ermöglichen. Eine anonymisierte Umfrage im Team der Mitarbeitenden der Stadtbibliothek im Zuge eines Projektverlaufs seit 2019 ergab, dass eine begrenzte Anzahl der Mitarbeitenden freiwillig bereit wäre, an Sonntagen zusätzlich zu arbeiten. Dies aber unter der Voraussetzung, dass es sich hier um einzelne Sonntage (4 bis höchstens 6 Sonntage im Jahr) handelt. Diese Zahl reicht nicht aus, um eine regelmäßige Sonntagsöffnung mit Fachpersonal umzusetzen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass in der Zentrale der Stadtbibliothek zusätzlich regelmäßige Samstagsdienste zu leisten sind (2 bis 3 x monatlich). Ein personeller Ausgleich im Falle weiterer regelmäßiger Sonntagsdienste ist angesichts der Personallage keinesfalls darstellbar. Dies ist die Problematik vieler öffentlicher Bibliotheken, die aus diesen Gründen die Öffnung mit Fachpersonal trotz der Gesetzesänderung nicht realisieren können und stattdessen entweder mittels „Open-Library-Technik“ (mit und ohne Sicherheitspersonal) oder nur mit Sicherheitspersonal fachlich nicht betreute Öffnungszeiten ermöglichen oder an entsprechenden Modellen arbeiten.
Im Gesamtsystem Stadtbibliothek hat sich nach Abschluss des Projektes im Zusammenhang mit dem Gesamtprojekt „InSek – Innenstadtentwicklung Süchteln“ die Möglichkeit eröffnet, im Zuge des dort geplanten umfassenden Umbaus der Stadtteilbibliothek zu einem 3. Ort eine „Open-LibraryBibliothek“ in den kommenden Jahren zu realisieren, hierfür wurden Landesmittel sowohl für die Stadtbibliothek sowie dem Fachbereich Stadtentwicklung beantragt. Auf diese Weise können in Süchteln im Zuge der Umbaumaßnahmen die Öffnungszeiten deutlich erweitert werden und die Sonntagsöffnung mit technischen Möglichkeiten und finanzieller Unterstützung des Landes ermöglicht werden.
In diesem Zusammenhang setzt die Bibliothek die Sonntagsöffnung zunächst in einer kleineren Filiale des Systems um, wie die meisten Mittelstadt- und Großstadtbibliotheken. Auf diese Weise können mit der Technik Erfahrungen zunächst in einer kleineren Bibliothekszweigstelle gesammelt werden. Für die Zentrale wird für die Stadtbibliothek der Vorschlag unterbreitet, die im Zuge des Projekts „Organisationsberatung“ angedachte Testphase ab Anfang 2024 umzusetzen und an 4 Sonntagen, verteilt auf die Monate Januar bis April, zu prüfen, ob seitens der Viersener Bürgerinnen und Bürger Bedarf an einer Sonntagsöffnung besteht.
Dies allerdings nicht mit Fachpersonal, da dies angesichts der Notwendigkeit der Sicherstellung der regulären Öffnungszeiten in der Woche mit dem bestehenden Personal nicht realisierbar ist, sondern – wie in anderen Bibliotheken – ähnlich einer „OpenLibrary“, also ohne Fachpersonal. Die Kontrolle erfolgt dann in dem Fall nicht über Technik (Zugangsterminal, Videoüberwachung etc.), sondern durch Sicherheitskräfte. Die Bibliotheksnutzer*innen können dann an diesen Sonntagen Medien wie bei einer „Open-Library“ an den Selbstverbuchergeräten entleihen und an den Rückgabegeräten zurückgeben sowie am Kassenautomaten Gebühren bezahlen. Die Bibliothek kann zusätzlich als Aufenthalts- und Lernort genutzt werden, dies aber ohne fachliche Begleitung. In ähnlicher Weise praktiziert man dies in umliegenden Bibliotheken wie in Mönchengladbach und Düsseldorf. Bestimmte Services können während der geöffneten Sonntage nicht angeboten werden, da hierfür bibliothekarisches Fachpersonal erforderlich ist, so z.B. die Entleihung und Rückgabe bestimmter Medien, die von Fachpersonal verbucht werden müssen (Konsolenspiele, Tonies).
Konkret wird seitens der Stadtbibliothek folgende Vorgehensweise vorgeschlagen: An folgenden Sonntage in 2024 wird die Zentrale der Stadtbibliothek testweise geöffnet: Sonntag, 07.01.2024, Sonntag, 04.02.2024, Sonntag, 03.03.2024 und Sonntag, 07.04.2024. An diesen Tagen wird die Bibliothek für etwa fünf Stunden im (Nach-)Mittagsbereich geöffnet. Die Verteilung dieser Probesonntage auf vier Monate scheint aus Sicht des Bibliotheksteams günstiger als das Angebot von vier Sonntagen unmittelbar hintereinander, da dann der Bedarf in verschiedenen Monaten geprüft werden kann. Auch ist der vierwöchige Turnus in etwa deckungsgleich mit einer Ausleihfrist, so dass Interessierte, die sich an einem Sonntag des einen Monats Medien entliehen haben, diese im kommenden Monat sonntags zurückgeben können und sich mit neuer Literatur eindecken können.
Es müssen Kosten für jeweils zwei bis drei Servicemitarbeitende an vier Sonntagen (geplant jeweils fünf Öffnungsstunden) veranschlagt werden. Aktuelle Angebote verschiedener Sicherheitsfirmen beziffern den Stundenlohn (eventuelle Preissteigerungen bis 2024 eingerechnet) auf etwa 40,00 Euro pro Stunde und Person. Hinzu kommen Kosten für Überstunden des Bibliothekspersonals (inkl. Wochenendzuschlag). Für die gesamte Testphase im ersten Quartal 2024 wurde seitens des FB 50/III Stadtbibliothek zur Sicherstellung der Finanzierung ein Mehrbetrag in Höhe von 3.500,00 Euro beantragt und für den Haushalt 2024 angemeldet. Der Kultur- und Partnerschaftsausschuss wird gemäß Beschlussvorschlag gebeten, dem Haupt- und Finanzausschuss sowie dem Rat die Einstellung der Mittel für den Haushalt 2024 zu empfehlen. Es ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Sonntagsöffnungszeit um ein freiwilliges Angebot handelt. Aufgrund des geringfügigen finanziellen Umfangs erscheint die Durchführung der Testphase trotz der angespannten Haushaltslage vertretbar. (Auszüge aus der Vorlage Stadt Viersen für den Ausschuss am 26.10.2023 im Dülkener Bürgerhaus)