Die KG Helenabrunn brachte ein letztes Mal das evangelische Gemeindehaus zum Beben

Mit „Ene jeht noch“ feierte die Karnevalsgesellschaft Helenabrunn nicht nur die letzte närrische Sitzung im ausverkauften evangelischen Gemeindehaus – es war auf unbestimmte Zeit auch sonst zunächst die letzte Veranstaltung, denn noch ist die Zukunft der Traditionshauses nicht gesichert.
Von RS-Redakteur Dietmar Thelen und Martin Häming

Viersche – Erst zwei Jahre Corona-Pause, dann plötzlich keine Veranstaltungen im evangelischen Gemeindehaus mehr. Die Karnevalsvereine in Alt-Viersen haben es auch in dieser Session wahrlich nicht leicht. Zwar werden ab Sommer erst einmal keine Events mehr in dem denkmalgeschützten Traditionshaus stattfinden, doch noch ist nicht alles verloren und viele verschiedene Seiten arbeiten an einer Lösung zum Erhalt einer Veranstaltungsstätte.

Bisher allerdings müssen die Vereine davon ausgehen, dass die Galasitzung der Karnevalsgesellschaft die letzte närrische Veranstaltung war, die an der Königsallee stattfinden konnte. Mit „Ene jeht noch“ schloss die Gesellschaft nicht nur das evangelische Gemeindehaus ab, es war traditionell auch sonst die letzte Galasitzung in Alt-Viersen, die der 5. Jahreszeit stattfand.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Angeführt von Präsident Helmut Schatten, der erneut das Mikrofon auf der Bühne führte, wurde die Gesellschaft in diesem Jahr von lilafarbenen Uniformen aus Dülken begleitet. Vor dem Start des künstlerischen Programms richtete sich das Scheinwerferlicht zunächst jedoch auf zwei besondere Karnevalisten.

Mit dem KLN-Orden in Gold zeichnete der Karnevalsverband linker Niederrhein nach langem Engagement im närrischen Brauchtum Martina Lafranconi aus. Die Karnevalistin ist längst aus der Karnevalsgesellschaft Helenabrunn nicht mehr wegzudenken und die „Frau für alle Fälle“.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Ebenfalls ein „Tausendsassa“ ist André Schiffer, der vielen sicherlich nicht nur als Ehrenvorsitzender des Viersener Tambour Corps 1925 e.V. bekannt ist. Er übernimmt in diesem Jahr die Ehre des neuen Senators der Gesellschaft, im Brauchtum – ob nun im Winter oder Sommer – ist er schon seit Jahrzehnten beheimatet.

In der Kinderprinzengarde der Roahser Jonges war er ebenso aktiv, wie immer noch bei den Schwarzen-Husaren Oberbeberich, beim Bettrather-Tamboucorps oder als Senator der Prinzengarde, in der Generalität der St. Notburga Bruderschaft Viersen-Rahser und natürlich beim Viersener Tambour Corps, um nur einige seiner Aktivitäten zu nennen.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Erstmals eröffnete nach den besonderen Ehrungen der KV de Üüle Dülken e. V. mit seinen Tanzmariechen das abwechslungsreiche Abendprogramm, welches vorbereitete auf das Viersener Prinzenpaar, eingespielt vom Viersener Tambourcorps und tänzerisch begleitet von der Prinzengarde in ihren strahlend roten Ornaten und den gesammelten tänzerischen Zugaben.

Moment, Prinzenpaar? Auf der Bühne stand nur ein Prinz, ohne seine Prinzessin. Diese ist leider kurz vor dem Höhepunkt der närrischen Session erkrankt. Wünsche gab es zur guten Besserung von der närrischen Welt in Viersche und natürlich auch von der RS-Redaktion.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Zum Abschluss des Sitzungskarnevals in Alt-Viersen erinnerte Prinz Lothar II. nochmals an die Kunst-Versteigerung zugunsten des Don Bosco-Heims. Das amerikanische Bieterverfahren läuft auf Hochtouren. Zum Ende des Prinzenspiels soll das exklusive Kunstwerk, welches die Tollitäten für die närrische Zeit in Auftrag gegeben haben und aus der Feder der Viersener Künstlerin Anja Hinzmann stammt, den Besitzer wechseln.

Versteigert wird ein Kunstwerk in Mischtechnik Acryl/Aquarell, 30 x 40 cm. Jeder kann jederzeit mitbieten, indem er seinen frei gewählten Bietbetrag per Paypal oder Überweisung abgibt. Der Bieter mit dem Höchstgebot bekommt dann nach Ablauf der Bietfrist den Zuschlag.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Geboten wird entweder ganz schnell über Paypal: vierscherprinzenpaar@gmail.com oder auf klassischem Wege per Überweisung auf das eigens eingerichtete Spendenkonto: Kontoinhaber: Regina und Lothar Beeck, IBAN: DE08 3146 0290 0409 8460 25. Nach derzeitigen Planungen läuft die Versteigerung bis Aschermittwoch, 22. Februar 2023.

Je nach aktueller Entwicklungslage behält sich das Prinzenpaar vor, den Termin möglicherweise zu verschieben. Der aktuell gültige Bietschluss ist auf Facebook und Instagram unter „vierscherprinzenpaar“ zu finden und noch in der vergangenen Woche zumindest kam der Höchstbetrag aus der Irmgardisstadt.

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Von einer vollen Bühne wechselte das Bild zu nur einem einzigen Künstler, der als „ne kölsche Köbes“ die besten Schwätzchen aus dem Brauhaus kannte. Die schönsten Geschichten und der tägliche Wahnsinn verbanden sich manchmal ein wenig anzüglich, aber feine Sitten, nein, die kann man von einem echten Köbes, der dargestellt von Alex Höfel für Lachsalven sorgte, nun wirklich nicht erwarten.

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Der „jeckentaugliche“ Büttenredner übergab die Karnevalisten zunächst an de Üüle-Tanzmariechen Clara und dann an eine weitere Büttenrednerin. Die Lachmuskeln kitzelte erneut „Antje Pikantje“ aus Lobberich, alias Steffi Becker, mit Büttenrede und stimmlichen Können. „Ich bin so froh, dass wir endlich wieder gemeinsam feiern können“, so die Künstlerin in passender gestreifter, niederländischer Tracht mit weißem Häubchen und natürlich Käse im Gepäck.

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An sie schloss sich Katharina Köppen mit „Viva Colonia“ an, die auf den Oktoberfesten als „Kölsches Edelweiß“ bekannt ist. Mit Blooskapell un Heidewitzka is se opjewachse. Do kann mer nur sare: Naturbeklopp. Dabei war der Anfang gewohnt schwer, auch wenn sie das nicht ändern würde. Geboren in Köln-Mülheim und in Köln-Flittard, also dem rechtsrheinischen Norden, war sie schon als das „singende Mädchen“ im Dorf bekannt.

„Es gab keinen Tag ohne Schlager für mich“, so Köppen. „Musik begleitete mich mein ganzes Leben, ich sang in Chören, tingelte von Band zu Band, spielte mit unterschiedlichen Combos und sammelte meine Erfahrung.“ Heute ist sie ein bekannter Act auf den schönsten Bühnen – von Karneval bis Weihnachtsfeier – und ihre Leidenschaft als Songwriter machte sie auch bei anderen Künstlern bekannt.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

„Die Lück im Dorf die sare all ich bin verröck, dobei bin ich doch jod drop Wat e jlöck. Ich ston OP-Uniform jo es dat dann en schand. Wenn du dich bewächs bin ich us Ran un Band. Und wenn ich dann noch Ding schwinge Sin, dann bin ich, dann bin ich völlig hin. Uh, du mäs mich völlig blind, kum un Schwung Ding stippeföttchen zu mir hin“, natürlich durfte ihre Stippefott-Hommage nicht fehlen, bis sie, natürlich nach einer Zugabe, von den Dröpkes abgelöst wurde.

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Die Dröpkes starten in dieser Session wieder voll durch und punkteten mit einer neuen Besetzung. Eigentlich hätten sie ja 2021 ihr 25-jähriges Jubiläum feiern wollen, aber Corona sorgte für den bekannten Stillstand, von dem jetzt bei den Musikern nichts mehr zu spüren war. Gegründet die Mönchengladbacher Band übrigens bereits 1996 als „Dahler Dröpkes“.

Mit „25 + 2“ meldeten sie sich nicht nur nach ihrem Jubiläum, sondern auch mit Drummer Simon Heinen zurück, der für Burkhard Weltermann die Gruppe ebenso ergänzt wie Michael Gleissner. Ihre eigenen Stücke „Et kütt wie et kütt“ und „Kumm Mädche danz“ sind nicht die einzigen Ohrwürmer in ihrem Repertoire, auch der Song „Mönchengladbach – meine Stadt am Niederrhein“ stammt aus ihrer Feder.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Als dann „Ham & Egg“ angekündigt wurde, blieb zunächst der Gedanke an ein Frühstück. Weit gefehlt, denn Jörg Dilthey und Andreas Schmitz sind Deutschlands schrillste Beamte. Aus Niederkassel bei Bonn stammt das Künstler-Duo, welches in der Travestie-Szene beheimatet ist. Deutsche Schlager in schriller Kostümierung? Ja, damit kennen sich die beiden aus, deren Shows als ein Mix aus Komik, Gesang, Tanz, Sketchen und Conférencen konzipiert sind.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Ihre ersten Versuche starten sie dabei im kleinen Rahmen zu Silvester 1996 – wer hätte damals gedacht, dass sie bereits 2011 in Las Vegas die Bühnen erobern würden. Und wer steckt nun hinter den wechselnden Kostümen? Ham, alias Jörg Dilthey, war nicht nur als Fotosetzer im Bundeskanzleramt tätig, er arbeitet seit 2004 in der Medienzentrale der Bundeswehr in Sankt Augustin als Redaktionsassistent bei dem Fernsehsender bwtv. Auch Egg, alias Andreas Schmitz, schlug die Beamtenlaufbahn ein und ist in der Bonner Stadtverwaltung tätig.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

So schrill konnte der nächste und abschließende Act gar nicht mehr sein, den „De Kellerjunges“ bestritten, während Detlef Kremers den Abend über regelmäßig die Pausen und Schunkelminuten übernommen hatte. Begleitet von viel Lachen und Freude fand die närrische Galasitzung der Karnevalsgesellschaft Helenabrunn nach Mitternacht ihren Abschluss.

Mit kölschen Klassikern, zu denen der Saal nicht nur tanzen konnte, sondern die zudem im Chor mitgeschmettert wurden, brachte die Band das evangelische Gemeindehaus nicht ohne mehrere Zugaben zum Beben und bereitete vor auf die kommenden Tage, an welchen der Straßenkarneval seinen Auftakt und seinen Höhepunkt der 5. Jahreszeit begehen wird. (dt)

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming