Seit Beginn des Angriffskrieges auf die Ukraine werden die Rechte von Kindern gravierend verletzt. Eine Studie der Kindernothilfe dokumentiert eine Vielzahl von nach Russland verschleppten ukrainischen Kindern und Jugendlichen. Entführungen gehören zu den sechs schwersten Kinderrechtsverletzungen in bewaffneten Konflikten und stellen Kriegsverbrechen dar.
Ukraine – „Die Verschleppung von Kindern ist ein schweres Kriegsverbrechen, das wir auf das Schärfste verurteilen“, mahnt Kindernothilfe-Vorstandsvorsitzende Katrin Weidemann. „Wir müssen uns dafür einsetzen, dass der Krieg nicht weiter die Kindheit und das Leben unzähliger Mädchen und Jungen zerstört“, so Weidemann.
Zu den fünf der sechs schwersten Kinderrechtsverletzungen nach der UN-Kinderrechtskonvention gehören Tötung oder Schädigung der Gesundheit von Kindern, Vergewaltigung und andere Formen der sexualisierten Gewalt, Entführungen, Angriffe auf Schulen und Krankenhäuser sowie die Beschränkung des Zugangs zu humanitärer Hilfe. Die Kindernothilfe hat mithilfe einer Anwältin und Menschenrechtsaktivistin ukrainische und russische Menschenrechtsaktivist:innen sowie Betroffene und UN-Organisationen zu den Entführungen befragt.
„Es steht außer Frage, dass ukrainische Mädchen und Jungen aus ihrer Heimat entführt werden“, sagt Frank Mischo, Advocacy Manager der Kindernothilfe, der die Studie begleitet hat. Die Ukraine geht von mehr als 16.000 Kindern aus. „Genaue und verlässliche Zahlen in der Kriegssituation zu erheben, ist jedoch äußerst problematisch“, so Mischo. Verschiedene Organisationen und Studien haben bislang unterschiedliche Zahlen genannt. Die Kindernothilfe fordert daher dringend transparente Zahlen, die methodisch sauber erhoben wurden. Nur so können zielgenaue Maßnahmen für entführte Mädchen und Jungen umgesetzt und durch eine Strafverfolgung Gerechtigkeit für die betroffenen Kinder erreicht werden.
Vor dem Angriffskrieg war die Ukraine das Land mit der größten Anzahl von Heimkindern in Europa. Nach offiziellen Angaben waren rund 91.000 Mädchen und Jungen in Waisenhäusern, Internaten und anderen Einrichtungen untergebracht. Fast die Hälfte von ihnen seien Kinder mit einer Behinderung. Mehr als 1.000 von ihnen wurden nach Russland deportiert.
„Die Sicherheit der besonders vulnerablen Kinder und Jugendlichen muss auch im Konflikt zwingend gewährleistet sein“, betont Katrin Weidemann. Die Kinderrechtsorganisation fordert die sofortige Rückführung der entführten Mädchen und Jungen sowie ihren Schutz vor jeglicher Gewalt. Außerdem benötigen sie wichtige psychosoziale Unterstützung und medizinische Versorgung.
Die Kindernothilfe arbeitet weiter an Studien zu den schwersten Kinderrechtsverletzungen im Angriffskrieg auf die Ukraine. Seit einem Jahr ist sie in Moldau, Rumänien und in der Ukraine aktiv und fördert mehr als zehn Projekte in den Ländern. Dadurch konnten die Kindernothilfe und ihre Partner bislang rund 20.000 Kinder und Jugendliche unterstützen. Die Hilfe konzentriert sich auf Soforthilfe, psychosoziale und medizinische Unterstützung sowie Bildungsangebote für die geflüchteten Kinder und Familien. (opm)