Wie in einem Brennglas zeigt der Brief eines Mädchens die Folgen eines reformbedürftigen Familienrechts.
Viersen/Amberg/Weingarten – In ihrem Positionspapier 2023 stellt die Interessengemeinschaft Jungen, Männer und Väter (IG-JMV) den enormen Reformbedarf im Familienrecht dar. Darin präsentiert die IG-JMV neun Lösungsvorschläge für die akuten Probleme, unter anderem obligatorische Mediation statt Gutachterwesen, Abkehr vom Leitbild Residenzmodell und Einführung eines Straftatbestands Umgangsverweigerung.
Als Aufhänger dient der IG-JMV der Brief eines Mädchens an zuständige Politiker, das seine Erfahrungen mit dem Familiengericht in einem Sorgerechtsstreit beschreibt: „Ich möchte nicht, dass es auch nur einem einzigen Kind so geht wie mir und meinem Bruder“. Wie im vorliegenden Brief zu lesen, ignorierte das Gericht drei Briefe der beiden Kinder mit der klaren Aussage, dass sie im Wechselmodell leben wollten. Es sprach ihnen schlicht ab, sich eine eigene Meinung bilden zu können. Das Mädchen weiß es besser: „Ich konnte damals schon denken.“
Schon die 13-Jährige versteht: „Das hier war kein Einzelfall“, und der familienpolitische Sprecher der IG-JMV Johannes Fels ergänzt: „Die Sicht des Mädchens steht im Gegensatz zu vielen Politikerinnen und Politikern, wie es scheint“.
Trotz ihrer Briefe mussten die Kinder mehrfach Befragungen über sich ergehen lassen. Die IG-JMV steht dem Gedanken der Kinderbefragung skeptisch gegenüber. Johannes Fels wird deutlich: „Kinder werden auf diese Weise genötigt, für oder gegen Elternteile zu sprechen, obwohl sie nur in Glück und Frieden bei beiden Eltern leben wollen“. Wie die Geschichte des Mädchens ein weiteres Mal deutlich mache, verursache auch das Scheidungsverfahren, wie es heute praktiziert werde, ungeheure seelische Gewalt.
Als Grundlage für die neun Lösungsvorschläge enthält das Positionspapier der IG-JMV eine Analyse der Strukturen im deutschen Familienrecht. In ebenfalls neun Punkten beschreibt das Papier, wie die Strukturen wahrgenommen werden. Beispiele seien eine fehlende bundeseinheitliche Rechtsprechung, fehlende Gleichbehandlung der Eltern nach einer Trennung und Rechtskonstrukte wie die sogenannte erhöhte Erwerbsobliegenheit oder ein fiktives Einkommen.
Bei dem Mädchen in dem Beispiel wurde nach sechs Jahren der Unsicherheit am Ende das Wechselmodell bestätigt. Mit ihren Lösungsvorschlägen will die IG-JMV erreichen, dass das Wechselmodell der Standard wird, und Kindern lange und umständliche Verfahren erspart bleiben. Ihr Positionspapier und den Brief veröffentlichte die IG-JMV unter https://ig-jmv.de/probleme-forderungen-familienrecht-2023/
Die Interessengemeinschaft Jungen, Männer und Väter (IG-JMV) ist der parteipolitisch neutrale Zusammenschluss folgender Initiativen: MANNdat e. V. (Weingarten), Trennungsväter e. V. (Amberg) und Väterbewegung e. V. (Viersen). Die IG-JMV fordert neue politische Strukturen und einen neu ausgerichteten geschlechterpolitischen Diskurs für Deutschland in einem ganzheitlichen Ansatz. Frauen und Männer sollen in ihren jeweiligen unterschiedlichen, aber auch in ihren gemeinsamen Bedürfnissen wahrgenommen werden können. (opm)