Bei Temperaturen knapp unter dem Siedepunkt waren die Sorgen groß, dass zum 33. Plattdeutschen Nachmittag am 22. Juni 2025 im evangelischen Gemeindezentrum die Aktiven weitgehend unter sich bleiben würden. Umso größer war die Erleichterung, dass doch so manche hitzeresistenten Freundinnen und Freunde der Wickrather Mundart die Reihen füllten.
Mönchengladbach – Uli Mones, Vorsitzender des Heimat- und Verkehrsverein Wickrath e.V., begrüßte die Gäste und entschuldigte die Initiatorin Irmgard Bautz, die leider nicht dabei sein konnte. An diesem Tag übernahm er erkennbar den Part des heiter-nachdenklichen Geschichtenerzählers. Er erinnerte sich an seine harten zehn Jahre im Grevenbroicher Exil, bis ihn das Heimweh schließlich von der Erft wieder Richtung Niers und Karotte trieb, dorthin, wo noch sein Elternhaus an der einstigen Gasstraße steht. Hier werden noch Traditionen gepflegt, Nachbarschaft großgeschrieben und Feste gefeiert. Sein Ratschlag fürs Leben: „Mensch, bliff Mensch!“
Kurt Eitel stellte in „Et bääste Stück“ die Allround-Nutzung einer „Kump“ vor, die früher nicht nur als Badewanne diente. Einst Waschzuber, Kartoffelwaschanlage, Heringsfass und Bowlegefäß in einem, steht sie heute – in Ehren ergraut – als Blumentopf im Garten. In „Alles verjäte mer net“ begegnete er auf dem Markt unverhofft seiner verflossenen Jugendliebe. Herzklopfen inklusive – und die Erkenntnis, dass die Zeit nicht zurückzudrehen ist. Es blieb bei diesem einen, bittersüßen Wiedersehen – aber das wirkte besser als jede Pille. Für herzhafte Lacher sorgte anschließend die Geschichte vom Kölner Zoo: Als der Gorilla starb, steckte man kurzerhand einen Arbeitslosen in dessen Fell. Pech: Er landete versehentlich im Löwengehege – Todesangst pur. Glück: Der Löwe entpuppte sich ebenfalls als Fake.
Gertrud Voiß wusste mit einer Erzählung über eine „Prumetaat“ zu begeistern, die sie und ihr Bruder zum Aufbacken bei Bäcker Krappen abliefern sollten. Dummerweise fiel beim Naschen das gute Stück auf den Boden, wurde vom nachsichtigen Bäcker aber durch eine neue Torte ersetzt. Aus Furcht vor möglichen Folgen für den Allerwertesten erzählten die Kinder zu Hause nichts. Nur Mutter wunderte sich über die winzigen Pflaumen. Waren die wirklich beim Backen so geschrumpft? Erst ein Jahr später folgte die Beichte.
Unverzichtbar für jede Hausfrau war der „Schöttelplack“, von dem die folgende Geschichte handelte. Es gab im Haushalt keinen „Uesel oder Knöös“, dem Mutter mit dem Spültuch nicht zu Leibe rückte – einschließlich triefender Rotznasen. Schließlich gab es noch einen kostenlosen und todsicheren Abnehmtipp: Einfach ein quietschendes Plastikschwein in den Kühlschrank stellen, was auf verschlungenen Pfaden die Pfunde purzeln lässt.
Von der Tücke des Objekts handelten mehrere kleine Episoden, die Bianca Kempers vortrug. „D´r Krollekopp“ drehte sich um die Beobachtung einer Dame, die man nur von hinten sah. Ständig zupfte und rupfte sie an ihrer Frisur herum und brachte sie in die gewünschte Form, dass es einem auf die Nerven ging. „Ob die nit weeß, wie doll se es?“ Als sie sich umdrehte – war´s ein Mann.
Auch im nächsten Stück ging’s um Damenfrisuren. Nach dem Friseurbesuch stichelte der Ehemann: „Sieht komisch aus.“ Ihre Replik: „Und? Hast du mich je gefragt, ob mir deine Glatze gefällt?“ Ein Spieglein an der Wand durfte dann ebenfalls mitreden und klärte darüber auf, was im Leben wirklich zählt. Und selbst das wildeste Kind erweist sich am Ende doch als „e lecker Schlömmke“.
Norbert Degen war wie immer für die musikalischen Einlagen zuständig. Früher hatte er den Song „Klappertüüt“ oft mit seinem Enkel vorgetragen, doch auch solo sorgte seine Ode an den Panhas zu allen Tageszeiten und mit merkwürdigsten Beilagen für Stimmung in der Bude. Brutaler wurde es beim selbst verfassten „Seekoas-Blues“, der von dreisten Ameisen handelt. Sie störten beim Rendezvous wie beim Verrichten des „Geschäfts“ im Möhrenbeet und wurden erbarmungslos bekämpft.
Auf vielfachen Wunsch erklang auch der Evergreen „Oma Schlomm“ wieder einmal, die das „verdammte Puutepack“ mit dem Schöttelplack verkamesölte. Und obwohl Käthi Herbertz, Urgestein des Plattdeutschen Nachmittags, aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen konnte, war sie zumindest musikalisch mit ihrem „Liedsche van Weckre“ präsent.
Wie im Fußball wurde zwischendurch eine wohlverdiente Trinkpause eingelegt – und siehe da: Sowohl Vortragende als auch Publikum überstanden die Hitze unbeschadet. Ein herzlicher Applaus verabschiedete die Vortragskünstler – in der Hoffnung, dass sie auch im nächsten Jahr mit köstlichen Anekdötchen wieder mit dabei sind und sich vielleicht auch neue Talente trauen „platt te kalle“. Die gesammelten Spenden fließen in die Anschaffung von Defibrillatoren für die ev. Gemeinde. (opm)

