Im Evangelischen Gemeindehaus stonn die Jecken bei den Jrön-Wette Jonges zesamme

In dieser kurzen Session kehrt keine Ruhe im Evangelischen Gemeindehaus ein, denn schließlich wird bereits am 11. Februar der närrische Lindwurm in Alt-Viersche am Tulpensonntag durch die Straßen ziehen. Wenig Zeit für das jecke Zusammensein, so nahmen die Karnevalisten am Samstag bei der Galasitzung der Jrön-Wette Jonges die Herausforderung mit Freude an und feierten gemeinsam die schöne 5. Jahreszeit.
Von RS-Redakteurin Nadja Becker und Fotograf Martin Häming

Viersche – Ruhe in der Adventszeit hatte es bei der KG Jrön-Wette Jonges 1953 e.V. nicht gegeben. Die Mitglieder hatten die karnevalistische Pausenzeit genutzt dem Karnevalswagen nicht nur einen neuen Anstrich zu geben, sondern auch direkt ein neues Aussehen. Rundum erneuert durch das engagierte Wagenbauteam wird nun ein großer Menschenaffe, der mit seinen Ausmaßen durchaus an King-Kong erinnert, ein Lächeln auf die Jecken am Straßenrand zaubern, wenn die Jrön-Wette Jonges mit einem kräftigen „Alla die Jröne“ den Höhepunkt des Winterbrauchtums noch vor Mitte Februar feiern.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Bis dahin gehen zum Glück noch einige jecke Wochen ins Land und mitreißende Veranstaltungen stehen auf dem Plan – darunter natürlich die beliebte Galasitzung der Gesellschaft, zu der am Samstagabend in das Evangelische Gemeindehaus eingeladen wurde. Stunden zum Lachen, Schunkeln und vor allen Dingen für den kleinen Schnack zum Jahresanfang. Durch das ausgewählte, närrisch-bunte Programm führte erneut Sitzungspräsidentin und 2. Vorsitzende Marina Willems, die schon als Stewardess auf den Bühnen begeisterte, gemeinsam mit Eric Frank als eingespieltes Duo – um die Technik kümmerte sich Music-and-Effects aus Mönchengladbach, für die Pausen- und spätere „Ausklangmusik“ bis zum Nachhauseweg wusste Roland Zetzen passend in die Tasten zu spielen. 

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Die Reihen vollbesetzt mit Jecken aus den verschiedenen Stadtteilen, wodurch sich ein buntes Bild von der Bühne aus im Saal ergab, war es aber natürlich traditionell die Gesellschaft selbst, welcher der erste Auftritt des Abends gebührte und die mit grün-weißen Pompons den Klatschmarsch des Auszuges begleitete.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Geehrt durch den KLN-Justiziar Hans-Joachim Baumbach mit Verdienstorden einmal in Gold und zwei Mal in Gold mit Brillanten des Bundes Deutscher Karneval e. V. standen dann auch direkt 150 Jahre Mitgliedschaft auf der Bühne, die sich auf Dr. Günter Weinforth, Michael Seeliger (beide Gold mit Brillanten) und Wilfried Schulz (Gold) verteilten. Immerhin ist Dr. Günter Weinforth bereits seit 53 Jahren Mitglied und entschloss sich 1971 der Gesellschaft beizutreten. Zehn Jahre später, 1981, stieß auch Wilfried Schulz hinzu, der bekanntermaßen ab 2008 das grün-weiße Narrenschiff lenkte. Am längsten dabei ist allerdings bei diesem Trio Michael Seeliger mit stolzen 54 Jahren Mitgliedschaft, der sich stets als Mann der Tat unter anderem beim Saalbau eingebracht hat.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Was dann folgte war natürlich das absolute Highlight des Abends, aber was sollte das Prinzenpaar auch sonst sein, denn in diesem Jahr regieren Helmut II. und Anne I. mit viel Witz und Freude ihr närrisches Volk – traditionell gekonnt eingespielt vom Viersener Tambour Corps 1925 e.V. Als Prinzenpaar in der Jubiläumssession des Festausschusses Viersener Karneval haben sie das aktuelle Motto „Viersche fiert wie et is un woar, alle jeck em Jubeljoar“ nicht erst verinnerlichen müssen, sind sie doch längst vom närrischen Virus infiziert. Sie sind eben mit Begeisterung dabei und stecken mit ihrem Frohsinn mit Leichtigkeit jene an, bei denen gerade nach der Lockdownzeit das jecke Feuer noch nicht wieder ganz so hell brennt. „Nur wer selbst brennt, kann Feuer in anderen entfachen“ hat einst Augustinus Aurelius, der Bischof von Hippo, Philosoph, Kirchenvater und Heiliger gesagt – und dieses Zitat gilt bis heute.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming
Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Ihren Lieder (schließich ging es ohne Zugabe nicht) schloss sich traditionell auch die Prinzengarde an und da sowieso gerade nicht sitzen angesagt war, wurde auch fleißig im Takt geklatscht und vor allen Dingen gesungen. Bekannte Texte und animierende Rhythmen, die Viersener Prinzengarde (gemeinsam mit ihrem Tanzmariechen Anna-Lena) weiß wie der Saal auf das folgende Programm vorbereitet wird. „Vorhang auf und Bühne frei für Zauberspiel und Gaukelei. Vorhang auf und Bühne frei! Jetzt gehts los! Wir sind nicht mehr aufzuhalten! Jetzt gehts los! Hier spielt die Musik! Jetzt geht’s los! Wir sind nicht mehr abzuschalten! Jetzt geht’s los! Hier spielt die Musik!“

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Und diese spielt nicht nur für das Schönste, was Viersche zu bieten hat, sondern auch für „Die Erdnuss“, alias Stefan van den Eertwegh. Der Künstler begeistert seit 37 Jahren mit seiner besonderen Art auf der Bühne und ist auf den Bühnen der Region längst zu Hause. Und das, obwohl er doch 1987 nur einen einmaligen Auftritt geplant hatte. Im Leben kommt es aber meistens anders als man denkt und sowieso lässt der Karneval keinen Künstler wieder los, der so gekonnt den Witz lebt und in aktuelle Gegebenheiten einfließen lässt.

Wie gut, dass die Lachmuskeln nach ihm etwas entspannen konnten, denn die Bühne eroberte die Tanzgarde Süchteln, die mit ihrer traditionellen Garde-Choreografie zu modernen Rhythmen die närrischen Herzen im Sturm eroberten.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming
Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Der faszinierende, gleichmäßige Takt der Tanzschritte, wechselte in den fast hypnotischen, gleichmäßigen Takt der Trommeln mit den Drummerholics.

Gegründet 2007 von den Brüdern Maurice und Sebastian Nau, die damit ihre Vision Wirklichkeit werden ließen, kreieren die fünf Trommler eine Drum-Show der ausgefallenen Art auf der Bühne. Kölsche-Medleys waren auch in Viersen ein Muss, als die Leidenschaft für Beats in den Saal schwappte und die Gäste den Drang verspürten sich den Rhythmen einfach hinzugeben.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Fast so wie bei den Palm Beach Girls, denen sich der eine oder andere Herr sicherlich auch gerne hingegeben hätte. Die Tänzerinnen aus Palmersheim mit ihren atemverschlagenden Showtänzen und akrobatischen Leistungen, für die die Bühne fast zu klein war, sind aber auch eine begeisternde Augenweide. In dieser Session begeistern die Damen als „Pippiraten“ – in Strapsen und Mieder. Kein Wunder, dass die Herren der närrischen Zeit während dieses Auftritts ihre Blicke nicht von der Bühne schweifen lassen konnten.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Moderner Showtanz, der der Atmosphäre noch einmal Schwung gab für die Band Hätzblatt aus Erkelenz. Sie war es, die in diesem Jahr den vorletzten Bühnenact bestritt und Reiner Jennißen (Gesang, Trompete, Saxophon), David Venrath (Schlagzeug), Ingo Cremers (Gesang, Gitarre), Uwe van Helden (Bass), Marco Winkler (Gitarre, Flitsch, Bass, Gesang) sowie Christopher Viehausen (Gesang, Keyboard, Quetsch) hatten genau den richtigen Mix aus eigenen Texten und rheinischen Hits mitgebracht. „Willkommen in der Welt der spaßgemachten Musik, Unsere Welt ist grenzenlos offen!“, ist ihr Motto – eine Welt, die zum Singen und Schunkeln einlud.

Foto: Rheinischer Spiegel/Martin Häming

Eine Aufforderung, der man nicht widerstehen konnte und wo der Saal zu fortgeschrittener Zeit sowieso gerade feierte, da reihte sich auch die Band Lupo aus Köln mit ihrem Kölschrock ein. 2011 von ehemaligen Schülern des Liebfrauen-Gymnasiums in Klön gegründet haben sie die Schulbank lange hinter sich gelassen, knackten den ersten Platz bei der Radio Köln Top Jeck- Abstimmung und fuhren mit der befreundeten Band Miljö auf einem Wagen beim Kölner Rosenmontagzug mit.

Ende Oktober veröffentlichte die Band mit dem Wolfskopf als Logo ihren neuen Hit „Kölle = Mih als Zehuss“. Textzeilen, die das Herz erreichten und die Liebe für die eigene Heimat spüren ließen … „Verdammp, du bes för mich vill mih als Zehuss. Dä Jrund, worüm ich Leeder schrieve muss. E kunterbunte Läävensaad, zwei Türmsche un e Floss. Verdammp, du bes för mich vill mih als Zehuss. Du kriss mich he e Lääve lang nit rus. Ich steich met dir op un mit dir af – Du, ming Stadt.“ Darauf konnte man eigentlich nur noch rufen … dreemoal „Alla die Jröne“ geliebte Narrenstadt Viersche.

Der erste Vorsitzende der Gesellschaft, Jens Bender, freute sich über den gelungenen Abend: „Besonders freue ich mich aber, dass es uns gelungen ist das Evangelische Gemeindehaus auch weiterhin als Spielstätte für unsere Karnevalssitzungen nutzen zu können. Auch wenn es ein langer Weg bis hierhin gewesen ist, haben die Gespräche letztlich zu Möglichkeiten der Unterstützung für die vier Karnevalsvereine, die das Gemeindehaus nutzen, geführt. Ohne die enge Zusammenarbeit mit den Vorständen der KG Hamm wer net, der KG Hoseria und der KG Helenabrunn wäre das allerdings nicht möglich gewesen.“ (nb)