Viersener Baustellenlabyrinth soll bundesweit Schule machen

Das Ministerium für unerwartete Erdverschiebungen sendet Mitarbeiter zur Weiterbildung nach Viersen. Diese hatte eine grandiose Idee, die nun Schule in ganz Deutschland machen soll um die Innenstädte zu erhalten. Denn wenn die Viersener die Stadt nicht verlassen können und kein Paketdienst hinein kann, dann bleibt die sogenannte Kaufkraft in der Stadt. Deshalb wurde nun ein Labyrinth aus Baustellen geschaffen, die Zunahmen der Einweisungen in psychiatrische Praxen wären dabei eine bedauerliche, aber eingeplante Nebenwirkung. 

Viersen – „Mit Baustellenbaken, modernster Absperrtechnik und vorsintflutlicher Umleitungsbeschilderung stellt sich die städtische Verwaltung gegen das Sterben der Innenstädte in Viersen, Dülken und Süchteln“ so die Projektbeschreibung – schließlich gilt es die Kaufkraft von rund 21.857 Euro pro Einwohner laut Statistiken in der Stadt zu halten.
Ein Konzept, auf welches auch das Ministerium für unerwartete Erdverschiebungen aufmerksam wurde und nicht nur seine Hilfe bei der Beschaffung weiterer Klappbaken anbot, im kommenden Jahr werden regelmäßig Mitarbeiter des Ministeriums in Viersen zum Baustellenlabyrinth geschult. Der Besuch der ministerialen Staatssekretärin und ihre Rede wurde mit tosendem Beifall begleitet und lauten Rufen „Wir machen die Bürger mürbe.“ Stolz zeigte sich in diesem Zusammenhang ebenfalls die Bürgermeisterin, die dieses Marketingkonzept mit erarbeitet hatte. Geheime Stimmen aus den Gremien verweisen auf die Buchvorlage „Wie treibe ich meine Wähler in den Wahnsinn“, welche angeblich bei den Planungen Grundlage gewesen sein soll.

Rund drei Jahre plante ein Team aus Marketingspezialisten gemeinsam mit Stadtplanern und der Viersener Verwaltungsspitze an dem neuen Konzept zur Stärkung der Innenstadt, das nun gemeinsam mit übergeordneten Stellen aus Land- und Bund umgesetzt wurde. „Ein vorbildhaftes Pilotprojekt“, wie es die Staatssekretärin des Ministeriums in ihrer Rede bezeichnete, als sich diese vor Ort am vergangenen Mittwoch ein Bild von dem Ausmaß der Baustellen-Werbeaktion machte.

„Ein Projekt, welches nun aus ganz Deutschland ausgeweitet werden soll, schließlich schaffen es nur wenige Städte so schnell ihre Bürger in die Geistesgestörtheit zu treiben um sie so vor Ort zu halten“, so die Stimmen aus dem Ministerium. Zur Unterstützung wurden weitere Landstraßenbereiche außerhalb der Stadtgrenzen zu Baustellen ausgeweitet. Erste Schritte habe es mittlerweile bereits in anderen Städten gegeben, „mit großem Erfolg“, so die Verantwortlichen, doch Viersen befände sich weiterhin unangefochten an der Spitze. Teilweise wurde die Ausreise aus Städten wochenlang erschwert, was einen Anstieg um über 180 % der Käufe in der eigenen Innenstadt zur Folge hatte – wobei auch die Einlieferungen in die psychiatrischen Praxen um 323 % und die Verschreibungen von Beruhigungstabletten um 297 % zugenommen haben.
Ein großer Versandhändler hat bereits angekündigt das Viersener Baustellenlabyrinth mit Drohnen umgehen zu wollen, weshalb nun als nächster Schritt durch die Behörden über eine Nachrichtensperre nachgedacht wird. Erreicht werden soll diese durch das zufällige Kappen sämtlicher Bodenkabel. (S. A. Tire)


Fast kann man über die Idee eines Marketingkonzeptes durch ein Baustellenlabyrinth aus der Welt der Fantasie nicht lachen, doch es lohnt sich um dem morgendlichen Nervenzusammenbruch zu entgehen. Dabei ist die (tatsächlich existierende) Auflistung der Stadt Viersen nur ein Teil der Baustellensituation, denn schließlich werden nur die größeren Beeinträchtigungen aufgeführt. Die jahrelange Baustelle durch den Tiefensammler auf der Freiheitsstraße trägt ihr Übriges dazu bei. Nicht hilfreich, aber sarkastisch empfehlen wir deshalb mit unserer Satire den Song „Stau mal wieder“, denn Maik Krüger wusste 1978 schon: „Ja, wir sind die Stauer, wir stehen auf Stau, wir finden jeden Stau – eine Schau.“. (dt)

Foto: Rheinischer Spiegel