Es war das erste Live-Festival des Jahres und längst ein Muss für alle Fans, die dafür sorgten, dass das Süchtelner Josefshaus ausverkauft war. Die „Familie“ feierte dabei nicht nur ein fesselndes Jubiläum, sie erinnerte ebenfalls an „Tappi“ mit einem besonderen musikalischen Moment.
Von RS-Redakteur Dietmar Thelen und Rita Stertz
Viersen-Süchteln – Das Süchtelner Josefshaus hatte sich fein gemacht für ein Event der Extraklasse am Niederrhein. Auch „Süchteln brennt“ hatte pausieren müssen, umso mehr hatten sich die Gäste auf diesen Januar gefreut, als es hieß Party zum 25. Mal. Geboten wurde ein „Rundum sorglos Rockpaket“ mit Stagediving für Markus Heines und mit einem feinen Line-Up, welches dafür sorgte, dass garantiert kein Fuß ruhig stehen blieb. Vier Bands sorgten für den besonderen Abend in familiärer Atmosphäre – endlich wieder gemeinsam und irgendwie gewohnt normal ohne die schlechten Erinnerungen an die vergangenen Monate.

Die Bühne eroberte ein Urgestein des Rockfestivals „Süchteln brennt“. LEAF war nach 2003 zurück in Süchteln und eigentlich stellte sich die Frage, ob man sie – wieder – als Newcomer bezeichnen kann. Jaime Scholz (Gesang), Timo Brauwers (Gitarre), Martin Rollmann (Bass) und Achim Buschmann (Schlagzeug) sind nämlich eher alte Hasen und in der Region bekannt.
Ihre musikalische Historie reicht über zwanzig Jahre zurück, tatsächlich allerdings brachte die Band Leaf erst im vergangenen Sommer beim Heimspiel in der Viersener Rockschicht die erste Live-Show nach neun Jahren auf die Bühne. Energiegeladen, kraftvoll, mitreißend – so wie im Süchtelner Josefshaus.

Nicht ganz so kurz war die Anreise für die Kölner Band Stereogold. Erst im vergangenen Jahr haben sie ihr Debüt-Album „Verlierer“ veröffentlicht und laden zu elf Songs ein, die Momentaufnahmen des jungen Lebens beleuchten – besonders das Erwachsenwerden und damit verbundene Veränderungen, Beziehungen, die einhergehende Aufbruchsstimmung, Euphorie und Zukunftszweifel.
Wuchtige Sounds und starke Emotionen – fernab jeglicher Konventionen. Experimentelle elektronische Klänge sowie ehrliche Gitarrenriffs, die atmosphärische Elektroniksounds durchbrechen, die vier Musiker wussten die Bühne zum Beben zu bringen.

Längst war die Stimmung frenetisch, leidenschaftlich und tosend, als mitreißender Ska-Punk aus Nancy in Frankreich geboten wurde und das Publikum zum Abschluss des Auftrittes die Bühne erklimmen durfte. P.O. Box wurde 2001 gegründet und starteten diesem Jahr mit ihrer „German Winter Tour“ wo? … Natürlich in Süchteln. Die sechsköpfige Band ist bekannt für die wechselnde Stilistik ihrer Musik – einer Mischung aus Punk, Ska und Metal-Riffs, mit der sie ebenso für ein mitreißendes Hörvergnügen sorgten wie die Elfmorgen, die längst keine Unbekannten mehr auf der Bühne in Süchteln waren.

Die Musiker aus Wetterau in Hessen berichten von sich selber als eine der ältesten Newcomer-Bands Deutschlands und eigentlich den letzten Dinosauriern im Hessischen Newcomer-Treiben. Alt und dinosaurierhaft wären allerdings keine Eigenschaften mit denen diese Band zu beschreiben ist. Ihre Songs waren erneut, nach Auftritten in 2016, 2018 und 2020 im Josefshaus, geprägt von deutschen Texten – geradeaus und ehrlich. Bereits beim „Eier mit Speck-Festival“ hatten sie überzeugt und ebenso war es, als der Saal brannte zu Klängen zwischen Indie, Punk, Deutschrock und Reggae.
Bis hin zu dem Moment einer besonderen Ehrerbietung, als Sänger Andi Schmaus „Halt die Welt an“ dem Mikrofon nicht nur für das Publikum übergab, sondern auch an „Tappi“, Christoph Tappeßer, erinnerte. Unerwartet im August 2021 verstorben, bleibt die emotionale Erinnerung an den Frontmann der Band Ranzig und Mitbegründer des „Eier mit Speck-Festivals“. (dt)
