Wenn am Abend des 21. Dezember 2025 wieder festlich beleuchtete Traktoren durch die Straßen von Dülken und Viersen rollen, wird dies für viele Menschen weit mehr sein als ein vorweihnachtlicher Blickfang. Die traditionelle Lichterfahrt der Landwirte aus dem Kreis Viersen verbindet auch in diesem Jahr weihnachtliche Stimmung mit einem deutlichen Appell an Politik, Handel und Verbraucher.
Von RS-Redakteurin Sabrina Köhler
Viersen/Dülken – Unter dem Motto „Ein Funken Hoffnung“ möchten die beteiligten Betriebe erneut zeigen, wie eng festliche Traditionen, regionale Lebensmittelversorgung und die Zukunft der heimischen Landwirtschaft miteinander verknüpft sind.
Die Aktion findet daher weiterhin in einer Zeit statt, die für viele landwirtschaftliche Betriebe von großer wirtschaftlicher Unsicherheit geprägt ist. Nach Angaben der beteiligten Landwirte war die Kluft zwischen den Preisen, die Erzeuger für ihre Produkte erhalten, und den Preisen, die Verbraucher im Supermarkt zahlen, selten so groß wie derzeit. Während Milch, Kartoffeln, Getreide und zahlreiche weitere Erzeugnisse im Handel auf hohem Preisniveau angeboten werden, reichen die Erlöse auf Erzeugerseite häufig kaum aus, um die Produktionskosten zu decken. In einzelnen Bereichen sprechen Landwirte sogar von ruinösen Preisen, die langfristig die Existenz vieler Höfe gefährden.
Besonders deutlich zeigt sich diese Entwicklung bei arbeitsintensiven Kulturen wie Obst und Gemüse. Steigende Löhne, insbesondere durch den Mindestlohn, erhöhen die Produktionskosten in Deutschland erheblich. Gleichzeitig stehen heimische Betriebe im Wettbewerb mit Importware aus Ländern, in denen deutlich niedrigere Lohn- und Sozialstandards gelten und in denen Umweltauflagen weniger streng sind. Nach Einschätzung der Landwirte ist es unter diesen Bedingungen kaum noch möglich, bestimmte Kulturen wirtschaftlich anzubauen, obwohl die Nachfrage nach regionalen und nachhaltig erzeugten Lebensmitteln in der Bevölkerung grundsätzlich vorhanden ist.
Hinzu kommt aus Sicht der Landwirte ein strukturelles Ungleichgewicht im europäischen Binnenmarkt. Während Handwerksbetriebe überwiegend mit Konkurrenzunternehmen arbeiten, die denselben gesetzlichen Vorgaben unterliegen, sehen sich landwirtschaftliche Betriebe einem globalen Wettbewerb ausgesetzt. Produkte aus Niedriglohnländern mit geringeren Umwelt- und Sozialstandards gelangen ohne vergleichbare Auflagen auf den europäischen Markt. Die oftmals langen Transportwege dieser Waren stehen zudem im Widerspruch zu den Klimazielen und dem Wunsch vieler Verbraucher nach mehr Nachhaltigkeit.
Vor diesem Hintergrund äußern die Landwirte im Kreis Viersen deutliche Kritik an aktuellen handelspolitischen Entwicklungen. Insbesondere die Verhandlungen der Europäischen Union über das Mercosur-Abkommen werden mit Sorge betrachtet. Aus Sicht der heimischen Landwirtschaft öffnet ein solches Abkommen den Agrarmarkt weiter für Produkte aus Südamerika, ohne sicherzustellen, dass diese unter vergleichbaren Bedingungen hergestellt werden. Während in anderen Branchen, etwa in der Rüstungs- oder Pharmaindustrie, politische Strategien darauf abzielen, Abhängigkeiten zu reduzieren und Versorgungssicherheit zu stärken, befürchten Landwirte im Agrarsektor eine zunehmende Abhängigkeit von Importen.
Mit der Lichterfahrt verbinden die Organisatoren daher einen klaren Appell an die politischen Entscheidungsträger. Gefordert wird der Schutz bestehender Standards in der Lebensmittelproduktion – auf qualitativer, ökologischer und sozialer Ebene. Diese Standards seien nicht nur ein Mehrwert für Natur und Umwelt, sondern auch eine Grundlage für lebendige ländliche Räume und eine sichere Ernährung. Gleichzeitig sprechen sich die Landwirte für einen konsequenten Bürokratieabbau aus, der Betrieben mehr Handlungsspielraum verschaffen und Verwaltungsaufwand reduzieren soll.
Ein weiterer Adressat der Aktion sind die Verbraucherinnen und Verbraucher in der Region. Die Landwirte rufen dazu auf, beim Einkauf bewusst auf Herkunft und Produktionsbedingungen zu achten. Hofläden, Verkaufsautomaten und andere Direktvermarktungsangebote böten regionale Produkte oft zu Preisen an, die nicht höher, teilweise sogar günstiger seien als im klassischen Lebensmitteleinzelhandel. Wer dort einkaufe, unterstütze unmittelbar die Betriebe vor Ort und trage dazu bei, regionale Wertschöpfungsketten zu erhalten.
Die Lichterfahrt selbst hat sich in den vergangenen Jahren zu einem festen Bestandteil der Vorweihnachtszeit im Kreis Viersen entwickelt. Auch 2025 bleibt die Route unverändert. Startpunkt ist am 21. Dezember um 17.00 Uhr in Dülken-Mackenstein. Von dort aus setzen sich die festlich geschmückten Traktoren in Bewegung und sorgen entlang der Strecke für leuchtende Akzente in der dunklen Jahreszeit. Viele der Fahrzeuge sind mit hunderten von Lichtern dekoriert und spiegeln den hohen ehrenamtlichen Einsatz der teilnehmenden Landwirte wider.
Der Streckenverlauf bis Viersen-Bockert: Technologiering, Metallstraße, Waldnieler Straße, Lange Straße, Theodor-Frings-Allee, Venloer Straße/Moselstraße, Kreuzherrenstraße, Alter Markt, Corneliusstraße, Viersener Straße, Tilburger Straße, Albertstraße, Bücklerstraße/Brabanter Straße, Kreyenbergstraße, Hartmutstraße, Theresienstraße, Karlstraße, Kampweg, Schirick, Freiheitsstraße, Willy-Brandt-Ring, Petersstraße, Alte Bruchstraße, Krefelder Straße, Flämische Allee, Maasweg, Hageau-Promenade, Kemperlandweg, am Steinkreis, Brüsseler Allee, Josefsring, Hohlstraße, Hoserkirchweg, Hüskesweg, Hoserkirchweg, Hardter Straße. (Angaben ohne Gewähr!)
Neben der optischen Wirkung steht für die Beteiligten vor allem die symbolische Bedeutung im Vordergrund. Die Lichter sollen Hoffnung ausdrücken – Hoffnung darauf, dass die Landwirtschaft in der Region auch künftig eine Perspektive hat und dass faire Rahmenbedingungen geschaffen werden, unter denen hochwertige Lebensmittel nachhaltig produziert werden können. Die Organisatoren machen deutlich, dass es dabei nicht nur um einzelne Betriebe geht, sondern um die gesamte Struktur des ländlichen Raums, um Arbeitsplätze, Ausbildungsplätze und die Pflege von Kulturlandschaften.
Zum Abschluss der Ankündigung richten die Landwirte aus dem Kreis Viersen ihre Weihnachtsgrüße an die Bevölkerung. Sie wünschen den Menschen in der Region und ihren Familien ein gesegnetes Weihnachtsfest sowie ein erfolgreiches Jahr 2026 und verbinden diese Wünsche mit der Hoffnung, auch im kommenden Jahr wieder mit einer Lichterfahrt ein Zeichen setzen zu können – für Gemeinschaft, regionale Verantwortung und eine zukunftsfähige Landwirtschaft. (sk)

