Junge Menschen ins „Frühaufsteher-Handwerk“ holen – Nur noch 64 Azubis in Bäckereien und Filialen

Brot, Brötchen, Butterkuchen – die Bäckereien im Kreis Viersen haben viele Rezepte, um gut zu backen. „Aber vielen fehlt der Nachwuchs“, sagt Claudia Hempel von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Sie warnt vor einem „Azubi-Vakuum“.

Kreis Viersen – Verantwortlich dafür seien vor allem die Ausbildungsbedingungen im Bäckerhandwerk. „Die Azubis in Bäckereien rangieren bei der Vergütung im unteren Drittel aller Ausbildungsberufe. Bei der Abbrecherquote dagegen sind sie im Spitzenfeld“, so die Geschäftsführerin der NGG Krefeld-Neuss.

Damit werde es immer schwieriger, junge Menschen für das Backen als „Frühaufsteher-Handwerk“ zu begeistern. Das Bäckerhandwerk müsse dem Nachwuchs mehr bieten. „Und zwar nicht irgendwann, sondern jetzt: Mit 680 Euro im ersten und 885 Euro im dritten Ausbildungsjahr kann man junge Menschen weder in die Backstube noch an die Verkaufstheke locken. Denn mit so wenig Geld kommt keiner mehr klar“, so Hempel.

Die Zahl der Bäckerei-Azubis sei bereits rapide nach unten gegangen: In den 20 Bäckereien und 24 Verkaufsfilialen im Kreis Viersen gab es im Herbst vergangenen Jahres noch 64 Auszubildende. Vor knapp zehn Jahren – im Herbst 2013 – waren es noch 152 Azubis in der Herstellung und im Verkauf von Backwaren. Die NGG Krefeld-Neuss beruft sich dabei auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit.

Die Botschaft an die Bäckereien sei damit klar: „Die Bäckereien müssen ihre Ausbildung attraktiver machen – am Backofen genauso wie am Verkaufstresen. Und das geht vor allem auch übers Geld“, sagt Claudia Hempel. Sie fordert die Anhebung der Ausbildungsvergütung auf 850 Euro im ersten und auf 1.075 Euro pro Monat im dritten Ausbildungsjahr. In einem zweiten Schritt müssten Bäckerei-Azubis dann 950 Euro bekommen, wenn sie ihre Ausbildung anfangen. Im letzten Ausbildungsjahr will die NGG schließlich 1.100 Euro pro Monat für den Bäckerei-Nachwuchs erreichen. Zusätzlich fordert die NGG ein „Ausbildungs-Ticket“ von 49 Euro, um die Azubis mobil zu machen.

„Das sind zentrale Forderungen, die schon auf dem Tisch liegen. Sie sollten eigentlich bundesweit für das gesamte Bäckereihandwerk gelten. Dann haben die Arbeitgeber aber einen Rückzieher gemacht“, so Claudia Hempel. Die Verhandlungen zwischen der NGG und dem Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks über einen neuen bundesweiten Tarifvertrag für Auszubildende seien damit vorerst gescheitert. Es komme jetzt darauf an, dass das Bäckerhandwerk im Kreis Viersen Druck auf den eigenen Innungsverband mache.

„Andernfalls würde ich für 2030 keine Wette mehr auf das Sortiment und die Fülle an frischen Sonntagsbrötchen, die die Bäckereien heute noch bieten, mehr abschließen“, sagt NGG-Geschäftsführerin Claudia Hempel. (opm)

Ein Kommentar

  1. Der Beruf Bäcker und Metzger und Einzelhandelskaufmann ist doch heute nicht mehr in? Die großen Handelsketten machen aus diese Leute nur noch Auffüllkräfte.
    Als Einzelhandelsbäcker hat man wie auch der Metzger keine Chancen mehr. Aufstiegsmöglichkeiten auch nicht mehr. Früher in jedem Lebensmittemarkt, Frage man nach Produkt, wo es her kommt, was man alles mit dem machen kann, wofür auf Gesundheitlicher Basis es gebrauchen kann, ist heute nicht mehr gegeben. Bin leider sehr neugierig, egal auf welchen Sektor, bin in vielen Geschäften stets und da ich ein Universalmensch bin, durch Studium ein hohes Grad an Wissen Besitze, fordere ich in vielen Geschäften jedes mal bis zur Geschäftsleitung heraus, was normalerweise zum normal wissen gehört in den jeweiligen Beruf, und bekomme höchst selten eine zufriedenstellende Antwort durch Unwissen.
    Fast 90% in den Supermärkte sind nicht gelernte, und nur Auffüllkräfte. In den Backstuben kein Bäckermeister. Wenn ich oft in verschiedenen Bäckereien was Filialisten bin und Frage als Beispiel: Ich hätte gern ein Brot aber bitte kein Sauerteig? Ich könnte ein Roman schreiben. Beim Fleisch das gleiche.
    Das hat es vor 20 Jahren nicht gegeben. Das Breitet sich ja noch weiter aus, die Werkstätten sterben auch aus und bekommen kaum noch Nachwuchs. Alles soll nicht viel mehr kosten und wurde an dem Personal eingespart. Durch neue Vorschriften wurde viele Berufe nicht mehr Aktuell genug um diesen Beruf zu wählen und noch dazu unsere Schulreform sagt jeder das Abitur und Studium, und nun kommt der Rattenschwanz hinterher, alle wollen Studieren und dann haben wir keine Gesellen mehr, nur noch Ingenieure und alles andere schaut in die Röhre. Da nicht soviel Plätze da sind ist ganz Klar, werden einige als Auffüllkraft Arbeiten und in den Backshops als Verkäufer und zum Aufbacken eingestellt.
    In vielen Branchen ist das überall das gleiche, Gesellen die früher ein Spezifische Ausbildung hatten, sind den heutigen Kapitalgesellschaften meist zu teuer. Das hat die Politik entschieden und gefördert.
    Habe früher in verschiedenen Prüfungsausschüsse gesessen, daher Fachwissen.

Kommentare sind geschlossen.