Fehlende Gesamtschulplätze in Viersen

Im Schulausschuss der Stadt Viersen wurde über die Beschlussvorlagen für den Rat auf Grundlage des Schulentwicklungsplans (SEP) des Unternehmens „biregio“, Wolf Krämer-Mandeau, beraten und abgestimmt. Bereits im Vorfeld gab es immer größere Ungereimtheiten bezüglich des Gutachtens. Und es kam noch dramatischer.

Viersen-Dülken – Maja Roth-Schmidt, die Sprecherin der GRÜNEN im Schulausschuss hatte das Gutachten am gründlichsten gelesen. Sie stellte anhand des SEP faktisch klar, dass der bisher behauptete Mehrbedarf an Grundschulklassen für Dülken nicht bestehe. Damit sei der zuletzt geforderte Umbau des Standorts Kettelerstraße (PRIMUS-Schule) in eine vierzügige Grundschule hinfällig. Gleichzeitig belegte sie, dass eine zweizügige PRIMUS-Schule laut SEP kostenneutral an ihrem Standort erhalten werden könne. Weder die Verwaltung noch die Parteien widersprachen. Damit seien Entscheidungen bezüglich der PRIMUS-Schule nicht mehr notwendig.

Erst jetzt wiesen SPD und CDU auf die Anmeldezahlen und die Übergangszahlen hin, die nicht dem ursprünglichen Konzept entsprächen. Diese und die Behauptung, dass die PRIMUS-Schule Viersen für die wissenschaftliche Begleitforschung keine Bedeutung mehr habe, waren ihre einzig verbleibenden Argumente. Dass der Gutachter keine belastbaren Zahlen dazu lieferte, wurde nicht thematisiert.

Foto: PRIMUS-Schule

Georg Balster, Schulleiter der PRIMUS-Schule, wurde drastischer: „Ich weiß, Sie wollen das nicht hören. Aber Sie haben im Bereich der Gymnasien, Realschulen und Hauptschulen ein Abschulungsproblem. Jedes Jahr müssen Schüler:innen nach Klasse 6 im Umfang von mindestens 2 Klassen (laut Verwaltung) ihre Schule verlassen und erleben sehr demütigende Monate. Das gibt es weder an der Gesamtschule noch an unserer PRIMUS-Schule.“ Tatsächlich belegen dies die steigenden Zahlen an der Hauptschule in Jahrgang 7, die von einem Zug auf drei Züge anwächst. Auch Dr. Martin Landmann, Schulleiter der Gesamtschule bestätigt, dass aktuell schon 22 Anfragen von Schulwechslern an seiner Schule eingegangen seien. Und die „Hauptsaison“ stünde noch bevor.

Er äußerte sich bedauernd darüber, dass bei der Konzeption niemand darüber nachgedacht habe, die Gesamtschule zum Kooperationspartner der PRIMUS-Schule zu machen. Beide seien integrative Systeme und arbeiteten anhand der gleichen Lehrpläne. Auch sei die Nachfrage nach Plätzen im integrierten System hoch. Im letzten Anmeldeverfahren habe er 17 Schüler:innen ablehnen müssen.
Die Sprecherin der LINKEN forderte die Stärkung der PRIMUS-Schule als eine Schulform der Zukunft und verwies auf aktuelle bildungswissenschaftlichen Erkenntnisse, die das längere gemeinsamen Lernen stützten. Schließlich stellte sie den Antrag, die Entscheidung aufgrund der durch die Diskussion deutlich veränderten Ausgangslage zu vertagen und scheiterte an CDU und SPD, denen sie eine rückwärtsgewandte Schulpolitik vorwarf.

Dennoch stimmten CDU und SPD ohne Not gegen die vom Land beschlossene dreijährige Verlängerung der PRIMUS-Modellschule in Viersen. Gegen den Elternwillen. Gegen deutlich steigende Anmeldezahlen.
Georg Balster, Schulleiter der PRIMUS-Schule nimmt es gelassen: „Die Entscheidung ist bedauerlich für die Viersener Bürger:innen. Die Zukunft soll mit einem Rezept der Vergangenheit gestaltet werden. Vielleicht hat man auch Angst das die PRIMUS-Schule zu erfolgreich werden könnte und entscheidet sich für ein seit Jahren wankendes dreigliedriges Schulsystem. Dr. Martin Landmann hat deutlich gemacht, dass Eltern Gesamtschulplätze nachfragen – nicht Hauptschulplätze.“ CDU und SPD haben bis zur Stadtratssitzung Zeit, das mangelhafte Gutachten nochmals kritisch zu lesen und sich für eine vielfältige Schullandschaft zu entscheiden. (opm/PRIMUS-Schule)