Das Schlagen des Hammers verkündete das Karnevalserwachen an der Narrenmühle

Zur Dülkener Narrenmühle strömten zum traditionellen Karnevalsauftakt erneut Jecken aus der ganzen Region. Hier, und nur hier, reiten erwachsene Männer auf Holzpferden um eine Mühle und ein Rector magnificus schwingt gleich drei Mal den Hammer.
Von RS-Redakteur Dietmar Thelen und Leo Dillikrath

Viersen-Dülken – Die Sterne rahmten den Mond ein, der wohlwollend auf die Dülkener Narrenmühle schien, als ein lebendiges Treiben an der historischen Bockwindmühle ein besonderes Ereignis ankündigte. Hier kamen hier die Karnevalisten für ein Karnevalserwachen zusammen, welches über die Grenzen der Region hinaus in dieser Form einzigartig ist. Denn wo sonst starten die Narren schon mit dem Ritt um die Narrenmühle und mit drei Hammerschlägen in die Session, die unter dem Motto des Vaterstädtischen Vereins Dülken „Dölke woar jeck – öss jeck – blivvt jeck“ stehen wird.

Traditionell gebührt dem Rector magnificus zuvor die schwere Aufgabe die Tollitäten der vergangenen Session zu verabschieden. Doch in diesem Jahr ist alles eben ein wenig anders. So gab es keine Prinzenpaare, ob groß oder klein, zu verabschieden, und die närrischen Zepter kommen in der Stadt mit dem Stripke auch in der bevorstehenden Session nicht zum Einsatz. So sprach auch Dr. Arie Nabrings, als ehrwürdiger Rector magnificus, in seiner Rede das Fehlen der wichtigen Protagonisten an.

Foto: Rheinischer Spiegel

„Es ist wieder so weit. Der Elfte im Elften rief uns heraus, um an unserer Mühle den Beginn der fünften Jahreszeit zu feiern. Den Ruf haben viele gehört und so begrüße ich herzlich die Vertreterinnen und Vertreter der Dülkener Karnevalsvereine sowie Groß und Klein im närrischen Volk“, so der Rector magnificus. „Es ist also alles vorbereitet. Aber leider nicht so ganz. Etwas Wichtiges fehlt, und zwar unsere großen und kleinen Prinzenpaare. Bewerbungen gingen nicht ein. Wir können keine verabschieden und keine ankündigen. Überdies fiel in der verflossenen Session der Rosenmontagszug aus.“ Dennoch starte man getrost in die neue Session, denn schließlich feierten gerade erst die Boisheimer Karnevalisten die Proklamation ihres neuen Prinzenpaares und die zahlreichen Veranstaltungseinladungen ließen einen hoffnungsvollen Blick auf das bunte Brauchtum zu.

Schon 1505 traf man sich an einer Mühle, damals noch an der Tränkenmühle vor dem Süchtelner Tor außerhalb der Stadtmauer und des Stadtbanns. Sie war die „Ur“-Mühle, die zunächst im Jahr 1800 durch einen Orkan zerstört und nach dem Wiederaufbau 1880 bei einem Brand zerstört wurde. 1809 baute dann Witwe Holtz die heutige Narrenmühle zur Nutzung als Kornmühle vor dem Gladbacher Tor. Seit 1810 nun treffen sich die Karnevalisten an dieser Mühle, die 1906 an die Stadt Dülken, damals freie Hansestadt Dülken, übergeben wurde. Im Jahre 1937 übergab die Stadt Dülken die Mühle zur Nutzung und Betreuung. Hier tagt seit 1950 der Senat der Narrenakademie im Großen Weisheitssaal und seit 1952 beherbergt die Mühle das einzige Narrenmuseum der Welt. Daran hat sich bis heute nichts geändert und so erschallte gewohnt an diesem Karnevalserwachen wieder das traditionelle Lied „11.000 Jecken reiten auf Stecken“.

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„Komponiert hat es in den 1930er Jahren Heinz Luhnen. Wie kam er nur darauf? Dazu müssen wir nach Köln blicken. Dort gibt es die Legende von der Heiligen Ursula mit den 11.000 Kölner Jungfrauen“, erklärte Dr. Arie Nabrings mit einem geschichtlich nicht ganz so gesicherten Schmankerl. „Die Heilige wollte mit ihnen nach Rom ziehen. Auf der Rückreise wurden sie in Köln von den Hunnen überfallen. Der Hunnenkönig begehrte Ursula, doch weil sie sich verweigerte, wurde sie mit einem Pfeil erschossen. Das war ihr tragisches Ende. Ihre Romfahrt mit den 11.000 Jungfrauen lebte aber in der Erinnerung fort.“

Tatsächlich sei das Leben der heiligen Ursula allerdings in keiner zeitgenössischen Quelle bezeugt. Die Zahl der 11.000 Jungfrauen solle sogar auf einen Rechenfehler zurückgehen. Wahrscheinlich habe ein Viersener gezählt, fügte der Rector magnificus schmunzelt hinzu und fuhr fort: „Wie dem auch sei. Die Frage stand jedenfalls im Raum, was potentiell 11.000 Männer machen sollten, als ihre möglichen Bräute nach Rom gezogen waren. Wir wissen heute, sie kamen nach Dülken und ritten um die Mühle, denn sie wussten mit ihrer Zeit nichts anderes anzufangen. Wir reiten seitdem in Erinnerung an den Besuch der Kölner um unsere Narrenmühle, und das griff Heinz Luhnen auf, als er 11.000 Jecken musikalisch in Szene setzte.“

Worte, die die Karnevalisten begleiteten, als dann der Holzhammer mit einem dreifachen „Gloria tibi Dülken“ seinen Einsatz fand. Drei Schläge, die weit vom Wind getragen wurden und vielleicht doch noch potentielle Prinzenpaare erreichten. (dt)

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