AMG-Schüler sammelten für die „Freunde von Kanew“

Stolze 4.000 Euro haben Schüler des bischöflichen Albertus-Magnus-Gymnasiums Dülken für Menschen in der Ukraine gesammelt. Die Übergabe an die „Freunde von Kanew“ verbanden die engagierten Sammler mit einer Interviewrunde zur aktuellen Lage in dem Kriegsgebiet. Dringend benötigt werden Verbandsmaterialien, Babynahrung, Konserven, Hygieneartikel, aber auch gut erhaltene Kleidung.
Von RS-Redakteurin Nadja Becker

Viersen-Dülken – Eine besondere Spendenaktion stand in den vergangenen Wochen im Mittelpunkt zahlreicher Schüler des Albertus-Magnus-Gymnasiums in Dülken. Ihr gemeinsames Ziel war die Unterstützung der humanitären Hilfsorganisation „Freunde von Kanew e. V.“, die seit Kriegsbeginn in der Ukraine ihr Engagement nochmals verstärkt hat. Neben großzügigen Spenden aus einem Benefizkonzert, schmissen Schüler der 8., 9. und 11. Klasse Zuhause die Backöfen an, kreierten Kuchen und Waffeln, deren Verkaufserlös in den Pausen ebenfalls in den Spendentopf floss.

Insgesamt 4.000 Euro kamen so zusammen, die allerdings nicht „mal eben“ übergeben wurden. Für die Schüler war es nicht nur wichtig zu erfahren, wie ihre Spenden eingesetzt werden, ebenfalls die Lage vor Ort stand im Mittelpunkt einer Interviewrunde, zu der Dr. Paul Schrömbges, 1. Vorsitzender der Freunde von Kanew, 2. Vorsitzender Uwe Zöllner sowie Mohammad Faruq Faruqi, Leiter der Viersener Hilfsgüter-Sammelstelle, sich gerne Zeit genommen hatten. Schulleiterin Ursula Deggerich begrüßte die Möglichkeit der „Live-Politikstunde“, die zudem Impulse für weitere Unterstützungsmöglichkeiten der Hilfsorganisation aufzeigte.

Stolze 4.000 Euro haben Schüler des bischöflichen Albertus-Magnus-Gymnasiums Dülken für Menschen in der Ukraine gesammelt. Foto: Rheinischer Spiegel

„Unsere Schülerinnen und Schüler sind mehrfach zu mir gekommen und haben gefragt: ‚Was können wir tun?‘“, so die AMG-Schulleiterin. „Als der Krieg ausbrach waren viele Schülerinnen und Schüler höchst irritiert und sie fühlten sich hilflos. Wir haben im Unterricht über die Situation gesprochen und es wurden schnell Ideen vorgestellt, wie eine Unterstützung aussehen könnte.“ Der Verein „Freunde von Kanew e. V.“ ist aus der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl entstanden, bei der unter anderem engagiert der mittlerweile verstorbene Politiker Fritz Meies Hilfsangebote für die dort unter gesundheitlichen Einschränkungen leidenden Menschen schuf. Es entwickelte sich eine Partnerschaft zwischen Viersen und Kanew, im Zuge dessen wurden 1993 dann auch der heutige Hilfsverein gegründet.

„Bei uns fließen 0 % der Spenden in die Verwaltungsarbeit“, erklärte Dr. Paul Schrömbges. „Wir arbeiten ehrenamtlich.“ Das Sammellager für Hilfsgüter an der Viersener Straße 74 in Dülken ist werktags von 8:00 – 14:00 Uhr geöffnet. Hier bereitet Leiter Mohammad Faruq Faruqi die Spenden für den Weitertransport in die Ukraine vor, der seit 30 Jahren das Lager der Freunde von Kanew betreut. Das allerdings sei nicht ganz so einfach, denn die Zollbestimmungen sind kompliziert und der Bürokratismus hoch. Jedes Paket wird deshalb detailliert beschriftet und in Kaldenkirchen bei der Zollstelle geprüft, bevor der jeweilige LKW verplombt wird. An der ukrainischen Grenze erfolgt eine erneute Prüfung. Darf der LKW dann in die Ukraine einreichen, werden die Hilfsgüter dort ausgeladen und erneut verplombt, bis das Zollamt in Kiew die Begleitpapiere freigibt. Das dauert durchschnittlich 4 – 6 Wochen, durchaus aber auch drei Monate. Günstig ist der Transport zudem nicht, kostete er vor zwei Jahren noch 2.000 Euro, sind es durch gestiegene Benzinpreise, Zollgebühren usw. mittlerweile 4.000 Euro.

Jede Menge Spenden werden benötigt um einen 40 Tonner voll zu beladen, der Material für aktuell dreißig Projekte fassen kann. Neben diesen Projekten, die bei der Unterstützung von Krankenhäusern beginnen oder auch Schulen, ein Reha-Zentrum sowie die Feuerwehr umfassen, liegt der momentane Schwerpunkt dort, wo in dem Kriegsgebiet situationsabhängig Hilfe gebraucht wird. „Eine Verladung dauert ungefähr fünf Stunden, also bis wir den LKW überhaupt auf die Reise geben können“, erklärte Uwe Zöllner, der den Schülern umfangreich erklärte, wo teilweise die Spenden in Deutschland gesammelt werden, darunter das ehemalige Krankenhaus in Willich. „So ein Transport hat durchaus schon mal einen Wert zwischen 150.000 und 250.000 Euro. Aber das ist immer noch ein Tropfen auf den heißen Stein.“ Kanew selbst erinnere dabei an die Zeit 1965/1970 in Deutschland. Ein Beispiel sei eine Spende von elektrischen Krankenhausbetten, die nicht angeschlossen werden konnten, da der Stromverbrauch das Krankenhaus lahmgelegt hätte.

Foto: Rheinischer Spiegel

„Es ist anders, aber auch sehr schön“, ergänzte Zöllner und berichtete, dass er bereits vor zwanzig Jahren das erste Mal Kanew besucht hatte. Dr. Schrömbges erklärte, dass keine Hightech-Spenden geschickt werden können, weil die Ersatzteile fehlen. „Man muss Sachen schicken, die reparabel sind“, so Schrömbges. Der Verein sammelt nicht nur Geld, denn es gibt einige Spenden, die hinzugekauft werden müssen, darunter beispielsweise wichtige Medikamente, sondern ebenfalls Sachspenden mit denen jeder etwas Gutes tun kann. „Wir glauben, dass die Bedürftigkeit nicht im Juli beendet ist.“ Mitte Juni geht der nächste Transport auf die Reise, dringend benötigt werden Verbandsmaterialien, Babynahrung, Konserven, Hygieneartikel sowie gut erhaltene Kleidung für Kinder, Frauen und Männer.

„Das Essen wird knapp, denn durch Flüchtlinge aus den zerstörten Städten hat die Stadt Kanew rund 5.000 Menschen mehr zu versorgen“, so Zöllner. „Die Versorgung vor Ort ist zusammengebrochen und deshalb wird der nächste Transport viele Medikamente und Lebensmittel enthalten.“ Aber auch Kleidung wird gerne angenommen, ergänzt Schrömbges. Viel sei nach Kanew gefahren worden, doch auch die ukrainischen Flüchtlinge, die in Viersen nur mit einer Plastiktüte angekommen waren, haben die Möglichkeit sich bei den Freunden von Kanew zu versorgen. „Das heißt, wir haben viel Besuch in unserem Lager. Wir brauchen hier primär Kleidung für Kinder und Frauen, die Männerbekleidung wird dringend in der Ukraine benötigt.“ Beispielsweise wenn jemand verstorben ist und niemand weiß wohin mit dem Inhalt des Kleiderschranks, freuen sich die Freunde von Kanew über eine Spende (freundevonkanew.de). (nb)