IHK vergleicht den Standort: „Die Region verliert an Boden, es herrscht Handlungsbedarf“

Die Kaufkraft ist überdurchschnittlich hoch, die Bruttowertschöpfung je Einwohner und die Produktivität kommen allerdings nur auf unterdurchschnittliche Steigerungsraten und der Arbeitsmarkt der Region bleibt problematisch.

Region – Das sind die wesentlichen Ergebnisse eines analytischen Vergleichs der aktuellen volkswirtschaftlichen Indikatoren der Region Mittlerer Niederrhein (Krefeld, Mönchengladbach, Rhein-Kreis Neuss und Kreis Viersen) mit den durchschnittlichen Werten des Landes und des Bundes. „Die Ergebnisse stimmen nachdenklich“, sagt Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein. „Wir müssen die Attraktivität unserer Region und den Kreis Viersen für Unternehmen wieder stärken. Da sind alle Akteure gefordert.“

Der IHK-Hauptgeschäftsführer ist angesichts der jüngsten Auswertung der Daten besorgt: Danach kommt der Mittlere Niederrhein auf ein Bruttoinlandsprodukt von 73.328 Euro pro Erwerbstätigen, in NRW und im Bundesgebiet ist der Wert jeweils höher. „Wir entfernen uns bei der Produktivität mit jedem Jahr etwas weiter vom Bundesdurchschnitt – leider im negativen Sinne“, erklärt Steinmetz. „Zu Beginn des vergangenen Jahrzehnts haben wir in der Region noch überdurchschnittliche Werte aufgewiesen.“

Somit gelingt es dann auch bei der Realsteueraufbringungskraft nicht, das Niveau des NRW- oder Bundesschnitts zu erreichen. „Und dabei handelt es sich um eine der bedeutendsten Einnahmequellen für die Kommunen und somit auch um die Voraussetzung für zukunftsträchtige Investitionen“, mahnt Steinmetz.

Gleichzeitig ist die Exportquote der Industrie in der Region mit 51,6 Prozent überdurchschnittlich hoch. In NRW und Deutschland liegt die Exportquote deutlich darunter. „Das ist ein Zeichen dafür, dass am Niederrhein innovative Betriebe ansässig sind, deren Produkte weltweit gefragt sind“, erklärt der IHK-Hauptgeschäftsführer. „Die Daten zur Steuerkraft zeigen jedoch, dass wir die Ertragsbasis durch Unternehmensansiedlungen erhöhen müssen.“ Im Kreis Viersen ist der Exportanteil geringer, dafür hat sich die Produktivität seit 2010 – von einem niedrigen Niveau ausgehend – besser entwickelt als in anderen Teilregionen des Mittleren Niederrheins. „Wir hoffen, dass der Kreis diesen Trend in Zukunft fortsetzen kann“, so Steinmetz.

Zwar haben die Unternehmen am Mittleren Niederrhein in den vergangenen zehn Jahren deutlich Beschäftigung aufgebaut – das Plus von 18 Prozent liegt etwa auf Landes- und Bundesniveau –, dennoch hat der Arbeitsmarkt in der Region strukturelle Probleme. Die Arbeitslosenquote ist mit 7,7 Prozent im letztjährigen Jahresdurchschnitt überdurchschnittlich hoch. Auch bei der Jugend-, Alters- und Langzeitarbeitslosigkeit kommt der Mittlere Niederrhein auf überdurchschnittlich hohe Werte. „Wenn wir langfristig bessere Quoten haben möchten, wird es nicht reichen, den Status-Quo zu halten“, so Steinmetz. Auch für eine Verbesserung der Arbeitsmarktdaten sei es notwendig, innovative Unternehmen in der Region anzusiedeln. Das gelinge nur durch bessere Rahmenbedingungen. Im Kreis Viersen ist die Arbeitslosigkeit erfreulich niedrig und damit etwa im Deutschland-Schnitt. „Auch der Beschäftigungsanstieg liegt im bundesweiten Durchschnitt“, so Steinmetz.

Positive Nachrichten liefert die Analyse aber auch. Die Kaufkraft in der Region ist überdurchschnittlich hoch. Das Niveau liegt 2,5 Prozentpunkte über dem Bundesschnitt und sogar 4,1 Prozentpunkte über dem NRW-Schnitt. „Die Region ist wohlhabend. Das spricht dafür, dass man am Mittleren Niederrhein sehr wohl gute Geschäfte machen kann“, erklärt Steinmetz. Die Einzelhandelszentralität, als Maß für die Kaufkraftbindung in der Region, kommt auf einen Wert von 103,6. „Aufgrund der Nähe zu Düsseldorf ist das eine gute Nachricht“, so Steinmetz. Der Mittlere Niederrhein ist demnach eine Region, die mehr Kaufkraft von außen anzieht, als dass Kaufkraft abfließt. Im Kreis Viersen liegt die Kaufkraft im Bundesdurchschnitt. „Die Zentralitätskennziffer von 90,8 ist aber ein Zeichen dafür, dass mehr Kaufkraft nach außen abfließt, als dass Kaufkraft von Bürgern aus anderen Städten und Kreisen gewonnen werden kann. Das mag zwar auch der Nähe zu den Niederlanden und zu einigen Oberzentren geschuldet sein, ist aber dennoch ein Indiz dafür, dass man das Thema ‚Attraktive Innenstädte‘ im Kreis auf der Agenda haben sollte“, so Steinmetz.

Fazit ist, dass der Mittlere Niederrhein bei vielen Indikatoren im unteren Mittelfeld zu finden ist. „Das ist mir zu wenig“, erklärt Steinmetz. Die Daten spiegeln seiner Meinung nach nicht wider, welches Potenzial im Standort Mittlerer Niederrhein steckt. „Die Standortvorteile dieser Region kennen wir alle: Lage, Anbindung, Infrastruktur. Unsere Datenauswertung zeigt aber, dass es nicht gelingt, daraus in der gesamten Region Kapital zu schlagen.“ Für die IHK gehören zu guten Rahmenbedingungen ein ausreichendes Flächenangebot, wettbewerbsfähige Steuerhebesätze und eine weiterhin sichere Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen. (opm)