Vorfahrt für kommunale Investitionen: IHK-Vollversammlung verabschiedet Positionspapier zur Kommunalfinanzierung

„Kommunale Standorte nachhaltig sichern – in die Zukunft investieren“ – so lautet der Titel eines Positionspapiers zu den Kommunalfinanzen, das die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein verabschiedet hat.

Region – Darin hat die IHK Leitlinien zur Verbesserung der kommunalen Finanzsituation formuliert. „In den kommenden Jahren kommt es darauf an, dass die Städte und Gemeinden unserer Region angesichts der anstehenden Transformationsaufgaben investieren“, erklärt IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. „Dazu müssen die Kommunen befähigt werden, ohne dass sie immer wieder an der Steuerschraube drehen und so den Standorten schaden und die Unternehmen in der derzeit ohnehin schwierigen Situation weiter belasten.“ Sollte der Investitionsstau in den Städten und Gemeinden nicht aufgelöst werden, bestehe die Gefahr, so Steinmetz, dass auch Unternehmen angesichts der sich verschlechternden Rahmenbedingungen weniger investieren.

Die doppelte Transformation aus Digitalisierung und Nachhaltigkeit fordert die Kommunen enorm. Ob kommunale Wärmeplanung, Ausbau der Verteilernetze, eine flächendeckende Versorgung mit einer gigabitfähigen Glasfaser- und Mobilfunkversorgung oder der Ausbau des ÖPNV-Netzes zum Gelingen der Verkehrswende: Die Kommunen müssen dringend investieren. „Das können sie nur, wenn die Kommunalfinanzierung gesichert ist“, erklärt Steinmetz. „Und neben den genannten außerordentlichen Herausforderungen müssen schließlich auch die üblichen kommunale Investitionen in Bildungseinrichtungen, Straßeninfrastruktur und Kinderbetreuung finanziert werden.“

Auch in den Kommunen des Kreises Viersen ist die Lage der Kommunalfinanzen herausfordernd. Der Schuldenstand ist hoch. Die Steuerkraft je Einwohner ist nur in Willich und Kempen höher als im Durchschnitt des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Gewerbesteuerhebe-sätze sind zwar niedriger als in der Region, aber das gilt nicht für den gesamten Kreis. In Kommunen wie Tönisvorst (485 Punkte), Grefrath (480) und Viersen (460) ist die Steuerlast für die Betriebe überdurchschnittlich hoch. „Hohe Steuersätze sind eine Hypothek bei der Ansiedlung steuerstarker Betriebe in der Region. Deswegen müssen weitere Erhöhungen vermieden werden“, appelliert Steinmetz. Zudem sei in den Kommunen der Region eine weitere wirksame Aufgabenkritik erforderlich. Dabei müssen Standards bei den Ausgaben und in der Aufgabenerfüllung grundsätzlich hinterfragt werden.

Gleichzeitig betont der IHK-Hauptgeschäftsführer, dass die Kommunen mit der Fülle der Aufgaben nicht allein gelassen werden dürfen: „Mit unserem Positionspapier zeigen wir auch, an welchen Stellschrauben gedreht werden kann, um den Kommunen zu helfen.“ So ist das Aufkommen der Gewerbesteuer sehr stark von der Konjunktur abhängig. Deswegen fordert die IHK bei der Gewerbesteuer eine grundlegende Reform, hin zu einer gewinnabhängigen Kommunalsteuer mit eigenem Hebesatzrecht für alle Wirtschaftsaktivitäten.

Trotz der Haushaltsprobleme im Land fordert die IHK zudem eine Erhöhung der Verbundquote im Gemeindefinanzierungsgesetz. Dabei geht es um den Anteil der Kommunen an allen Steuereinnahmen. Das würde zu einer verbesserten Finanzausstattung führen – so die IHK. Noch in den 1980er Jahren lag der Anteil von heute 23 Prozent deutlich höher, bei mehr als 28 Prozent. „Eine Verbesserung der kommunalen Finanzausstattung sollte mit der Verpflichtung auf Umsetzung der investiven Aufgaben erfolgen. Wir sind dafür, die Kommunen zum Investieren zu befähigen – nicht zum Konsumieren“, betont Steinmetz.

Einen ähnlichen Weg kann sich Steinmetz auch vorstellen, wenn es um das Thema „Altschulden“ geht. „Städten mit hohen Schulden muss geholfen werden – das darf aber nicht zu Lasten der Kommunen gehen, die gut gewirtschaftet haben“, so der IHK-Hauptgeschäftsführer. Zudem sollten Bund und Länder nach Auffassung von Steinmetz die Kommunen von Bürokratie entlasten. Die stringente Durchsetzung des Konnexitätsprinzips – also der Verabredung, dass diejenige föderale Ebene die Kosten übernimmt, die eine neue Aufgabe angestoßen hat – sieht die IHK in der anstehenden Transformation als unumgänglich an.

Große Hoffnungen bei Investitionen in die Transformation setzt der IHK-Hauptgeschäftsführer in die kommunalen Unternehmen. „Sie sind in unserer Region wirtschaftlich sehr gesund. Sie werden viele der anstehenden Aufgaben selbstständig stemmen können“, so Steinmetz. Allerdings gibt der Hauptgeschäftsführer zu bedenken, dass dies zu einem deutlich höheren Kapitaldienst führt. Und dieser wiederum verringert die Ausschüttungen an die Kommunen. (opm)